Ferda Ataman zur Kritik an Sarah-Lee Heinrich

"Bis 14 ist man ein Kind"

07:58 Minuten
Die Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrichblickt am Rande des Länderrats von Bündnis 90/Die Grünen in die Kamera des Fotografen.
"Dafür muss sie sich entschuldigen, und das hat sie auch gemacht“, sagt Ferda Ataman über Sarah-Lee Heinrich und deren umstrittene Tweets. © picture alliance / dpa / Kay Nietfeld
Ferda Ataman im Gespräch mit Axel Rahmlow · 11.10.2021
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Trotz ihrer umstrittenen Tweets kann Sarah-Lee Heinrich Vorsitzende der Grünen Jugend bleiben, findet Ferda Ataman. Die Journalistin plädiert außerdem dafür, generell über eine Verjährungsfrist für Äußerungen in sozialen Netzwerken nachzudenken.
Ein ironisches "Heil" als Kommentar zu einem mit einem Hakenkreuz versehenen Tweet, Tweets mit homosexuellen- und behindertenfeindlichen Ausdrücken, oder die Äußerung, weiße Menschen sollten aus Afrika herausgefegt werden: Seit ihrer Wahl zur Bundessprecherin der Grünen Jugend steht die heute 20-jährige Sarah-Lee Heinrich für ältere Posts in den sozialen Medien massiv in der Kritik.

"Bis 14 ist man ein Kind"

Vorsitzende der Grünen Jugend kann sie trotzdem bleiben, findet die Journalistin Ferda Ataman von den Neuen Deutschen Medienmacher*innen. Ataman begründet ihre Haltung zum einen damit, dass Heinrich die in der Kritik stehenden Äußerungen im Alter von 13 oder 14 Jahren gemacht habe: "Bis 14 ist man ein Kind, deswegen finde ich, eigentlich sollte es da so eine Schutzklausel geben."
Wie wahrscheinlich sei es denn, dass sich alle anderen in dem Alter tatsächlich auf dem Schulhof politisch korrekt geäußert hätten oder auch in den sozialen Medien, und bei wem werde das nachgeguckt?, fragt Ataman. "Das ist jetzt ihr Pech, dass sie schon sehr früh sehr ‚erwachsen‘ war und schon auf Twitter war, was ja eigentlich kein Jugendmedium ist. Die Dinge, die auf Tiktok passieren, kriegt ja niemand von uns im Politbusiness mit. Und wer weiß, was da alles abgesetzt wird."

Verjährungsfrist für Social-Media-Äußerungen

Außerdem habe Heinrich sich von ihren damaligen Aussagen distanziert, unterstreicht Ataman:
"Man darf sich definitiv nicht schwulenfeindlich oder sonst wie äußern, und das hat sie gemacht. Dafür muss sie sich entschuldigen, und das hat sie auch gemacht."
Für die Journalistin zeigt der Fall ein grundlegendes Problem im Umgang mit sozialen Medien: Wie lange müsse sich jemand für Äußerungen verantworten, die er in den sozialen Medien gemacht habe? Hier solle es eine Verjährung geben, findet Ataman.
"Sonst kreisen wir nur noch um so was."

Ferda Ataman ist Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Sie ist Sprecherin der "neuen deutschen organisationen" und Mitbegründerin der Initiative "Neue deutsche Medienmacher*innen". Ataman schreibt regelmäßig als Kolumnistin für den "Spiegel".

Die gesamte Sendung "Der Tag mit Ferda Ataman" hier zum Nachhören [AUDIO] .

Wem vergibt das Netz - und wem nicht? Die Kritik gegenüber Sarah-Lee Heinrich steigert sich bis in den Hass: "Sarah-Lee Heinrich erlebt gerade massive und viele Morddrohungen", sagte das Büro der Grünen Jugend am Montag. Zu ihrer eigenen Sicherheit werde sich Heinrich "für ein paar Tage zurückziehen". Diese Entwicklung folge einer bekannten Dynamik, die vor allem Schwarze Frauen und Frauen of Color treffe, sagt Tajana Graovac vom "No Hate Speech Movement" [AUDIO] . Wenn es um männliche, weiße Politiker geht, sei das Internet sehr viel vergesslicher.

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