Festival

Frieden und Krieg in Europa

Jan Linders, Schauspieldirektor des Badischen Staatstheaters Karlsruhe
Jan Linders, Schauspieldirektor des Badischen Staatstheaters Karlsruhe © picture alliance / dpa / Uli Deck
Der Schauspieldirektor Staatstheater Karlsruhe, Jan Linders, im Gespräch · 07.05.2014
Über hundert Veranstaltungen widmen sich bis zum 25. Mai dem Beginn des Ersten Weltkrieges. Untersucht wird dieser Krieg als Ausgangspunkt für – auch künstlerische – Entwicklungen, die bis in die Gegenwart reichen.
Auf den 22. Europäischen Kulturtagen in Karlsruhe lässt sich erleben, wie Soldaten und Angehörige den Ersten Weltkrieg erlebt und wie Schriftsteller und Komponisten versucht haben, das Grauen des Krieges zu reflektieren und auszudrücken.
Jan Linders, Dramaturg und Leiter des Schauspiels am badischen Staatstheater in Karlsruhe betonte im Deutschlandradio Kultur, er freue sich im Rahmen des Festakts zur Eröffnung vor allem auch auf die Rede des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle, "der über ein Jahrhundert der Kriege und des Friedens und der sichernden Kraft des Rechts" reden werde. Dort würden auch schon Ausschnitte aus "100 Dokumente" gezeigt, einem 24-Stunden-Volkstheater-Projekt, an dem Karlsruher Bürger beteiligt sind, das Geschichten anhand von persönlichen Dokumenten wie Geburtsurkunden, Spendenquittungen oder Postkarten erzählt.
Vom Giftgas zur Drohne
Theatrales gibt es mit der Oper "Doctor Atomic", einer Faust-Oper für das Atomzeitalter von John Adams. "Der Begriff Atombombe wurde erfunden 1914, kurz vor Ausbruch des ersten Weltkriegs, von H. G. Wells, dem berühmten Science-Fiction-Autor, dem Briten", führte Jan Linders aus. "Der hat ein Buch geschrieben, 'Befreite Welt', und da visioniert er schon die Atombombe voraus. Das heißt, wir schlagen mit dieser Aufführung der Oper 'Doctor Atomic' einen Bogen vom Ersten über den Zweiten, den Kalten Krieg in die heutige Zeit. Eigentlich: Vom Giftgas zur Drohne", wie auch ein Symposium auf den Kulturtagen heißt, veranstaltet von der Universität Karlsruhe.
Eine Besonderheit des Festivals: Französische Künstler und Kulturinstitutionen machen mit. Eingeladen ist unter anderen der schweiz-französischer Autor Mathieu Bertholet, der in seinem Stück "Farben" über die Erfindung des Giftgases von den jüdischen Chemikern Fritz und Clara Habe erzählt. Jan Linders erklärt, die Produktionsbedingungen in Deutschland und Frankreich seien zwar komplett anders, deshalb sei die Zusammenarbeit nicht immer einfach, aber "das Glück eigentlich, und das treibt mir fast die Tränen der Rührung ins Auge, wenn ich so den Rhein überquere, ist, dass man heutzutage von Erbfeindschaft überhaupt nicht mehr redet und von Konkurrenz." Wenn man im TGV-Zug säße, der Karlsruhe und Paris verbinde, "dann fährt man eigentlich an Verdun vorbei. Und da habe ich einige Texte für unser Programmheft geschrieben, inspiriert von der Tatsache: vor hundert Jahren lagen dort Soldaten in den Gräben, meines Alters, oder auch viel jünger noch, und heute fährt man in drei Stunden zwischen zwei Ländern hin und her. Das ist wirklich berührend und toll, ein Glück, in diesem Jahrhundert leben zu können."