Familienserie "This Is Us"

Taschentücher bereit halten!

Der US-amerikanische Schauspieler Milo Ventimiglia am 11.05.2017 in Berlin im Kino "Zoo Palast" bei der Premiere der US-Serie "This Is Us - Das ist Leben"
Der US-amerikanische Schauspieler Milo Ventimiglia am 11.05.2017 in Berlin im Kino "Zoo Palast" bei der Premiere der US-Serie "This Is Us - Das ist Leben" © picture alliance / Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa
Von Anna Wollner · 24.05.2017
Quotenstärkster Neueinsteiger in den USA, nominiert für den Golden Globe, Emmy-Favorit - nun läuft die Familienserie "This Is Us – Das ist Leben" im deutschen Free-TV an. Film- und Serienkritikerin Anna Wollner erzählt, was die Serie so besonders macht.
Liane von Billerbeck: In Amerika war die Familienserie "This Is Us" der quotenstärkste Neueinsteiger der laufenden Fernsehsaison, über 17,8 Millionen Zuschauer haben eingeschaltet, es gab mehrere Golden Globe-Nominierungen und auch bei den Emmys gilt die Serie als einer der Favoriten. Nachdem das Staffelfinale in den USA längst lief und Staffel 2 und 3 schon bestellt sind, ist "This Is Us" nun auch bei uns ab heute Abend im FreeTV zu sehen. Deutschlandfunk Kultur Film- und Serienkritikerin Anna Wollner hat sich die erste Staffel schon komplett angesehen. Worum geht es in der Familienserie?
Anna Wollner: Auf den ersten Blick um vier Menschen, die am gleichen Tag Geburtstag haben. Jack, der gerade darauf wartet, dass seine hochschwangere Frau für ihn strippt als ihr Fruchtwasser platzt. Der Afroamerikaner Randell, der eine Bilderbuchfamilie mit zwei Kindern, gutem Job, hübscher Frau hat. Schauspieler Kevin, der am Set seiner Sitcom "Der Manny", in der er eine männliche, meist oberkörperfreitragende Nanny spielt, ob der schlechten Qualität der Serie einen Nervenzusammenbruch bekommt und vor laufender Kamera und Studiopublikum ausrastet. Und seine Zwillingsschwester Kate, die stark übergewichtig ist und vor einem Kuchen sitzend beschließt endlich abzunehmen. Alle vier stehen in einer ganz besonderen Beziehung zueinander, die sich in der ersten Folge langsam enthüllt.
Billerbeck: Dürfen Sie darüber reden?
Wollner: Ich muss es sogar, denn anders kann man über die Serie, die eine Mischung aus "Parenthood" und "Modern Family" ist gar nicht sprechen. Denn der Clou oder auch Twist wenn man so will ist der, dass Randell, Kevin und Kate Geschwister sind und Jack ihr Vater. Bei der Geburt der Drillinge stirbt eines der Kinder, aber wie es der Zufall so will wird am Tag ihrer Geburt ein schwarzes Kind ausgesetzt und der entbindende Arzt hat für Jack einen Rat…
Ausschnitt aus "This Is Us": "Ich stell mir vor, dass Sie irgendwann so ein alter Mann sein werden wie ich. Der einem jüngeren Mann das Ohr abkaut um ihm zu erklären, wie Sie die bitterste Zitrone die einem das Leben geben kann genommen haben und es geschafft haben daraus Limonade zu machen. Wenn Sie das können, werden Sie trotzdem drei Babys aus dem Krankenhaus mit nach Hause nehmen. Nur nicht ganz so wie geplant."
Wollner: Der schwarze Randell wächst also in einem komplett weißen Umfeld auf und "This is Us" erzählt davon mit Blick auf die Vergangenheit, von den 1970ern bis in die Gegenwart. Begleitet also seine Figuren von der Geburt bis ins Erwachsenenalter
Billerbeck: Wie sind die beiden Zeitebenen miteinander verbunden?
Wollner: Jede Folge steht unter einem inoffiziellen Thema und erzählt verschachtelt auf zwei beziehungsweise manchmal sogar drei bis vier Zeitebenen aus dem Leben der Familie Pearsons. Das ist relativ clever gemacht, weil es so einen nonlinearen Einblick in die Charakterentwicklung gibt. Durch die Zeitverschiebung in die Vergangenheit wird das Verhalten in der Gegenwart erklärt und verdeutlicht und nach und nach, wie bei einer russischen Matroschka entfalten sich die Persönlichkeiten der vier Hauptfiguren.

Typisch amerikanische Figuren

Billerbeck: Sind es denn ambivalente, nachvollziehbare Figuren?
Wollner: Es sind typisch amerikanische Figuren und es klingt auf dem Papier tatsächlich seifenoperartiger als es ist. Kevin, der Schauspieler der Familie fasst es einmal ganz gut zusammen in einer der hinteren Folgen und sagt: "Meine Mutter ist verheiratet mit dem besten Freund meines toten Vaters, meine Zwillingsschwester ist stark übergewichtig und mein adoptierter schwarzer Bruder hat seit kurzem wieder Kontakt zu seinem biologischen Vater der dummerweise im Sterben liegt und schwul ist." Das ist natürlich überspitzt, aber wahr: der erfolgreiche Schwarze, der mit seiner Herkunft hadert, der Schönling, der seiner Schauspielkarriere neue Impulse setzen will und die übergewichtige Kate, die sich nur über ihr Gewicht definiert. Natürlich ist es toll, dass auch im Fernsehen verschiedene Körperbilder zelebriert werden, aber Kate wird nur darauf reduziert: auf ihren Versuch abzunehmen und einen Mann zu finden.
Billerbeck: Wie sind die Zeitsprünge schauspielerisch gelöst?
Wollner: Der einzige wirkliche Schwachpunkt, wenn die Schauspieler der Eltern Milo Ventimiglia und Mandy Moore in der Gegenwart auf alt gemacht sind. Die Kinder sind natürlich dreifach besetzt, mit Sterling K. Brown, Chrissy Metz und Justin Hartley im Erwachsenenalter. Es ist eine klassische Ensembleserie, in der sich keiner bewusst in den Vordergrund steht und auch mal Folgen lang gar nicht oder nur am Rande auftaucht
Billerbeck: Ist die Serie denn sehenswert?
Wollner: ProSieben, der Sender, der die deutschen Ausstrahlungsrechte hat, wirbt gerade massiv mit der Emotionalität der Serie, weist auf Plakaten daraufhin, dass man Taschentücher bereithalten soll – und die braucht man auch. Aber das Gute daran: Die Serie drückt zwar ganz bewusst auf die Tränendrüse, aber sie führt dabei nie vor oder labt sich am Leid seiner Helden. Sie hat etwas Alltägliches und ist – gerade wegen der Erzählstruktur und den damit einhergehenden vielen Wendungen – absolut empfehlenswert.
"This Is Us!" hat heute Abend um 21:15 Uhr seine Deutschlandpremiere auf ProSieben.
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