Fetter Geschmack – magere Einsicht
Im Biologieunterricht wird der mitteleuropäische Mensch darüber wissenschaftlich aufgeklärt, was er sinnlich bereits erlebt hat, zum Beispiel das Schmecken. Nun muss die Lehrmeinung womöglich überarbeitet werden, denn den klassischen Grundrichtungen des Geschmacks wie süß, sauer, salzig und bitter ist ein neuer Aspekt hinzugefügt worden: das Fettige.
Der Geschmackseindruck eines Lebensmittels entsteht aus dem Zusammenspiel seiner süßen, sauren, salzigen und bitteren Komponenten. Jedenfalls lernt man das so im Biologieunterricht. Warum aber empfinden wir fettige Speisen als attraktiv, obwohl das Fett selbst doch als geschmacksneutral gilt? Gibt es neben den bekannten Geschmacksrezeptoren auch solche für „fettig“?
Aus früheren Versuchen ist bekannt, dass Ratten auf süßen Geschmack mit einer vermehrten Enzym- und Insulinausschüttung sowie erhöhter Thermogenese reagieren. Die Reaktion erfolgt binnen Minuten, also noch bevor die Substanz verdaut wird. Um herauszufinden, ob sich ein solcher „Pawlowscher Reflex“ auch durch Fett auslösen lässt, träufelten japanische Wissenschaftler ihren Versuchstieren etwas Fett ins Maul. Damit ein möglicher Effekt nur von den Rezeptoren im Mund vermittelt werden konnte, wurde den Nagern vorher die Speiseröhre durchtrennt. Das Ergebnis war eindeutig: Die Ratten reagierten genauso schnell und heftig auf die Applikation langkettiger Fettsäuren (Öl-, Linol- und Linolensäure) wie auf eine Zuckerlösung. Kurz- und mittelkettige Fettsäuren hingegen hatten keine oder nur eine geringe Pankreassekretion zur Folge.
Die Autoren folgern, dass im Mundraum spezifische Rezeptoren für diese Fettsäuren vorhanden sein müssen. Welcher Gestalt diese Rezeptoren sind, ist unbekannt. Auch lässt sich derzeit noch nicht beantworten, warum nur langkettige Fettsäuren erkannt werden. Vielleicht, weil sie für den Körper wichtiger sind? Oder weil sie sich „technisch“ einfacher erfassen lassen und stellvertretend die Zufuhr von Fett signalisieren? Jedenfalls gibt es auch an inneren Geweben Rezeptoren für langkettige Fettsäuren, beispielsweise im Dünndarm oder am Herzmuskel.
Anmerkung: Der Hunger nach Fett scheint körperlich genauso ausgeprägt zu sein wie der nach Süßem. Bisher ging man davon aus, dass die cremige Konsistenz fettiger Speisen über einen physikalischen Eindruck für ein angenehmes Empfinden sorgt. Die unterschiedliche Reaktion auf die einzelnen Fettsäuren widerlegt aber diese Vorstellung. Demnach bleibt der Geschmackseindruck von Fettersatzstoffen unvollständig bzw. unbefriedigend. Und: Wenn Fett tatsächlich zu einer schnellen Insulinausschüttung führt, dann widerspricht das erstens der Theorie vom glykämischen Index und hätte zweitens den gleichen Einfluss auf den Serotoninspiegel wie Süßes.
Quelle: Hiraoka T et al: Effects of oral stimulation with fats on the cephalic phase of pancreatic enzyme secretion in esophagostomized rats. Physiology & Behavior 2003/79/S.713-717
Entnommen aus: EU.L.E.n-Spiegel 2005/H.5-6/S.41
EU.L.E.n-Spiegel
Aus früheren Versuchen ist bekannt, dass Ratten auf süßen Geschmack mit einer vermehrten Enzym- und Insulinausschüttung sowie erhöhter Thermogenese reagieren. Die Reaktion erfolgt binnen Minuten, also noch bevor die Substanz verdaut wird. Um herauszufinden, ob sich ein solcher „Pawlowscher Reflex“ auch durch Fett auslösen lässt, träufelten japanische Wissenschaftler ihren Versuchstieren etwas Fett ins Maul. Damit ein möglicher Effekt nur von den Rezeptoren im Mund vermittelt werden konnte, wurde den Nagern vorher die Speiseröhre durchtrennt. Das Ergebnis war eindeutig: Die Ratten reagierten genauso schnell und heftig auf die Applikation langkettiger Fettsäuren (Öl-, Linol- und Linolensäure) wie auf eine Zuckerlösung. Kurz- und mittelkettige Fettsäuren hingegen hatten keine oder nur eine geringe Pankreassekretion zur Folge.
Die Autoren folgern, dass im Mundraum spezifische Rezeptoren für diese Fettsäuren vorhanden sein müssen. Welcher Gestalt diese Rezeptoren sind, ist unbekannt. Auch lässt sich derzeit noch nicht beantworten, warum nur langkettige Fettsäuren erkannt werden. Vielleicht, weil sie für den Körper wichtiger sind? Oder weil sie sich „technisch“ einfacher erfassen lassen und stellvertretend die Zufuhr von Fett signalisieren? Jedenfalls gibt es auch an inneren Geweben Rezeptoren für langkettige Fettsäuren, beispielsweise im Dünndarm oder am Herzmuskel.
Anmerkung: Der Hunger nach Fett scheint körperlich genauso ausgeprägt zu sein wie der nach Süßem. Bisher ging man davon aus, dass die cremige Konsistenz fettiger Speisen über einen physikalischen Eindruck für ein angenehmes Empfinden sorgt. Die unterschiedliche Reaktion auf die einzelnen Fettsäuren widerlegt aber diese Vorstellung. Demnach bleibt der Geschmackseindruck von Fettersatzstoffen unvollständig bzw. unbefriedigend. Und: Wenn Fett tatsächlich zu einer schnellen Insulinausschüttung führt, dann widerspricht das erstens der Theorie vom glykämischen Index und hätte zweitens den gleichen Einfluss auf den Serotoninspiegel wie Süßes.
Quelle: Hiraoka T et al: Effects of oral stimulation with fats on the cephalic phase of pancreatic enzyme secretion in esophagostomized rats. Physiology & Behavior 2003/79/S.713-717
Entnommen aus: EU.L.E.n-Spiegel 2005/H.5-6/S.41
EU.L.E.n-Spiegel