Festspiele Mecklenburg-Vorpommern

Eschenbachs Leidenschaft für Joseph Haydn

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Das Zürcher Kammerorchester mit seinem Musical Director Daniel Hope(Mitte) © Harald Hoffmann/Festspiele Mecklenburg-Vorpommern
Moderation: Volker Michael · 28.07.2021
Das Zürcher Kammerorchester und sein Direktor Daniel Hope spielten bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern in der Konzertkirche Neubrandenburg. Christoph Eschenbach dirigierte Haydns Sinfonie "La Passione", Hope war Solist in Mozarts G-Dur-Konzert.
Der Dirigent Christoph Eschenbach schwärmt gern von den Menschen, mit denen er Musik macht. In diesem Fall bereitet ihm die Arbeit mit dem Zürcher Kammerorchester "wahnsinnigen Spaß". Das renommierte Ensemble aus der Schweiz war gerade zu Gast bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern. Wir haben das Konzert am 25. Juli in der Konzertkirche Neubrandenburg aufgenommen.
Der Dirigent Christoph Eschenbach
Der Dirigent Christoph Eschenbach© Manu Theobald/Festspiele Mecklenburg-Vorpommern
Am Schluss des Konzerts steht die Sinfonie Nr. 49 von Joseph Haydn, eine überaus leidenschaftliche und energiegeladene Sinfonie des Klassikers. Deshalb trägt sie auch den Beinamen "La Passione".
Weniger leidenschaftlich, dafür lyrisch und hintergründig geht es in Wolfgang Amadeus Mozarts Violinkonzert G-Dur KV 216 zu. Der Solist darin wird Daniel Hope sein, der musikalische Direktor des Zürcher Kammerorchesters.
Der erste Teil im Konzert ist ein weiteres Solokonzert, in diesem Fall eines für Trio und Begleitensemble. Das 5. Brandenburgische Konzert D-Dur WV 1050 von Johann Sebastian Bach hat die beiden Konzerte am Mittag des Festspielsonntags in Neubrandenburg eröffnet.
Da nur die Hälfte des Saals mit Publikum belegt werden durfte, gibt es derzeit bei den Musikfestspielen wie bei vielen anderen Festivals die Veranstaltungen im Doppelpack. Die Musikerinnen und Musiker sind also gut eingespielt – und unsere Tonmeisterinnen und Tonmeister haben viel Material, um eventuelle Pannen auszubessern.

Concerti Grossi für Brandenburg

Das fünfte Brandenburgische Konzert ist ein Gruppenkonzert für Violine, Flöte, Cembalo und Orchester, wobei das Cembalo wohl das wichtigste Instrument ist. Vor genau 300 Jahren widmete Bach seinen Korpus von sechs "Brandenburgischen Konzerten" dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt.
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Die Konzertkirche Neubrandenburg bei einem Konzert der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern© Geert Maciejewski/Festspiele Mecklenburg-Vorpommern
Diese Konzerte sind mehr oder minder Concerti Grossi – und die italienischen Vorbilder für diese Form hat Bach ja umfassend studiert, ohne je in Italien gewesen zu sein. Es sind extrem prägnante Themen, die Bach hier erfindet und variiert. Und es sind nicht weniger beeindruckend vielfältige Farben und Formen des Zusammenspiels, die er schreibt.

Ein Konzert "wie Öl"

Aus dem Frondienst am Salzburger erzbischöflichen Hof suchte der junge Wolfgang Amadeus Mozart immer mal auszubrechen, indem er Konzertreisen unternahm. Eine führte ihn 1777 nach Paris, und auf der Zwischenstation Augsburg schien er ein Violinkonzert für den Eigengebrauch aufgeführt zu haben. Das erwähnt er zumindest in einem Brief an Vater Leopold.
Dort schreibt er über eine Sinfonie und ein Konzert vom tschechischen Kollegen Vanhal, um schließlich über ein eigenes Werk zu berichten: "…Auf die Nacht beim Souper spielte ich das Straßburger Konzert. Es ging wie Öl. Alles lobte den schönen, reinen Ton."

Gassenhauer als Bremse

Lange Zeit rätselte man, welches der fünf Violinkonzerte mit diesem rätselhaften Titel gemeint sein könnte, bis sich die Forscher die Popularmusik aus Mitteleuropa zu Mozarts Zeit ansahen. Nun hatte der Titel "Straßburger" nicht etwa mit dem Entstehungsort des Werkes zu tun, sondern mit einem Volksliedzitat am Ende des Konzertes: Mit einer gemütvollen Liedweise, die auftaucht, als das Konzert anzuhalten scheint, bevor das Rondo-Hauptthema in den gewohnten Fluss zurückführt und das Werk abschließt.
Der junge Komponist hatte einfach in sein Stück – etwas unorthodox allerdings – ein Zitat einer bekannten Melodie eingefügt und das ganze Stück danach benannt. So entstehen Werktitel!

Sinfonie mit Fragezeichen

Ein Werk, das die Nachwelt, wie häufig bei Joseph Haydns Sinfonien, mit einem beschreibenden Titel versehen hat, steht am Schluss des Konzerts: Der Dirigent Christoph Eschenbach findet Haydns Sinfonie Nr. 49 nicht unbedingt untypisch, auch wenn sie ohne die Haydn-typische Ironie auskommt.
Nicht nur die Dramatik und dunkle Färbung dieser überrascht beim ersten Hören – auch die Gestaltung der Satzfolge gleicht einem dicken Fragezeichen. Der erste Satz ist ein trauerndes Adagio, das weniger theatralisch und eher religiös-andächtig wirkt. Der zweite Satz holt dann an Dynamik und Bestimmtheit nach, was man eigentlich im Kopfsatz erwartet hätte.
Festspiele Mecklenburg-Vorpommern
Konzertkirche Neubrandenburg
Aufzeichnung vom 25. Juli 2021

Johann Sebastian Bach
Brandenburgisches Konzert Nr. 5 D-Dur BWV 1050

Wolfgang Amadeus Mozart
Konzert Nr. 3 G-Dur für Violine und Orchester KV 216

Joseph Haydn
Sinfonie f-Moll Hob. I:49 "La passione"

Stathis Karapanos, Flöte
Daniel Hope, Violine
Naoki Kitaya, Cembalo
Zürcher Kammerorchester
Leitung: Christoph Eschenbach

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