Festival "Tanz im August" in Berlin
Seit dem vergangenen Wochenende läuft die 19. Ausgabe des Internationalen Tanzfestes "Tanz im August" in Berlin. Noch bis zum 1. September bieten die 20 insgesamt eingeladenen Produktionen einen Einblick in das zeitgenössische Tanzschaffen. Noch immer, folgt man dieser Auswahl, konzentrieren sich viele – vor allem der jüngeren Choreographen – auf außertänzerische Aspekte ihrer Kunst.
Die neueste Entdeckung im Genre der an der bildenden Kunst der 60er Jahre orientierten Performance mit wenig bis gar keinem Tanz heißt Sasa Antic. Der 1977 in Bosnien-Herzegowina geborene Künstler zeigt mit "My Private Biopolitics" ein einstündiges Stück über die Frage, wie jemand, der in Novi Sad lebt, Anschluss an die westlich dominierte, diskurslastige Tanzszene finden kann. Ausführlich zitiert er den Meister selbstironischer Maskierungen, Jérôme Bel. Weiter erzählt Antic, wie es ihm gelang, in jene inneren Zirkel der Tanzmacht einzudringen und lobt jene westlichen Produzenten, die inzwischen für seine künstlerische Vermarktung sorgen – in der Hauptsache Claire Verlet vom Centre national de la danse, deren Hilfe real besteht, im Unterschied zu der sich am Ende als fiktional herausstellenden Beteiligung des Choreographen Xavier LeRoy.
Ein Stück also darüber, wie man Stücke macht, obwohl doch Stücke über das Stückemachen bereits lange existieren. Die belgische Minimalistin Anne Teresa de Keersmaeker entwickelte für Berlin ihr "Keeping Still Part 1" zu einem beeindruckenden Lehrstück in Raumwahrnehmung und atmosphärischer Manipulation. Der Saal im Radialsystem wurde zu Beginn von ihr minutenlang in tiefste Finsternis gehüllt. Das unerwartet ins Dunkle versenkte Publikum begann nun einzig, auf das Geräusch der hallenden Schritte Keersmaekers und ihres Partners Robert Stejn zu achten. Als ein einziger Scheinwerfer schließlich überraschend Licht spendete (Ann Veronica Janssens) spielte das Paar mit Licht und Schatten in einer von Nebel und Tonstaub in ominöses Halbdunkel getauchten Atmosphäre. Nach einer so kurzen wie leidenschaftlichen direkten körperlichen Auseinandersetzung blieb die Tänzerin alleine, bis sie zum Schluss in einer neu aufwallenden, die ganze Halle ausfüllenden Nebelwolke verschwand. Ihrem so rätselhaften wie faszinierenden Auftritt waren Aufführungen von Keersmaekers leider etwas medley-haften "Steve Reich Evening" vorangegangen (über dessen Deutschlandpremiere in "Fazit" berichtet wurde) und eine wenig einfallsreiche Tschaikowsky-Auseinandersetzung eines kanadischen Enfant der terrible der Tanzwelt: In "Amjad" scheiterte Eduard Lock, mochten seine neun Tänzerinnen und Tänzer noch so virtuos auf Spitze und halber Sohle über die dunkle Bühne wirbeln, an inhaltlicher Schwäche und Materialarmut. Das rein Spektakuläre hatte sich früher als sonst in seinen Stücken lange vor Ablauf der 100 Minuten erschöpft. Etwas Neues über die romantische Periode des Balletts dürfte niemand dabei gelernt haben.
So bleibt nur, in einem auf wortlastige, reflexionswütige Kleinformate abonnierten und mit großen Namen schwach besetzten Festival Hoffnungen auf spätere Vorstellungen zu setzen: Jean-Claude Gallottas "Des Gens qui dansent" und die Auseinandersetzung der postmodernen Ikone Yvonne Rainer mit Strawinskys "Rite of Spring" stellen sicherlich kommende Höhepunkte dar. Schließlich wird mit "Dogs" von Sarah Michelson wenigstens etwas Neues aus der so weit entfernten, beneidenswert hyperlebendigen Szene New Yorks zu erleben sein.
Ein Stück also darüber, wie man Stücke macht, obwohl doch Stücke über das Stückemachen bereits lange existieren. Die belgische Minimalistin Anne Teresa de Keersmaeker entwickelte für Berlin ihr "Keeping Still Part 1" zu einem beeindruckenden Lehrstück in Raumwahrnehmung und atmosphärischer Manipulation. Der Saal im Radialsystem wurde zu Beginn von ihr minutenlang in tiefste Finsternis gehüllt. Das unerwartet ins Dunkle versenkte Publikum begann nun einzig, auf das Geräusch der hallenden Schritte Keersmaekers und ihres Partners Robert Stejn zu achten. Als ein einziger Scheinwerfer schließlich überraschend Licht spendete (Ann Veronica Janssens) spielte das Paar mit Licht und Schatten in einer von Nebel und Tonstaub in ominöses Halbdunkel getauchten Atmosphäre. Nach einer so kurzen wie leidenschaftlichen direkten körperlichen Auseinandersetzung blieb die Tänzerin alleine, bis sie zum Schluss in einer neu aufwallenden, die ganze Halle ausfüllenden Nebelwolke verschwand. Ihrem so rätselhaften wie faszinierenden Auftritt waren Aufführungen von Keersmaekers leider etwas medley-haften "Steve Reich Evening" vorangegangen (über dessen Deutschlandpremiere in "Fazit" berichtet wurde) und eine wenig einfallsreiche Tschaikowsky-Auseinandersetzung eines kanadischen Enfant der terrible der Tanzwelt: In "Amjad" scheiterte Eduard Lock, mochten seine neun Tänzerinnen und Tänzer noch so virtuos auf Spitze und halber Sohle über die dunkle Bühne wirbeln, an inhaltlicher Schwäche und Materialarmut. Das rein Spektakuläre hatte sich früher als sonst in seinen Stücken lange vor Ablauf der 100 Minuten erschöpft. Etwas Neues über die romantische Periode des Balletts dürfte niemand dabei gelernt haben.
So bleibt nur, in einem auf wortlastige, reflexionswütige Kleinformate abonnierten und mit großen Namen schwach besetzten Festival Hoffnungen auf spätere Vorstellungen zu setzen: Jean-Claude Gallottas "Des Gens qui dansent" und die Auseinandersetzung der postmodernen Ikone Yvonne Rainer mit Strawinskys "Rite of Spring" stellen sicherlich kommende Höhepunkte dar. Schließlich wird mit "Dogs" von Sarah Michelson wenigstens etwas Neues aus der so weit entfernten, beneidenswert hyperlebendigen Szene New Yorks zu erleben sein.