Ferdinand von Schirachs "Terror" in der ARD

"Wir sind alle keine Juristen, die wir da auf diesen Bühnen tanzen"

Der Schauspieler Burghart Klaußner
Der Schauspieler Burghart Klaußner © dpa
Burghart Klaußner im Gespräch mit Susanne Burkhardt · 06.08.2016
Darf der Staat ein Passagierflugzeug abschießen, um einen Terrorangriff abzuwenden? Diese Frage in Ferdinand von Schirachs Theaterstück "Terror" soll nun auch die Fernsehzuschauer beschäftigen. Der am TV-Projekt beteiligte Schauspieler Burghart Klaußner nimmt Stellung.
Das Theaterstück "Terror" von Ferdinand von Schirach verhandelt eine aktuelle Frage:
Darf ein Kampfpilot ein Passagierflugzeug mit 164 Menschen an Bord abschießen, um zu verhindern, dass 70.000 Menschen sterben, weil eben jenes Flugzeug von Terroristen entführt wurde und auf ein voll besetztes Fußballstadion zusteuert?
Das Stück ist äußerst erfolgreich, wird auf 39 Bühnen in Deutschland gespielt. Vom Theatererfolg will jetzt auch das Fernsehen profitieren und hat für Oktober eine TV-Version angekündigt - mit Online-Abstimmung und nachfolgender Diskussion.
Burkhard Hirsch und Gerhart Baum kritisieren TV-Projekt
Das stößt auf Ablehnung bei zwei namhaften FDP-Politikern, beim Ex-Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Burkhard Hirsch, und beim ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum. Die beiden Politiker forderten in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", die ARD solle den geplanten Fernsehabend aus dem Programm nehmen.
Burghart Klaußner spielt den Richter in der von ihm inszenierten Dresdner Theateraufführung und auch im geplanten ARD-Fernsehfilm.
Wir wollten von ihm wissen: Was hält er von der Kritik der FDP-Politiker, das Vorhaben, die Zuschauer abstimmen zu lassen, sei "populisitsch"?
"Die Abstimmung eines großen Publikums kann nur schiefgehen"
Im Deutschlandradio Kultur gab Klaußner den beiden FDP-Politikern – im Prinzip – Recht.
Er sagte: "Wir sind alle keine Juristen, die wir da auf diesen Bühnen tanzen. Und populistisch ist natürlich auch ein Vorwurf, der nicht ganz unberechtigt daher kommt, weil (…) die Abstimmung eines großes Publikums über einen juristisch äußerst komplizierten Sachverhalt kann nur schiefgehen. Aber es ist zugleich ein moralischer Lackmus-Test für das Empfinden einer Bevölkerung in moralisch hoch wichtigen Fragen."
Die Antworten auf juristische Fragen müssten natürlich bei "bei den Fachleuten" bleiben, aber die öffentliche Diskussion solcher Konfliktlagen sei dennoch zu begrüßen, weil sie die "Republik", die "öffentliche Sache" beträfen.
Klaußner räumte aber ein, dass eine Online-Abstimmung ein "schiefes Bild des Rechtswunsches einer Gesellschaft" abgeben könne. Da müsse man ganz genau hinschauen – "wie bei allen Direktwahlabstimmungen".
Konflikt wird dem Publikum wie unter einem Brennglas vor Augen geführt
Letztlich gehe es Schirach auch nicht um richtig oder falsch. Er habe sein erstes Theaterstück – nach antikischen Vorbildern – so konzipiert, dass es keine richtige Lösung geben könne: "Was ich tue, macht mich schuldig." Schirach spitze die Situation derart zu, dass man sich "in einem theoretischen Raum" nicht richtig entscheiden könne. Wie unter einem Brennglas werde dem Publikum vor Augen geführt, wo der Konflikt liege.
Er selbst habe im Laufe seiner Theater- und Filmarbeit mit dem Stück aber eine Position erarbeitet, meinte Klaußner. Er sei zu dem Schluss gekommen,
"dass es zu viele Unwägbarkeiten – auch bis zur letzten Minute gibt – als dass man einstimmen könnte, ein ziviles Flugzeug abzuschießen".
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