FDP gegen Kombilohn-Modell "50 plus"
Der FDP-Generalsekretär Dirk Niebel lehnt das Kombilohn-Modell "50 plus" von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering ab. Direkte Subventionen würden damit an einen Arbeitsplatz gebunden, kritisierte Niebel. Aus dem Evaluationsbericht der Regierung zu den Hartz-Reformen gehe hervor, dass viele solcher arbeitsmarktpolitischen Instrumente nicht wirksam, sondern zum großen Teil sogar schädlich seien.
Jörg Degenhardt: "Initiative 50 plus" - gut gemeint, aber schlecht geplant? Der Vizekanzler und Bundesarbeitsminister Franz Müntefering will heute sein Modell zur Einführung eines Kombilohns für ältere Arbeitnehmer vorstellen. Dabei geht es um befristete staatliche Lohnzuschüsse für über 50-Jährige, die Arbeitslosengeld I erhalten. Sie sollen so motiviert werden, auch einen geringer bezahlten Job anzunehmen. Der Vorschlag des Ministers sieht vor, dass sie im ersten Jahr 50 Prozent und im zweiten Jahr 30 Prozent der Lohndifferenz zu ihrem letzten Nettolohn erstattet bekommen. Der Vorschlag aber findet ein sehr geteiltes Echo. Kritik kommt sogar aus den eigenen Reihen und von der Opposition ist wohl erst recht kein Beifall zu erwarten. Dirk Niebel begrüße ich am Telefon, den Generalsekretär der FDP, guten Morgen. Können staatliche Lohnkostenzuschüsse eine Brücke für ältere Langzeitarbeitslose sein, um wieder zurückzufinden in den Arbeitsmarkt?
Dirk Niebel: Guten Morgen, Herr Degenhardt! Das Problem ist ja, dass wir schon seit vielen, vielen Jahren derartige, arbeitsmarktpolitische Instrumente haben und diese Bundesregierung hat uns ja Anfang des Jahres auch einen so genannten Evaluationsbericht vorgelegt über die Reform Hartz I bis III, wo viele dieser Instrumente nicht nur als nicht wirksam, sondern zum großen Teil auch als schädlich bezeichnet worden sind. Wir haben, gerade was die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer anbetrifft, eigentlich eher andere Probleme. In Deutschland bedeutet je älter generell, desto teuerer, desto längerer Urlaub, desto mehr Kündigungsschutz und anstatt dass man guckt, was die Menschen zu leisten fähig sind, wird geguckt, ob jemand ein Dienstalter erreicht hat oder ein Lebensalter erreicht hat. Das halte ich für falsch. Wir müssen, um ältere Menschen in die Beschäftigung zurückzubringen, andere Wege gehen als diese bisher schon nicht erfolgreichen Wege, die Herr Müntefering jetzt wieder vorschlägt.
Degenhardt: Und das heißt, wir brauchen einen Wertewandel hinsichtlich der Arbeitskraft Älterer?
Niebel: Mit Sicherheit muss den Betrieben klar werden, dass sie auf die Kompetenzen und Erfahrungen ihrer älteren Arbeitnehmer zwingend angewiesen sind. Insbesondere auch in einer älter werdende Gesellschaft. Aber die Erfahrung Älterer, das zeigen uns andere Volkswirtschaften auch in Europa, sind Wettbewerbsvorteile und überall dort, wo die Erwerbsbeteiligung von älteren Menschen und von Frauen höher ist, als das in Deutschland der Fall ist, ist die Arbeitslosigkeit niedriger und beides hängt miteinander zusammen. Deswegen muss es ein Wert an sich werden, auch diese Kompetenzen in Betrieb zu halten und alles, was die Regierung jetzt, aber auch frühere Regierungen, an Frühverrentungsmöglichkeiten eingeführt haben, bewirkt genau das Gegenteil dessen, was wir brauchen.
Degenhardt: In Großbritannien beispielsweise arbeiten ja mehr ältere Menschen als in Deutschland. Da gibt es aber auch so eine Art Kombilohn. Spricht nicht also doch etwas für diese Einführung, weil es ja unterm Strich auch besser ist, auf diese Weise Arbeit zu bezahlen als Arbeitslosigkeit?
Niebel: Das klingt schön. Das führt allerdings im Endeffekt dazu, dass diese, die wir in der Vergangenheit auch schon hatten, für die unterschiedlichsten Personengruppen, meinetwegen auch für Ältere in dem Fall, das gibt es übrigens auch schon, Lohnkostenzuschuss für ältere Arbeitnehmer, führt dazu, dass im Endeffekt direkte Subventionen an einen bestimmten Arbeitsplatz irgendwie gebunden werden. Wir als Liberale sind der Ansicht, man sollte davon wegkommen, weil das zur Verzerrung am Arbeitsplatz führt und halten uns da eher mit dem Herrn Bundespräsidenten, der Anfang des Jahres in einem großen Magazin ja auch schon in einem Interview gesagt hat, wir müssen eine Art negative Einkommenssteuer organisieren - wir in der FDP, wir nennen das Bürgergeld - wo wir das Steuersystem und das Transfersystem zusammenführen, um den Menschen individuell zu unterstützen, damit es sich lohnt eine Arbeit anzunehmen, die produktivitätsorientiert bezahlt wird. Und wenn das nicht reicht, um die Existenz zu sichern, dass dann im Ausgleich des Steuer- und Transfersystems der Mensch unterstützt wird und nicht irgendein Arbeitsplatz, ein Arbeitgeber oder eine Person am Arbeitplatz.
Degenhardt: Das heißt, es geht nicht ganz ohne Subventionen, wenn ich Sie richtig verstanden habe? Auch in Anbetracht der Tatsachte, dass es in Deutschland immerhin 630.000 ältere Langzeitarbeitslose gibt.
Niebel: Wenn wir ein Sozialstaat sein wollen und das wollen wir, dann müssen wir ein soziokulturelles Existenzminimum definieren, das man auch erhalten muss. Und wenn jemand von der Produktivität, die er zu leisten in der Lage ist, dieses Existenzminimum nicht erreicht, haben wir heute die Situation, dass diese Arbeitsplätze zumindest legal oder in Deutschland nicht angeboten werden. Um das zu ermöglichen für die Zukunft, müssen wir es schaffen, im Rahmen des Steuersystems einen Ausgleich zu organisieren, damit es sich auch lohnt, legal in Deutschland, eine schlechtbezahlte Arbeit anzunehmen, wenn man von seiner Produktivität her mehr nicht erwirtschaften kann.
Degenhardt: Was könnte denn Müntefering bei dieser Kombilohnidee, die wie gesagt, so noch nicht ist, im Hinterkopf gehabt haben? Schnell noch eine positive Nachricht für Ältere, bevor dann die konkreten Pläne zur Rente mit 67 kommen, was meinen Sie, Herr Niebel?
Niebel: Ich bin nicht in der Lage oder befähigt in den Kopf von Herrn Müntefering zu gucken. Ich denke mal, dass viel von dem, was wir jetzt bei dieser vermeintlich großen Koalition, die ja nur viele Mandate hat, aber nichts großes bewirkt hat, erleben, dazu dient Aktionismus zu zeigen, so nach dem Motto, die tun was. Aber einfach nur irgendetwas tun, das löst halt nicht die Probleme in diesem Land, sondern eine Regierung wird nur dann groß, wenn sie Probleme löst und das sehe ich im Augenblick noch nicht.
Degenhardt: Von wegen Aktionismus. Was halten Sie eigentlich von einem ausgeweiteten Alterskündigungsschutz, um mehr Menschen über 50 wenigstens in Arbeit zu halten? Das würde immerhin den Staat so gut wie gar nichts kosten.
Niebel: Wir haben die Erfahrung gemacht in der Vergangenheit, dass die Menschen immer sehr leicht Wege finden, um Regeln auch zu umgehen. Es gibt dieses schöne Sprichwort, das Wasser findet seinen Weg. Das gilt ganz besonders für Menschen. Ich halte sehr viel davon, Frühverrentungsprogramme abzuschaffen. Ich halte sehr viel davon, Altersteilzeit, die ja dazu führt, dass betriebliche Kosten auf die Allgemeinheit verlagert werden, abzuschaffen. Für die Zukunft natürlich unter Wahrung des Vertrauensschutzes und ich halte sehr viel davon zu akzeptieren, dass man in einer älter werdenden Gesellschaft nicht wettbewerbsfähig sein kann, wenn man verzichtet auf die Kompetenzen und Erfahrung Älterer.
Degenhardt: Aber sind diese Frühverrentungsprogramme nicht auch seinerzeit mit Hilfe der FDP auf den Weg gebracht worden?
Niebel: Ja, das war ein großer Fehler. Ich nehme hier die Gnade der späten Wahl für mich in Anspruch. Ich bin erst seit 1998 im deutschen Bundestag und ich sage ihnen klipp und klar, jedes Frühverrentungsprogramm kostet Arbeitsplätze in der legalen Wirtschaft und es kostet vor allem die sozialen Sicherungssysteme Unmengen Geld. Die nachkommende Generation, die meiner Kinder, die unserer Enkel, irgendwann finanzieren müssen und das ist der absolut falsche Weg, und wenn die Bundesregierung jetzt vorhat, auch noch im Bereich des öffentlichen Dienstes, also der ehemaligen Postmitarbeiter, ein grandioses Frühverrentungsprogramm auf den Weg zu bringen, das andere dann hinterher bezahlen müssen, dann geht das genau entgegen dem, was wir als Problemlösungskompetenzen von einer Regierung erwarten müssen.
Dirk Niebel: Guten Morgen, Herr Degenhardt! Das Problem ist ja, dass wir schon seit vielen, vielen Jahren derartige, arbeitsmarktpolitische Instrumente haben und diese Bundesregierung hat uns ja Anfang des Jahres auch einen so genannten Evaluationsbericht vorgelegt über die Reform Hartz I bis III, wo viele dieser Instrumente nicht nur als nicht wirksam, sondern zum großen Teil auch als schädlich bezeichnet worden sind. Wir haben, gerade was die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer anbetrifft, eigentlich eher andere Probleme. In Deutschland bedeutet je älter generell, desto teuerer, desto längerer Urlaub, desto mehr Kündigungsschutz und anstatt dass man guckt, was die Menschen zu leisten fähig sind, wird geguckt, ob jemand ein Dienstalter erreicht hat oder ein Lebensalter erreicht hat. Das halte ich für falsch. Wir müssen, um ältere Menschen in die Beschäftigung zurückzubringen, andere Wege gehen als diese bisher schon nicht erfolgreichen Wege, die Herr Müntefering jetzt wieder vorschlägt.
Degenhardt: Und das heißt, wir brauchen einen Wertewandel hinsichtlich der Arbeitskraft Älterer?
Niebel: Mit Sicherheit muss den Betrieben klar werden, dass sie auf die Kompetenzen und Erfahrungen ihrer älteren Arbeitnehmer zwingend angewiesen sind. Insbesondere auch in einer älter werdende Gesellschaft. Aber die Erfahrung Älterer, das zeigen uns andere Volkswirtschaften auch in Europa, sind Wettbewerbsvorteile und überall dort, wo die Erwerbsbeteiligung von älteren Menschen und von Frauen höher ist, als das in Deutschland der Fall ist, ist die Arbeitslosigkeit niedriger und beides hängt miteinander zusammen. Deswegen muss es ein Wert an sich werden, auch diese Kompetenzen in Betrieb zu halten und alles, was die Regierung jetzt, aber auch frühere Regierungen, an Frühverrentungsmöglichkeiten eingeführt haben, bewirkt genau das Gegenteil dessen, was wir brauchen.
Degenhardt: In Großbritannien beispielsweise arbeiten ja mehr ältere Menschen als in Deutschland. Da gibt es aber auch so eine Art Kombilohn. Spricht nicht also doch etwas für diese Einführung, weil es ja unterm Strich auch besser ist, auf diese Weise Arbeit zu bezahlen als Arbeitslosigkeit?
Niebel: Das klingt schön. Das führt allerdings im Endeffekt dazu, dass diese, die wir in der Vergangenheit auch schon hatten, für die unterschiedlichsten Personengruppen, meinetwegen auch für Ältere in dem Fall, das gibt es übrigens auch schon, Lohnkostenzuschuss für ältere Arbeitnehmer, führt dazu, dass im Endeffekt direkte Subventionen an einen bestimmten Arbeitsplatz irgendwie gebunden werden. Wir als Liberale sind der Ansicht, man sollte davon wegkommen, weil das zur Verzerrung am Arbeitsplatz führt und halten uns da eher mit dem Herrn Bundespräsidenten, der Anfang des Jahres in einem großen Magazin ja auch schon in einem Interview gesagt hat, wir müssen eine Art negative Einkommenssteuer organisieren - wir in der FDP, wir nennen das Bürgergeld - wo wir das Steuersystem und das Transfersystem zusammenführen, um den Menschen individuell zu unterstützen, damit es sich lohnt eine Arbeit anzunehmen, die produktivitätsorientiert bezahlt wird. Und wenn das nicht reicht, um die Existenz zu sichern, dass dann im Ausgleich des Steuer- und Transfersystems der Mensch unterstützt wird und nicht irgendein Arbeitsplatz, ein Arbeitgeber oder eine Person am Arbeitplatz.
Degenhardt: Das heißt, es geht nicht ganz ohne Subventionen, wenn ich Sie richtig verstanden habe? Auch in Anbetracht der Tatsachte, dass es in Deutschland immerhin 630.000 ältere Langzeitarbeitslose gibt.
Niebel: Wenn wir ein Sozialstaat sein wollen und das wollen wir, dann müssen wir ein soziokulturelles Existenzminimum definieren, das man auch erhalten muss. Und wenn jemand von der Produktivität, die er zu leisten in der Lage ist, dieses Existenzminimum nicht erreicht, haben wir heute die Situation, dass diese Arbeitsplätze zumindest legal oder in Deutschland nicht angeboten werden. Um das zu ermöglichen für die Zukunft, müssen wir es schaffen, im Rahmen des Steuersystems einen Ausgleich zu organisieren, damit es sich auch lohnt, legal in Deutschland, eine schlechtbezahlte Arbeit anzunehmen, wenn man von seiner Produktivität her mehr nicht erwirtschaften kann.
Degenhardt: Was könnte denn Müntefering bei dieser Kombilohnidee, die wie gesagt, so noch nicht ist, im Hinterkopf gehabt haben? Schnell noch eine positive Nachricht für Ältere, bevor dann die konkreten Pläne zur Rente mit 67 kommen, was meinen Sie, Herr Niebel?
Niebel: Ich bin nicht in der Lage oder befähigt in den Kopf von Herrn Müntefering zu gucken. Ich denke mal, dass viel von dem, was wir jetzt bei dieser vermeintlich großen Koalition, die ja nur viele Mandate hat, aber nichts großes bewirkt hat, erleben, dazu dient Aktionismus zu zeigen, so nach dem Motto, die tun was. Aber einfach nur irgendetwas tun, das löst halt nicht die Probleme in diesem Land, sondern eine Regierung wird nur dann groß, wenn sie Probleme löst und das sehe ich im Augenblick noch nicht.
Degenhardt: Von wegen Aktionismus. Was halten Sie eigentlich von einem ausgeweiteten Alterskündigungsschutz, um mehr Menschen über 50 wenigstens in Arbeit zu halten? Das würde immerhin den Staat so gut wie gar nichts kosten.
Niebel: Wir haben die Erfahrung gemacht in der Vergangenheit, dass die Menschen immer sehr leicht Wege finden, um Regeln auch zu umgehen. Es gibt dieses schöne Sprichwort, das Wasser findet seinen Weg. Das gilt ganz besonders für Menschen. Ich halte sehr viel davon, Frühverrentungsprogramme abzuschaffen. Ich halte sehr viel davon, Altersteilzeit, die ja dazu führt, dass betriebliche Kosten auf die Allgemeinheit verlagert werden, abzuschaffen. Für die Zukunft natürlich unter Wahrung des Vertrauensschutzes und ich halte sehr viel davon zu akzeptieren, dass man in einer älter werdenden Gesellschaft nicht wettbewerbsfähig sein kann, wenn man verzichtet auf die Kompetenzen und Erfahrung Älterer.
Degenhardt: Aber sind diese Frühverrentungsprogramme nicht auch seinerzeit mit Hilfe der FDP auf den Weg gebracht worden?
Niebel: Ja, das war ein großer Fehler. Ich nehme hier die Gnade der späten Wahl für mich in Anspruch. Ich bin erst seit 1998 im deutschen Bundestag und ich sage ihnen klipp und klar, jedes Frühverrentungsprogramm kostet Arbeitsplätze in der legalen Wirtschaft und es kostet vor allem die sozialen Sicherungssysteme Unmengen Geld. Die nachkommende Generation, die meiner Kinder, die unserer Enkel, irgendwann finanzieren müssen und das ist der absolut falsche Weg, und wenn die Bundesregierung jetzt vorhat, auch noch im Bereich des öffentlichen Dienstes, also der ehemaligen Postmitarbeiter, ein grandioses Frühverrentungsprogramm auf den Weg zu bringen, das andere dann hinterher bezahlen müssen, dann geht das genau entgegen dem, was wir als Problemlösungskompetenzen von einer Regierung erwarten müssen.