FDP-Haushaltsexperte: Steinbrücks Drohung gerechtfertigt
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, Otto Fricke (FDP), hat Verständnis geäußert für die angebliche Drohung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), vier Kabinettskollegen die Etathoheit zu entziehen. Die vier Minister hätten offenbar "den Weckruf nicht gehört", dass die Zeit der steigenden Einnahmen vorbei sei, sagte Fricke.
Hanns Ostermann: Das kann doch nicht wahr sein, dürfte gestern so mancher in Bremerhaven gedacht haben. Kunden der Weserbank standen vor verschlossenen Türen. Ein kleiner Aushang informierte darüber, dass die Bank ganz einfach pleite ist, nicht mehr weitermachen darf. Verantwortlich für diesen Schritt war die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin. Diese Behörde achtet bei uns in Deutschland darauf, dass bei Banken, Wertpapierhäusern und Versicherern alles mit rechten Dingen zugeht. Bleibt das ein Einzelfall, oder könnte die Finanzkrise das Aus auch für andere Häuser bedeuten? Darüber möchte ich mit dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses im Bundestag sprechen, mit Otto Fricke von der FDP. Guten Morgen, Herr Fricke!
Otto Fricke: Einen ebenfalls schönen guten Morgen aus Berlin!
Ostermann: Die Finanzkrise hat den Kleinsten der Kleinen erwischt, meinte gestern der Vorstandschef der Weserbank. Ist sie wirklich der entscheidende Grund für das Insolvenzverfahren, oder machte er sich da zu einfach?
Fricke: Ich würde mit dieser Aussage eines Betroffenen doch sehr, sehr vorsichtig sein. Nachdem, was ich bisher an Informationen habe, kann ich nicht erkennen, dass diese sehr kleine Bank, man muss mal sehen, wir reden von einer Bilanzsumme von 120 Millionen. Das sind bei der Deutschen Bank, wenn auch das der Marktführer ist, im Billionenbereich. Das muss man ganz klar unterscheiden. Dann muss man eben noch sehen, dass keinerlei darüber gekommen ist, dass etwa die Weserbank AG in den Bereich der amerikanischen Subprime-Immobilien investiert hat. Klar, es ist ein etwas schwierigeres Umfeld. Ich bin glaube eher, und das ist ja auch die Auskunft der BaFin, die haben mit einem neuen Geschäftsmodell versucht, um die Runden zu kommen, haben das nicht geschafft. Und die BaFin hat zum Glück, und das zeigt gerade, dass das Kontrollsystem noch funktioniert, rechtzeitig gesagt, jetzt ist Schluss, so geht das nicht weiter, weil dann wäre möglicherweise die Krise etwas eher da.
Ostermann: Auf einen einfachen Nenner gebracht, die Bank hat sich übernommen, auch mit dem Vorhaben, mittelständische Unternehmen beim Gang an die Börse zu unterstützen. Die Finanzkrise brachte also das Fass möglicherweise nur zum Überlaufen. Wer hilft jetzt eigentlich den Kunden, die mehr als 20.000 Euro gespart haben?
Fricke: Das ist ja jetzt das ganz Interessante. Es sind zwei Sicherungssysteme. Das geht in den Meldungen oft unter. Wir haben einerseits die gesetzliche Entschädigungseinrichtung der deutschen Banken. Das ist eine gesetzliche Entschädigungseinrichtung, das sind grob die 20.000, die Sie angesprochen haben. Und dann haben wir ja daneben noch vom Bundesverband der deutschen Banken den Einlagensicherungsfonds. Dann sind wir doch schon in Höhen, die in Richtung 1,8 Millionen pro Einleger gehen. Ich gehe davon aus, dass hierbei, wenn es sich nicht um wirklich einzelne Großeinleger handelt, es zu keinerlei Schäden am Ende für die Betroffenen kommt, gerade keinerlei Möglichkeit besteht, dass irgendwelche Dominoeffekte entstehen, zumal bei den Summen, von denen wir reden, man davon eigentlich nicht ausgeht.
Ostermann: Herr Fricke, Sie haben eben gesagt, das System funktioniert, nachdem die BaFin eingeschritten ist. Und trotzdem könnte man ja sagen, hätte nicht früher reagiert werden müssen, um größeren Schaden abzuwenden? Was können Krisen, wie können Krisen früher erkannt werden?
Fricke: Da sind wir bei der Frage, wie ich überhaupt in einem Geschäftsbereich wie dem der Banken, der mit immer neuen Geschäftsmodellen arbeitet und auch arbeiten muss, weil das die Weiterentwicklung eines Finanzsystems letztlich immer ist, wie ich dort frühzeitig systemische Krisen, wie eben die geplatzte Blase des Immobilienmarktes der USA, erkennen kann. Ob da die Vorschläge, die Herr Ackermann gemacht hat im Rahmen des Weltbankenverbandes, richtig sind, dass man 20 besonders weise Leute nimmt, die davor frühzeitig warnen, da bin ich vorsichtig.
Ich glaube, man muss einfach sehen, in diesem Sektor muss ich ständig, sowohl als Kontrolleur, als BaFin, als Bundesbank, als Gesetzgeber, auch was Weltbanken angeht, stets immer wieder genau überprüfen, ob ich Dinge verändere. Aber die rein ausschließen im Sinne von "Ich hab das hundert Prozent im Griff" nicht. Nur nochmals, der Weserbank-Fall zeigt, hier hat die BaFin das rechtzeitig erkannt. Und ich glaube, wir werden aus diesem Fall keinerlei Auswirkungen auf andere haben.
Ostermann: Ich wollte noch mal da nachfragen. Sie haben die Rolle des Gesetzgebers ja eben auch angesprochen. Die Weserbank ist für Sie nicht Anlass, über weitere Gesetzesvorhaben nachzudenken?
Fricke: Die Weserbank nicht. Ansonsten müssen wir das. Ansonsten werden wir das müssen, denn die Tatsache, dass wir erneut eine Blase gehabt haben, an der sich alle dann wieder beteiligt haben, weil überall die Gier auch zu groß war, wie kriege ich einen besseren Kursgewinn, wie kriege ich höhere Dividenden, wie bekommen übrigens auch dann die Vorstände bessere Bonuszahlungen. All das zeigt, da müssen wir noch mal genauer gucken. Wachstum ist richtig. Starkes Wachstum ist auch okay. Wenn es aber spekulatives Wachstum ist, das dann platzt, dann haben wir das Problem, das wir jetzt haben.
Da gibt es Änderungsnotwendigkeiten, da gibt es viele, wie ich persönlich finde, berechtigte Diskussion über das Bilanzrecht. Da gibt es aber auch genügend andere Fragen von weiterer Kontrollregulierung. Was ich hier noch anderseits sehe, der Staat wird immer hinterherhinken bei solchen Sachen. Hier sind die Banken in ihrer Selbstverpflichtung auch gefragt. Ich weiß, dass viele dann sagen, das reicht doch nicht. Man muss erkennen, der Gesetzgeber wird in diesem Bereich wie in all den Bereichen, wo die Entwicklung sehr, sehr schnell geht, immer in einem gewissen Maße nachhinken.
Ostermann: Nicht nur die Banker, die Politiker müssen die Ärmel hochkrempeln. Ganz offensichtlich gibt es auch Handlungsbedarf in der großen Koalition. Peer Steinbrück ist absolut unzufrieden. Er hält die Etatwünsche gleich von vier Kabinettskollegen, auch zweier Genossen, für völlig überzogen. Notfalls würde er den jeweiligen Etat sogar selbst zuweisen. Haben Sie eine Erklärung für diese Dissonanzen in der Großen Koalition?
Fricke: Da muss ich wirklich sagen, in dem Falle ja. Ich glaube, dass Herr Steinbrück hier jetzt einen solch großen Hammer rausholt, so jedenfalls der Bericht, zeigt ganz eindeutig, dass in den Beteiligten ein bisschen, in den Vieren auf jeden Fall, die hier angesprochen worden sind, einfach der Weckruf nicht gehört worden ist, man einfach nicht gemerkt hat, dass die Zeit der steigenden Einnahmen, auf denen ja alleine die sogenannte Haushaltskonsolidierung beruht hat, nicht auf sinkenden Ausgaben, die ist zu Ende.
Und jetzt, wo man auf einmal keine steigenden Einnahmen mehr hat, wir haben, wie gerade eben besprochen, eine Finanzmarktkrise, wir haben mit sicherer Wahrscheinlichkeit geringere Steuereinnahmen, da sagt er, muss Herr Steinbrück zu diesem Mittel greifen. Und ich bin mir sicher, er würde das nicht tun, gut, wir sind immer noch im Bereich der Berichte, ohne dass wir von ihm eine Aussage haben, der würde das nicht tun, wenn er sich hier mit dem Kanzleramt nicht einig wäre, dass die Große Koalition kurz davorsteht, dass ihr Image als vermeintliche Absenker der Neuverschuldung zu Ende geht.
Ostermann: Otto Fricke von der FDP, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag. Danke Ihnen für das Gespräch! Die telefonische Leitung war nicht optimal. Das bitten wir zu entschuldigen.
Otto Fricke: Einen ebenfalls schönen guten Morgen aus Berlin!
Ostermann: Die Finanzkrise hat den Kleinsten der Kleinen erwischt, meinte gestern der Vorstandschef der Weserbank. Ist sie wirklich der entscheidende Grund für das Insolvenzverfahren, oder machte er sich da zu einfach?
Fricke: Ich würde mit dieser Aussage eines Betroffenen doch sehr, sehr vorsichtig sein. Nachdem, was ich bisher an Informationen habe, kann ich nicht erkennen, dass diese sehr kleine Bank, man muss mal sehen, wir reden von einer Bilanzsumme von 120 Millionen. Das sind bei der Deutschen Bank, wenn auch das der Marktführer ist, im Billionenbereich. Das muss man ganz klar unterscheiden. Dann muss man eben noch sehen, dass keinerlei darüber gekommen ist, dass etwa die Weserbank AG in den Bereich der amerikanischen Subprime-Immobilien investiert hat. Klar, es ist ein etwas schwierigeres Umfeld. Ich bin glaube eher, und das ist ja auch die Auskunft der BaFin, die haben mit einem neuen Geschäftsmodell versucht, um die Runden zu kommen, haben das nicht geschafft. Und die BaFin hat zum Glück, und das zeigt gerade, dass das Kontrollsystem noch funktioniert, rechtzeitig gesagt, jetzt ist Schluss, so geht das nicht weiter, weil dann wäre möglicherweise die Krise etwas eher da.
Ostermann: Auf einen einfachen Nenner gebracht, die Bank hat sich übernommen, auch mit dem Vorhaben, mittelständische Unternehmen beim Gang an die Börse zu unterstützen. Die Finanzkrise brachte also das Fass möglicherweise nur zum Überlaufen. Wer hilft jetzt eigentlich den Kunden, die mehr als 20.000 Euro gespart haben?
Fricke: Das ist ja jetzt das ganz Interessante. Es sind zwei Sicherungssysteme. Das geht in den Meldungen oft unter. Wir haben einerseits die gesetzliche Entschädigungseinrichtung der deutschen Banken. Das ist eine gesetzliche Entschädigungseinrichtung, das sind grob die 20.000, die Sie angesprochen haben. Und dann haben wir ja daneben noch vom Bundesverband der deutschen Banken den Einlagensicherungsfonds. Dann sind wir doch schon in Höhen, die in Richtung 1,8 Millionen pro Einleger gehen. Ich gehe davon aus, dass hierbei, wenn es sich nicht um wirklich einzelne Großeinleger handelt, es zu keinerlei Schäden am Ende für die Betroffenen kommt, gerade keinerlei Möglichkeit besteht, dass irgendwelche Dominoeffekte entstehen, zumal bei den Summen, von denen wir reden, man davon eigentlich nicht ausgeht.
Ostermann: Herr Fricke, Sie haben eben gesagt, das System funktioniert, nachdem die BaFin eingeschritten ist. Und trotzdem könnte man ja sagen, hätte nicht früher reagiert werden müssen, um größeren Schaden abzuwenden? Was können Krisen, wie können Krisen früher erkannt werden?
Fricke: Da sind wir bei der Frage, wie ich überhaupt in einem Geschäftsbereich wie dem der Banken, der mit immer neuen Geschäftsmodellen arbeitet und auch arbeiten muss, weil das die Weiterentwicklung eines Finanzsystems letztlich immer ist, wie ich dort frühzeitig systemische Krisen, wie eben die geplatzte Blase des Immobilienmarktes der USA, erkennen kann. Ob da die Vorschläge, die Herr Ackermann gemacht hat im Rahmen des Weltbankenverbandes, richtig sind, dass man 20 besonders weise Leute nimmt, die davor frühzeitig warnen, da bin ich vorsichtig.
Ich glaube, man muss einfach sehen, in diesem Sektor muss ich ständig, sowohl als Kontrolleur, als BaFin, als Bundesbank, als Gesetzgeber, auch was Weltbanken angeht, stets immer wieder genau überprüfen, ob ich Dinge verändere. Aber die rein ausschließen im Sinne von "Ich hab das hundert Prozent im Griff" nicht. Nur nochmals, der Weserbank-Fall zeigt, hier hat die BaFin das rechtzeitig erkannt. Und ich glaube, wir werden aus diesem Fall keinerlei Auswirkungen auf andere haben.
Ostermann: Ich wollte noch mal da nachfragen. Sie haben die Rolle des Gesetzgebers ja eben auch angesprochen. Die Weserbank ist für Sie nicht Anlass, über weitere Gesetzesvorhaben nachzudenken?
Fricke: Die Weserbank nicht. Ansonsten müssen wir das. Ansonsten werden wir das müssen, denn die Tatsache, dass wir erneut eine Blase gehabt haben, an der sich alle dann wieder beteiligt haben, weil überall die Gier auch zu groß war, wie kriege ich einen besseren Kursgewinn, wie kriege ich höhere Dividenden, wie bekommen übrigens auch dann die Vorstände bessere Bonuszahlungen. All das zeigt, da müssen wir noch mal genauer gucken. Wachstum ist richtig. Starkes Wachstum ist auch okay. Wenn es aber spekulatives Wachstum ist, das dann platzt, dann haben wir das Problem, das wir jetzt haben.
Da gibt es Änderungsnotwendigkeiten, da gibt es viele, wie ich persönlich finde, berechtigte Diskussion über das Bilanzrecht. Da gibt es aber auch genügend andere Fragen von weiterer Kontrollregulierung. Was ich hier noch anderseits sehe, der Staat wird immer hinterherhinken bei solchen Sachen. Hier sind die Banken in ihrer Selbstverpflichtung auch gefragt. Ich weiß, dass viele dann sagen, das reicht doch nicht. Man muss erkennen, der Gesetzgeber wird in diesem Bereich wie in all den Bereichen, wo die Entwicklung sehr, sehr schnell geht, immer in einem gewissen Maße nachhinken.
Ostermann: Nicht nur die Banker, die Politiker müssen die Ärmel hochkrempeln. Ganz offensichtlich gibt es auch Handlungsbedarf in der großen Koalition. Peer Steinbrück ist absolut unzufrieden. Er hält die Etatwünsche gleich von vier Kabinettskollegen, auch zweier Genossen, für völlig überzogen. Notfalls würde er den jeweiligen Etat sogar selbst zuweisen. Haben Sie eine Erklärung für diese Dissonanzen in der Großen Koalition?
Fricke: Da muss ich wirklich sagen, in dem Falle ja. Ich glaube, dass Herr Steinbrück hier jetzt einen solch großen Hammer rausholt, so jedenfalls der Bericht, zeigt ganz eindeutig, dass in den Beteiligten ein bisschen, in den Vieren auf jeden Fall, die hier angesprochen worden sind, einfach der Weckruf nicht gehört worden ist, man einfach nicht gemerkt hat, dass die Zeit der steigenden Einnahmen, auf denen ja alleine die sogenannte Haushaltskonsolidierung beruht hat, nicht auf sinkenden Ausgaben, die ist zu Ende.
Und jetzt, wo man auf einmal keine steigenden Einnahmen mehr hat, wir haben, wie gerade eben besprochen, eine Finanzmarktkrise, wir haben mit sicherer Wahrscheinlichkeit geringere Steuereinnahmen, da sagt er, muss Herr Steinbrück zu diesem Mittel greifen. Und ich bin mir sicher, er würde das nicht tun, gut, wir sind immer noch im Bereich der Berichte, ohne dass wir von ihm eine Aussage haben, der würde das nicht tun, wenn er sich hier mit dem Kanzleramt nicht einig wäre, dass die Große Koalition kurz davorsteht, dass ihr Image als vermeintliche Absenker der Neuverschuldung zu Ende geht.
Ostermann: Otto Fricke von der FDP, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag. Danke Ihnen für das Gespräch! Die telefonische Leitung war nicht optimal. Das bitten wir zu entschuldigen.