FDP-Verkehrsexperte: Mehdorn steht verloren da
Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Horst Friedrich, hat Bahnchef Hartmut Mehdorn kritisiert. Mehdorn habe im Tarifkonflikt mit den Lokführern Stück für Stück seine Verhandlungspositionen geräumt, sagte Friedrich.
Birgit Kolkmann: Alle Räder sollten stillstehen heute, doch der angedrohte Totalstreik der Lokführer wurde gestern Nachmittag abgesagt. Bahnkonzern und Gewerkschaft GDL einigten sich schließlich doch noch im fast ein Jahr andauernden Tarifkonflikt. Zuletzt hatte sich die GDL wieder getäuscht gefühlt vom Konzern, weil der einen Grundlagenvertrag unterschrieben haben wollte, der gerade die Eigenständigkeit der Lokführervereinbarung wieder ad absurdum geführt hätte. Schon einmal hatte Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee im Januar vor allem den Bahnchef ermahnen müssen, sich doch zu einigen mit den Lokführern. – Horst Friedrich ist als verkehrspolitischer Experte der FDP-Bundestagsfraktion auch einer der Insider in diesem Bereich. Schönen guten Morgen in der "Ortszeit"!
Horst Friedrich: Guten Morgen!
Kolkmann: Herr Friedrich, war Hartmut Mehdorn auch jetzt wieder der böse Bube, der Bremser?
Friedrich: Ich glaube, es ist schwierig, hier einen eindeutigen Schuldigen zu benennen, denn natürlich ist auch Manfred Schell nicht unbedingt ein unbeschriebenes Blatt. So wie es sich uns jetzt darstellt hat es offensichtlich den Versuch gegeben von der Bahn, die Tarifverhandlungen doch noch zu einem aus Sicht der Bahn besseren Ende zu führen, nämlich durchsetzen zu wollen, dass die GDL nur dann verhandeln kann, wenn Transnet und GDBA (die beiden anderen Gewerkschaften) vorher ihre Zustimmung gegeben haben. Das wäre natürlich ein Witz; dann hätte sich der Streik ja nicht gelohnt.
Kolkmann: Und dann hätten sich die Lokführer ja auch sehr gelinkt gefühlt. Deswegen diese Streikandrohung. Das alles ist nun vom Tisch. Muss man sagen, dass Hartmut Mehdorn der Goliath in diesem Spiel gegen den David Manfred Schell verloren hat?
Friedrich: Ich würde ihn jetzt nicht unbedingt in die biblische Rolle des Goliath stellen. Das wäre vielleicht ein bisschen eine Überhöhung der ganzen Geschichte. Sicherlich hat die Bahn – das muss man konzidieren – und damit ihr Vorstandsvorsitzender, wenn man sich an den Beginn der Verhandlungen zurückerinnert, Stück für Stück Verhandlungspositionen räumen müssen. Wenn man sich erinnert: am Anfang wollte er ja auf keinen Fall einen Spartentarifvertrag. Er wollte einen einheitlichen Tarifvertrag für alle. Er hat erzählt, dass schon der Abschluss mit Transnet und GDBA (also der Tarifgemeinschaft damals in Erinnerung zu rufen) mit knapp über vier Prozent Gehaltserhöhung Schwierigkeiten für die Bahn bereiten würde, um dann letztendlich doch am Jahresende offensichtlich auf Druck des Verkehrsministers eine Zahl mit 11,und zu unterschreiben. Also er hat auf jeden Fall viel von dem, was er anfangs nicht wollte, eingeräumt, um jetzt am Ende doch ziemlich verloren dazustehen. Die Frage, die sich mir stellt, ist: Warum musste das ganze dann so lange dauern?
Kolkmann: Hartmut Mehdorn bleibt als Chef der Bahn noch im Amt und er hat ja das nächste Projekt schon direkt vor Augen. Und zwar soll ja eigentlich noch im März in der Aufsichtsratssitzung die Bahnprivatisierung weiter vorangetrieben werden. Daran ist ja auch in der Planung das Ministerium jetzt wohl sehr intensiv beteiligt, obwohl es ja einen Beschluss des SPD-Parteitages gibt, eine Volksaktie herauszugeben. Das widerspricht dem aber. Gibt es da neuen Ärger?
Friedrich: Das ist nicht auszuschließen. Die Frage ist letztendlich, was die Bahn umsetzt. Um es noch mal in Erinnerung zu rufen: Das, was der Finanzminister vorschlägt, dieses sogenannte Holding-Modell, also das Bilden einer Gesellschaft innerhalb der Bahn, in der man die Transportgesellschaften Nahverkehr, Fernverkehr, Güterverkehr zusammenbündelt und mit dieser dann an den Markt geht, ist eigentlich nach Aktienrecht eine Entscheidung, für die die Bahn alleine einen Aufsichtsratsbeschluss bräuchte und keinerlei Beteiligung des Parlamentes. Das kann man auch aus sich selbst heraus beschließen, wenn man die Vorschriften einer Aktiengesellschaft ernst nimmt. Das wäre allerdings natürlich ein Schlag ins Gesicht all derer, die Bahnprivatisierung als gesetzliche Vorgabe sehen. Das war auch vereinbart in den ganzen Gesprächen selbst zwischen SPD und Union. Dann kam dieser famose Parteitag der SPD in Hamburg mit dieser Krücke Volksaktie, die aus unserer Sicht eigentlich niemand wirklich hilft – ganz zu schweigen davon, dass ich zweifle, dass ich mit einer Volksaktie, die in der Ausgestaltung weiter nichts ist als eine stimmrechtslose Vorzugsaktie, die keine Stimmrechte beinhaltet, aber eine garantierte Dividende garantiert bekommt (nur wenn die gezahlt wird, bleiben sie stimmrechtslos; ansonsten werden sie stimmhaft), aber nach dem was mit Telekom und anderen Aktien passiert ist, glaube ich nicht, dass "das Volk" breit gestreut jetzt auf die Bahn zustürmt, weil die Aussichten bei der Bahn zwar jetzt sehr schön sind, aber man weiß auch, dass natürlich das Schienennetz demnächst sehr intensiv der Aufarbeitung bedarf und dass da einiges an Finanzmitteln auf uns zukommt. Wie es dann in vier, fünf Jahren mit den Bahnbilanzen ausschaut, kann jetzt noch niemand sagen.
Kolkmann: Die Volksaktie wäre ja für Investoren ziemlich uninteressant. Sie sprachen eben davon. Damit wären ja keine Stimmrechte und Unternehmensentscheidungen am Parlament vorbei verbunden. Das wäre ein Schlag ins Gesicht des bisherigen Eigentümers und das sind im Prinzip wir alle. Finden Sie trotzdem dieses Holding-Modell, dass Personen- und Güterverkehr ausgegliedert werden, eigentlich ganz gut? Das könnte dem Bund etwa zwölf Milliarden Euro bringen, also auch Luft für Investitionen in das Schienennetz, das er ja behält.
Friedrich: Es ist aus unserer Sicht der richtige Weg, denn es fußt ja eigentlich auf der herkömmlichen Bahnreform, die 1994 beschlossen wurde, auf. Die Bahnreform, die damals beschlossen wurde – und da war ich ja schon im Parlament und habe sie deswegen auch positiv mit beschlossen –, hatte ganz klar vorgezeichnet eine Auflösung der Deutschen Bahn AG in Führungsgesellschaften - da waren die Transportgesellschaften verselbständigt – und im Wege des Börsengangs eine hundertprozentige Privatisierung. Der Bund sollte lediglich richtigerweise auch aus unserer Sicht Mehrheitseigentümer der Infrastruktur, also des Schienennetzes, der Bahnhöfe, der Signalanlagen bleiben. So steht es im Grundgesetz. Das, was jetzt aufgesetzt ist, ist eigentlich nach langen Querelen und Diskussionen der richtige Weg. Deswegen: die Richtung von unserer Seite aus stimmt. Die Frage ist, was passiert, denn zum Beispiel der Aufsichtsrat des hundertprozentigen Eigentümers Bundesrepublik Deutschland ist ja von Staatssekretären aus Ministerien bestimmt. Die müssten irgendwann langsam wissen, was sie machen dürfen sollen.
Kolkmann: Und die brauchen vielleicht einen Hinweis aus der SPD-Führung und dann hätte die wieder den schwarzen Peter?
Friedrich: Ja gut. Beck hat ja zugesagt, wenn etwas anderes kommt als das, was am Parteitag beschlossen wurde, dann würde er in die Gremien gehen. Spannenderweise kam der Vorschlag ja, wenn ich mich recht erinnere, von einem stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden. Herr Steinbrück ist glaube ich auch noch stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender. Aber Steinbrück hat ja offensichtlich noch nie geschert, was andere sagen; er denkt richtig. Nur in diesem konkreten Fall hat er zumindest in der Richtung die richtige Richtung.
Horst Friedrich: Guten Morgen!
Kolkmann: Herr Friedrich, war Hartmut Mehdorn auch jetzt wieder der böse Bube, der Bremser?
Friedrich: Ich glaube, es ist schwierig, hier einen eindeutigen Schuldigen zu benennen, denn natürlich ist auch Manfred Schell nicht unbedingt ein unbeschriebenes Blatt. So wie es sich uns jetzt darstellt hat es offensichtlich den Versuch gegeben von der Bahn, die Tarifverhandlungen doch noch zu einem aus Sicht der Bahn besseren Ende zu führen, nämlich durchsetzen zu wollen, dass die GDL nur dann verhandeln kann, wenn Transnet und GDBA (die beiden anderen Gewerkschaften) vorher ihre Zustimmung gegeben haben. Das wäre natürlich ein Witz; dann hätte sich der Streik ja nicht gelohnt.
Kolkmann: Und dann hätten sich die Lokführer ja auch sehr gelinkt gefühlt. Deswegen diese Streikandrohung. Das alles ist nun vom Tisch. Muss man sagen, dass Hartmut Mehdorn der Goliath in diesem Spiel gegen den David Manfred Schell verloren hat?
Friedrich: Ich würde ihn jetzt nicht unbedingt in die biblische Rolle des Goliath stellen. Das wäre vielleicht ein bisschen eine Überhöhung der ganzen Geschichte. Sicherlich hat die Bahn – das muss man konzidieren – und damit ihr Vorstandsvorsitzender, wenn man sich an den Beginn der Verhandlungen zurückerinnert, Stück für Stück Verhandlungspositionen räumen müssen. Wenn man sich erinnert: am Anfang wollte er ja auf keinen Fall einen Spartentarifvertrag. Er wollte einen einheitlichen Tarifvertrag für alle. Er hat erzählt, dass schon der Abschluss mit Transnet und GDBA (also der Tarifgemeinschaft damals in Erinnerung zu rufen) mit knapp über vier Prozent Gehaltserhöhung Schwierigkeiten für die Bahn bereiten würde, um dann letztendlich doch am Jahresende offensichtlich auf Druck des Verkehrsministers eine Zahl mit 11,und zu unterschreiben. Also er hat auf jeden Fall viel von dem, was er anfangs nicht wollte, eingeräumt, um jetzt am Ende doch ziemlich verloren dazustehen. Die Frage, die sich mir stellt, ist: Warum musste das ganze dann so lange dauern?
Kolkmann: Hartmut Mehdorn bleibt als Chef der Bahn noch im Amt und er hat ja das nächste Projekt schon direkt vor Augen. Und zwar soll ja eigentlich noch im März in der Aufsichtsratssitzung die Bahnprivatisierung weiter vorangetrieben werden. Daran ist ja auch in der Planung das Ministerium jetzt wohl sehr intensiv beteiligt, obwohl es ja einen Beschluss des SPD-Parteitages gibt, eine Volksaktie herauszugeben. Das widerspricht dem aber. Gibt es da neuen Ärger?
Friedrich: Das ist nicht auszuschließen. Die Frage ist letztendlich, was die Bahn umsetzt. Um es noch mal in Erinnerung zu rufen: Das, was der Finanzminister vorschlägt, dieses sogenannte Holding-Modell, also das Bilden einer Gesellschaft innerhalb der Bahn, in der man die Transportgesellschaften Nahverkehr, Fernverkehr, Güterverkehr zusammenbündelt und mit dieser dann an den Markt geht, ist eigentlich nach Aktienrecht eine Entscheidung, für die die Bahn alleine einen Aufsichtsratsbeschluss bräuchte und keinerlei Beteiligung des Parlamentes. Das kann man auch aus sich selbst heraus beschließen, wenn man die Vorschriften einer Aktiengesellschaft ernst nimmt. Das wäre allerdings natürlich ein Schlag ins Gesicht all derer, die Bahnprivatisierung als gesetzliche Vorgabe sehen. Das war auch vereinbart in den ganzen Gesprächen selbst zwischen SPD und Union. Dann kam dieser famose Parteitag der SPD in Hamburg mit dieser Krücke Volksaktie, die aus unserer Sicht eigentlich niemand wirklich hilft – ganz zu schweigen davon, dass ich zweifle, dass ich mit einer Volksaktie, die in der Ausgestaltung weiter nichts ist als eine stimmrechtslose Vorzugsaktie, die keine Stimmrechte beinhaltet, aber eine garantierte Dividende garantiert bekommt (nur wenn die gezahlt wird, bleiben sie stimmrechtslos; ansonsten werden sie stimmhaft), aber nach dem was mit Telekom und anderen Aktien passiert ist, glaube ich nicht, dass "das Volk" breit gestreut jetzt auf die Bahn zustürmt, weil die Aussichten bei der Bahn zwar jetzt sehr schön sind, aber man weiß auch, dass natürlich das Schienennetz demnächst sehr intensiv der Aufarbeitung bedarf und dass da einiges an Finanzmitteln auf uns zukommt. Wie es dann in vier, fünf Jahren mit den Bahnbilanzen ausschaut, kann jetzt noch niemand sagen.
Kolkmann: Die Volksaktie wäre ja für Investoren ziemlich uninteressant. Sie sprachen eben davon. Damit wären ja keine Stimmrechte und Unternehmensentscheidungen am Parlament vorbei verbunden. Das wäre ein Schlag ins Gesicht des bisherigen Eigentümers und das sind im Prinzip wir alle. Finden Sie trotzdem dieses Holding-Modell, dass Personen- und Güterverkehr ausgegliedert werden, eigentlich ganz gut? Das könnte dem Bund etwa zwölf Milliarden Euro bringen, also auch Luft für Investitionen in das Schienennetz, das er ja behält.
Friedrich: Es ist aus unserer Sicht der richtige Weg, denn es fußt ja eigentlich auf der herkömmlichen Bahnreform, die 1994 beschlossen wurde, auf. Die Bahnreform, die damals beschlossen wurde – und da war ich ja schon im Parlament und habe sie deswegen auch positiv mit beschlossen –, hatte ganz klar vorgezeichnet eine Auflösung der Deutschen Bahn AG in Führungsgesellschaften - da waren die Transportgesellschaften verselbständigt – und im Wege des Börsengangs eine hundertprozentige Privatisierung. Der Bund sollte lediglich richtigerweise auch aus unserer Sicht Mehrheitseigentümer der Infrastruktur, also des Schienennetzes, der Bahnhöfe, der Signalanlagen bleiben. So steht es im Grundgesetz. Das, was jetzt aufgesetzt ist, ist eigentlich nach langen Querelen und Diskussionen der richtige Weg. Deswegen: die Richtung von unserer Seite aus stimmt. Die Frage ist, was passiert, denn zum Beispiel der Aufsichtsrat des hundertprozentigen Eigentümers Bundesrepublik Deutschland ist ja von Staatssekretären aus Ministerien bestimmt. Die müssten irgendwann langsam wissen, was sie machen dürfen sollen.
Kolkmann: Und die brauchen vielleicht einen Hinweis aus der SPD-Führung und dann hätte die wieder den schwarzen Peter?
Friedrich: Ja gut. Beck hat ja zugesagt, wenn etwas anderes kommt als das, was am Parteitag beschlossen wurde, dann würde er in die Gremien gehen. Spannenderweise kam der Vorschlag ja, wenn ich mich recht erinnere, von einem stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden. Herr Steinbrück ist glaube ich auch noch stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender. Aber Steinbrück hat ja offensichtlich noch nie geschert, was andere sagen; er denkt richtig. Nur in diesem konkreten Fall hat er zumindest in der Richtung die richtige Richtung.