Fausts Vermächtnis
Unter den Pianisten gibt es mindestens drei verschiedene Typen: Literaten, Architekten und Leistungssportler – aber sie alle gehen gleichermaßen gern mit Franz Liszts h-moll-Sonate um, weil das Werk Gehirn- und Fingerfutter für ganz verschiedene Herangehensweisen bietet. Man könnte es auch anders sagen: geistige Anspannung und Virtuosität stehen sich bei diesem Stück nicht nur – wie sonst oft – als zwei Seiten einer Sache gegenüber, sondern gehen unmittelbar auseinander hervor; man bekommt das eine nicht ohne das andere.
Jürgen Otten deutet in seiner Sendung – darin den Spuren Alfred Brendels folgend – die Themenkomplexe der Sonate als Nachzeichnung eines faustisches Geschehen; schließlich hat sich Liszt in seiner Weimarer Zeit fast permanent mit dem "Faust"-Stoff (vor allem in Goethes Vermittlung) beschäftigt. Sieben Interpreten ganz verschiedener Temperamentslagen buchstabieren Liszts wild bewegtes Seelendrama, das einen Bogen zwischen den romantischen Anfängen des jungen Reisevirtuosen und dem abgründigen Nihilismus seines Spätwerkes schlägt, von A wie Argerich bis Z wie Zimerman durch.