Umfrage zum Telefonverhalten

Das Festnetz feiert ein Comeback

07:27 Minuten
Ein schwarzes, altmodisches Telefon mit Wählscheibe auf einer Kommode mit Spitzendeckchen.
Der Retrotrend könnte auch die Liebe zu altmodischen Telefonen mit Wählscheibe wieder erwecken. © picture alliance / Pixsell / Sanjin Strukic
Julia Reuschenbach und Ramona Westhoff im Gespräch mit Jana Münkel  · 05.07.2022
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Immer mehr Menschen greifen beim Telefonieren wieder auf das Festnetz zurück, zeigt eine Umfrage. Oft funktioniere das Mobilfunknetz nicht gut genug, auch Jüngere griffen häufiger zur Alternative. Aber vielleicht ist es auch ein Retrotrend?
Das Festnetztelefon wird in Deutschland wieder beliebter: Wie eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Vergleichsportals "Verivox" ergab, nutzen mittlerweile wieder 81 Prozent der Befragten einen stationären Anschluss. Damit ist der Anteil der Deutschen, die mit einem Festnetzanschluss telefonieren, im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. 2021 hatte der Anteil in der gleichen Umfrage bei 73 Prozent gelegen.
Als Grund geben viele an, dass ihr Mobilfunknetz in der Wohnung nicht so gut funktioniere. Diese Ergebnisse gelten nicht nur für ältere Menschen, auch 44 Prozent der 18- bis 29-Jährigen telefonieren nach eigenen Angaben mehrmals die Woche über das Festnetz. Dreiviertel der rund tausend Befragten wissen ihre Festnetznummer sogar auswendig.

Festnetz hilft bei Umfragen

Die Politologin Julia Reuschenbach hat zwar kein Festnetztelefon mehr zu Hause, weist aber auf dessen Bedeutung für das Erstellen von Umfragen hin. Auch an ihrem Institut an der Freien Universität in Berlin spiele das eine Rolle. Inzwischen gebe es mehr Online-Befragungen, aber die Übergangszeit sei eine besondere Herausforderung gewesen.

Auch Torsten Gerpott ist über die hohe Nutzungszahl eines Festnetzanschlusses überrascht. Ein Grund könnte auch sein, dass die Menschen immer noch eine weitere Alternative zum Mobilfunktelefon haben möchten, sagt der Telekommunikationswirtschaftler an der Universität Duisburg-Essen.

Über das Festnetz sei man sicher gewesen, die Menschen zu Hause zu erreichen. "Mobilfunkdaten bekommen sie nicht ohne weiteres", so Reuschenbach. Auch das Telefonbuch habe früher eine Funktion gehabt, die man heute nicht mehr so kenne mit all den Handynummern.

Schlechte Mobilfunkverbindung

Allerdings sei es bezeichnend, wenn das schlechte Mobilnetz in Deutschland dazu führe, dass wieder mehr mit dem Festnetz telefoniert werde, sagt Reuschenbach. Unsere Redakteurin Ramona Westhoff verweist auf die Funklochkarte der Bundesnetzagentur, die diese Probleme verdeutliche. "Da ist noch Luft nach oben."
Westhoff sieht die Ergebnisse der Studie auch durch andere Informationen gestützt. Zahlen der Bundesnetzagentur hätten schon im Jahresbericht 2020 gezeigt, dass das Festnetz mehr genutzt wurde als zuvor. 2021 habe sich dieser Trend fortgesetzt:
"Das leuchtet natürlich ein, die Leute waren 2020/21 mehr zu Hause, konnten sich nicht so einfach besuchen, da gab es mehr Telefonate." Allerdings sei in der Coronazeit auch die Zahl der Handytelefonate gestiegen, die immer noch deutlich über der Nutzung des Festnetzes lagen.
Einen gewissen Retrotrend würde Reuschenbach bei dieser Entwicklung wieder hin zum Festnetz nicht ausschließen. Die Digitalisierung, Globalisierung und Schnelllebigkeit diese Zeit führe dazu, dass man mehr Achtsamkeit brauche in der Nutzung solcher Medien.

(gem)

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