Festival Chopin und Sein Europa

Moniuszkos Gespensterschloss

Der Sänger Tomasz Konieczny beim Festival Chopin und sein Europa 2019 in Warschau
Tomasz Konieczny gab in Warschau den Hausherrn des Gespensterschlosses, den Miecznik © Wojciech Grzedzinski/NIFC
Moderation: Volker Michael · 28.09.2019
Stanisław Moniuszko ist der Schöpfer der polnischen Nationaloper. Vor 200 Jahren wurde er geboren. Polen feiert ihn jetzt. Beim Festival Chopin und Sein Europa gab es "Das Gespensterschloss" mit großen Vokalisten und auf historischen Instrumenten.
Stanisław Moniuszko erlebt eine Renaissance in unserem Nachbarland. Polen feiert ihn in diesem Jahr mit vielen Aufführungen seiner Werke, der bekannten wie der weniger bekannten. Die Oper "Das Gespensterschloss" (Straszny dwór) ist seine erfolgreichste Oper nach der so berühmten "Halka". Leider kennt man außerhalb Polens außer der "Halka" nichts von Moniuszkos Schaffen.

Ein Tröster der Nation

Sein Ruf, ein Nationalkomponist zu sein, ein Tröster der Nation, wie ihn der deutsche Autor Rüdiger Ritter genannt hat, dieses Image steht einer breiteren Rezeption außerhalb seines Heimatlandes entgegen. Dabei ist seine Musik universell verständlich, die Stoffe der meisten seiner Werke unterscheiden sich kaum von denen seiner Zeitgenossen, und seine Herkunft und Ausbildung prädestinieren ihn eigentlich dazu, als europäischer Komponist wahrgenommen zu werden. Bjelorussische, litauische und polnische Einflüsse hielten sich in seiner Familie und seiner Umgebung die Waage. Selbst aus Armenien stammten wohl einige von Moniuszkos Vorfahren.

Paneuropäisch im Denken und Fühlen

Studiert hat Stanisław Moniuszko zudem auch in Berlin in den Kreisen der legendären Singakademie beim Zelter-Nachfolger Rungenhagen. Nach Paris hat er mehrfach, allerdings erfolglos, seine Fühler ausgestreckt. Nicht zuletzt seine Oper "Paria", die wir bereits im vergangenen Mai gesendet haben, beweist, dass Moniuszko das gesamteuropäische Publikum im Auge hatte mit seiner Musik und seinen Stoffen.
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
© Wojciech Grzedzinski/NIFC
Das berühmte Epos "Pan Tadeusz" von Adam Mickiewicz bildete die Vorlage für die Oper "Straszny dwór", die 1865 in Warschau zur Uraufführung kam und bald darauf von den russischen Besatzern verboten wurde. Sie spürten, welch politisch-moralisches Potential in dem Werk steckte. Denn musikalisch wie inhaltlich greift Stanisław Moniuszko auf Ereignisse, Personen und Symbole zurück, die von seinen polnischen Zeitgenossen als Zeichen der patriotischen Selbstbehauptung gesehen wurden.

Eine Polonaise aus der Standuhr

Allen voran die geheimnisvolle Glockenspielszene, ein ergreifende Arie des einen Haupthelden Stefan. Der erinnert sich an seine Kindheit und seine verstorbene Mutter, ausgelöst von einer Standuhr, die im Tone eines Glockenspiels eine Polonaise von Michał Kleofas Ogiński erklingen lässt. Diese Musikstücke waren patriotisch konnotiert, übrigens europaweit, wie die Erwähnung dieser Tänze in Theodor Fontanes "Der Stechlin" beweist. Fontanes Roman spielt zur Polen-feindlichen Bismarck-Zeit. Da hatte Preußen seine Sympathien bei den Polen längst verspielt, die es vielleicht zu Zeiten Moniuszkos noch hätte halten können.

Entzauberung durch Liebe

Zuallererst erzählt das Gespensterschloss eine Liebesgeschichte, bzw. die Geschichte zweier Brüder, die aus patriotischer Pflicht und familiärer Neigung heraus unverheiratet bleiben wollen. Doch als sie das Schloss des besten Freundes ihres verstorbenen Vaters, des Miecznik, aufsuchen, um dort hinterlegtes Geld abzuholen, stellen sie fest, dass dieses Schloss nicht nur verzaubert ist, sondern dass dieser beste Freund des Vaters auch zwei bezaubernde Töchter hat, die nur darauf warten, Stefan und Zbigniew von ihrem Vorhaben abzubringen. Das Ende ist glücklich, auch wird der wahre Grund der Verzauberung des Schlosses aufgeklärt. Alles beruhte nur auf der Verleumdung eines eifersüchtigen und karrieristischen Vertrauten des Miecznik. Beim Festival Chopin und sein Europa wurde "Das Gespensterschloss" gemäß der historisch informierten Praxis aufgeführt, von einem hervorragenden Sänger-Cast, dem famosen Chor der Podlachischen Philharmonie und dem niederländischen Orchester des XVIII. Jahrhunderts.
In der Pause bringen wir ein Gespräch mit dem Autor und Musikwissenschaftler Rüdiger Ritter über Werke und Bedeutung Stanisław Moniuszkos. Das gesamte Gespräch können Sie außerdem hier hören:
Festival "Chopin und sein Europa"
Witold Lutosławski Konzertstudio von Polskie Radio, Warschau
Aufzeichnung vom 25. August 2019
Stanisław Moniuszko
"Straszny Dwór" ("Das Gespensterschloss")
Oper in vier Akten
Libretto: Jan Chęciński

Hanna - Edyta Piasecka, Sopran
Jadwiga - Monika Ledzion-Porczyńska, Mezzosopran
Stefan - Arnold Rutkowski, Tenor
Zbigniew - Mariusz Godlewski, Bariton
Cześnikowa - Małgorzata Walewska, Mezzosopran
Miecznik - Tomasz Konieczny, Bassbariton
Skołuba - Rafał Siwek, Bass
Damazy - Karol Kozłowski, Tenor
Maciej - Marcin Bronikowski, Bariton
Marta - Joanna Krasuska-Motulewicz, Mezzosopran
Grześ - Paweł Cichoński, Tenor
Stara niewiasta - Oksana Gołambowska, Alt
Chor der Podlachischen Oper und Philharmonie
Orchester des XVIII. Jahrhunderts
Leitung: Grzegorz Nowak

Mehr zum Thema