Faktor Bevölkerung

Von Rolf Cantzen |
Die Flut populärwissenschaftlicher Publikationen zur Entwicklung der Bevölkerung rückt eine wissenschaftliche Disziplin in den Fokus der Aufmerksamkeit, die in den zurückliegenden Jahrzehnten wenig Anerkennung und Förderung erfuhr. Es fehlte an qualifiziertem Nachwuchs, Professuren entfielen, allenfalls problematische Volkszählungen rückten die Demografie ins Bewusstsein.
Den Grund sehen Bevölkerungswissenschaftler darin, dass diese wissenschaftliche Disziplin lange Zeit mit Bevölkerungspolitik identifiziert wurde, und zwar vor allem mit der Bevölkerungspolitik der Nazis. Zu klären wäre angesichts eines derzeit wachsenden politischen Interesses an der demografischen Entwicklung: Welche Aufgaben hat Demografie? Wie kann sie ihre durch den Nationalsozialismus belastete Geschichte aufarbeiten und sich vor politischer Funktionalisierung schützen? Wie kann es gelingen, Fragestellungen – ohne Rücksicht auf politische Opportunitäten – eigenständig zu formulieren?