FDP fordert Untersuchungsausschuss zu Hypo Real Estate

Hermann Otto Solms im Gespräch mit Hanns Ostermann |
Nach Meinung des FDP-Finanzpolitikers Hermann Otto Solms müssen die Oppositionsparteien gemeinsam eine Klärung der Vorgänge um die angeschlagene Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) einfordern. "Auf immer wiederholte Fragen unserer Kollegen im Finanzausschuss hat die Bundesregierung immer ausweichend und nebulös geantwortet", sagte Solms.
Hanns Ostermann: Wird es ein politischer Showkampf, wie der Finanzminister, wie Peer Steinbrück betont, also der Wahlkampf lässt bereits jetzt grüßen? Oder werden die Oppositionsparteien ihrer Verantwortung gerecht, die Regierung zu kontrollieren? Stimmt vielleicht sogar beides? Die Rede ist vom Untersuchungsausschuss, den FDP, Grüne und Linke heute im Bundestag durchpauken wollen. Es geht um die Vorgänge bei der schwer angeschlagenen Immobilienbank Hypo Real Estate. Da eine kleine Anfrage der Liberalen völlig unzureichend beantwortet worden sei, müsse jetzt zu dieser schärfsten Waffe gegriffen werden. Immerhin gehe es um das Geld der Steuerzahler und um eine Menge Geld, so die Position der Liberalen. Am Telefon ist der Vizepräsident des Bundestages und der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Hermann Otto Solms. Guten Morgen, Herr Solms!

Hermann Otto Solms: Guten Morgen, Herr Ostermann!

Ostermann: Sie springen auf einen Zug, den als erste Partei die Linke beschlossen hat. Normalerweise haben Sie mit dieser Partei nun wirklich wenig gemeinsam. Schmälert das nicht von vornherein die Glaubwürdigkeit Ihres Anliegens?

Solms: Nein, im Gegenteil. Wir wollten den Untersuchungsausschuss wenn irgend möglich vermeiden. Aber auf immer wiederholte Fragen unserer Kollegen im Finanzausschuss, von Herrn Thiele und Herrn Essing, hat die Bundesregierung immer ausweichend und nebulös geantwortet. Und es ist nun mal die Pflicht der Bundesregierung, die Fragen der Abgeordneten zu beantworten.

Ostermann: Trotzdem fragt man sich, wie sinnvoll ist ein Ausschuss ein halbes Jahr vor der nächsten Bundestagswahl? Ihnen fehlt doch einfach die Zeit für seriöses Aufklären.

Solms: Nein, das, denke ich, wird auch in kurzer Frist erreichbar sein, wenn die Bundesregierung sich herablässt, nun endlich die Fragen des Parlaments sauber und ehrlich zu beantworten und aufzuklären, wann sie von den eigentlichen Vorgängen gewusst hat und warum sie sich dann so spät erst dafür eingesetzt hat, die Fragen der Hypo Real Estate zu klären.

Ostermann: Sie sprechen immer von der Bundesregierung, aber eigentlich haben Sie doch Peer Steinbrück, den SPD-Finanzminister im Visier?

Solms: Nun, dass Herr Steinbrück Finanzminister ist, ändert ja nichts daran, dass er Teil der Bundesregierung ist. Und die Bundesregierung ist nun mal dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Wir müssen klären, warum hier verschiedene Fragen völlig offen sind und warum es zu dieser Situation gekommen ist. Wie sich nämlich im Nachhinein herausstellt, hätte das vermieden werden können. Schon im Frühjahr 2007, also jetzt vor zwei Jahren, ist bekannt geworden durch die BaFin, also die Aufsichtsbehörde über die Banken, dass es eine Aufsichtslücke gibt. Das ist dem Finanzminister mitgeteilt worden. Wäre diese Aufsichtslücke sofort geschlossen worden, hätte es überhaupt nicht zur Beteiligung der Hypo Real Estate an der Depfa in Irland kommen müssen. Es hätte von Anfang an vermieden werden können, und dann wären wir nicht in diese fatale Situation gekommen.

Ostermann: Herr Solms, ich komme auf diesen schwierigen Punkt gleich noch mal zurück, aber ich möchte noch mal bei der Eingangsrichtung bleiben. Die Richtlinienkompetenz hat die Kanzlerin, und die gehört nachweislich der CDU an. Was die Bankenaufsicht betrifft oder auch die Antworten aus dem Finanzministerium, steht sozusagen die SPD, also der Partner in der Großen Koalition im Fokus. Was würden Sie jemandem sagen, der behauptet, die FDP reitet hier absolut auf einer populistischen Ader, wie man es ja auch in anderen Fällen durchaus behaupten kann?

Solms: Nein, die Kollegen haben der parlamentarischen Staatssekretärin gegenüber genauso wie dem Finanzminister gegenüber deutlich gemacht, dass wir eine ehrliche Beantwortung unserer Fragen erwarten, weil wir den Untersuchungsausschuss gar nicht wollten. Da aber bis zum Schluss diese Antworten nebulös geblieben sind, entsteht natürlich der Verdacht, dass da einiges vertuscht werden soll. Und das kann man ja nicht einfach stehen lassen. Unser einziges Instrument, was uns als Opposition dann verbleibt, ist eben ein Untersuchungsausschuss. Wir wollten ihn nicht, die Bundesregierung hat das selbst zu verantworten.

Ostermann: Trotzdem eiern wir Beobachter ja so ein bisschen rum und haben Schwierigkeiten zu unterscheiden, was ist Strategie und Taktik, was ist nun wirklich die Kontrollfunktion der Oppositionsparteien. Wie bewerten Sie denn da die Haltung vieler CDU-Abgeordneter, die sagen, eigentlich brauchen wir ihn auch nicht, diesen Untersuchungsausschuss, aber verhindern wollen wir ihn auch nicht?

Solms: Ja, dass es natürlich zwischen den Koalitionsparteien Spannungen gibt, das ist ja nicht neu. Sie streiten sich ja täglich über alles, was vorliegt. Man fragt sich, wie sie überhaupt noch zusammenarbeiten können.

Ostermann: Jetzt sind wir schon im Wahlkampf.

Solms: Ja, und jetzt sind wir natürlich direkt im Wahlkampf, aber das hat mit der Sachaufklärung überhaupt nichts zu tun. Es geht hier wirklich um einen riesigen Schaden. Der Bund, also die Steuerzahler, mussten schon Garantien in einer Höhe von knapp 90 Milliarden Euro herausreichen, und wie man jetzt hört, wird das überhaupt nicht ausreichen, um die Hypo Real Estate vor einem Zusammenbruch zu schützen. Und ein Zusammenbruch hätte dann fatale Folgen für viele andere Gläubiger und andere Banken – das muss vermieden werden. Die Frage ist doch, bis zu welcher Höhe soll das gehen? Was ist die Bundesregierung dann wirklich bereit zu tun? Ist eine Enteignung wirklich das letzte Mittel oder gibt es nicht normale Mittel in unserer Rechtsordnung, wie wir das in den Griff kriegen können, beispielsweise durch ein Insolvenzplanverfahren, bei dem die Zukunft der Hypo Real Estate gleich mitgeplant wird? Also hier sind so viele Fragen offen. Aber das Wichtigste ist die Frage: Hätte das Ganze nicht vermieden werden können, wenn die Bundesregierung richtig gehandelt hätte?

Ostermann: Es geht um Wahnsinnssummen, es geht um Summen in einer Größenordnung, die gleich sind oder dem entsprechen des Bundeshaushaltes bei uns in Deutschland, 280, 300 Milliarden sind da im Gespräch. Trotzdem noch eine Frage zum Schluss: Bis zum Sommer geht es darum, national und international die Finanzaufsicht neu zu organisieren. Jetzt kommt die deutsche Opposition und lenkt das Finanzministerium von seiner eigentlichen Aufgabe ab mit Vergangenheitsbewältigung. Ist das wirklich die einzig richtige Priorität?

Solms: Nein, es ist ja nicht Vergangenheitsbewältigung, denn wir sind ja mitten in dem Lösungsprozess drin. Und die Dinge, die aufzuklären sind, tragen ja dazu bei, dass man auch eine Zukunftslösung findet, aber eben auch dazu, dass wir klären, was ist falsch gelaufen und wie muss die Bankenaufsicht in Zukunft geregelt werden. Denn dass da erhebliche Fehler gemacht worden sind und erhebliche Lücken entstanden sind, das liegt ja schließlich in der Verantwortung der Bankenaufsicht, die wiederum, was die BaFin anbetrifft, der Aufsicht des Bundesfinanzministers unterstellt ist. So. Und die Bundesregierung ist nun mal in der Verantwortung, und die Aufgabe der Opposition ist es, diese Fragen zu klären, um eine Zukunftslösung zu finden, die tragfähig ist, sodass diese Probleme nicht wieder entstehen können. Wir würden uns ja dem Vorwurf aussetzen, dass wir unserer Aufgabe nicht gerecht werden, wenn wir diese Fragen nicht aufklären.

Ostermann: Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages und finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Hermann Otto Solms. Herr Solms, danke Ihnen für das Gespräch!