Feuer, Tod und Unheil

15.08.2011
Constantin Göttfert erzählt in seinem klug konstruierten Debütroman von schwarzen Katzen, finnischen Nächten und rätselhaften Familiengeschichten.
Katzen sind dem Menschen nahe – und gleichzeitig ferner als jedes andere häusliche Tier. Sie bestimmen das Verhältnis zum Menschen und nicht etwa umgekehrt. Ein selbstständigeres Haustier als die Katze dürfte es kaum geben.

Und auch die Besitzer von Hunden und Katzen unterscheiden sich fundamental. Die einen schätzen die bedingungslose Treue ihres Tieres, die anderen buhlen um die Aufmerksamkeit eines kaum zu fassenden Wesens und merken: Eine Katze scheint ein Geheimnis zu haben, das sie nie erfahren werden.

So auch die Protagonisten im ersten Roman des Österreichers Constantin Göttfert, Absolvent des Leipziger Literaturinstituts. Sie werden mit lebenden und sterbenden Katzen konfrontiert, mit solchen, die für den Tod stehen – und anderen, die das Leben symbolisieren.

Im Mittelpunkt des Buches steht ein junger österreichischer Autor, der wie sein reales Vorbild Constantin Göttfert mit einem Stipendium in einer finnischen Kleinstadt lebt. Das Land, das Klima, die Menschen – alles in seiner neuen Heimat stößt ihn ab.

Er schreibt keine einzige Zeile. Der Autor reist im Winter an, sieht kaum die Sonne, und den einzigen Menschen, den er kennenlernt, ist eine Literaturprofessorin. Sie hat eine Mission – sie will den Autor mit einer Geschichte bekannt machen, in der es um gescheiterte Ehen, menschenleere Landschaften, klirrende Kälte, alkoholsüchtige Männer und eben um Katzen geht.

Besonders um eine: die große, schwarze Katze der finnischen Mythologie. Ein Wesen, das viel Unheil anrichtet und menschliche Lebensläufe völlig durcheinander bringt. Ihre Kräfte, symbolisiert in Erzählungen aus dem finnischen Nationalepos Kalevala, sollen verheerende Wirkung haben. Die große, schwarze Katze verbündete sich einst mit einer mythischen Hexe, die Finnland mit Feuer und Tod überzog.

Als die Literaturprofessorin den Erzähler auch noch mit dem Manuskript eines finnischen Autors namens Satu Keinänen konfrontiert, merkt er, wie stark die erzählten Geschichten auf das reale Geschehen zurückwirken – und wie er mit Hilfe der Erzählungen und Mythen erst vieles begreift, was ihm vorher verborgen blieb.

Constantin Göttfert hat einen klug konstruierten Roman vorgelegt. Er verbindet souverän die verschiedenen Ebenen von Ort und Zeit. Und er folgt dabei einer klaren Form. Hinter ihr aber verbergen sich viele Rätsel. Es ist eine meist undurchdringliche Welt aus Mythen, die sich dem Rationalen völlig entzieht und die etwas zutiefst Unmodernes, aber nicht aus der Welt zu schaffendes mit sich trägt: den Glauben an das Schicksal.

Besprochen von Vladimir Balzer

Constantin Göttfert: Satus Katze. Roman
Verlag C.H. Beck, München 2011
139 Seiten, 17,95 Euro