E-Bikes als Statussymbol
Das E-Bike boomt. Mittlerweile radeln nicht nur 60-Jährige, sondern mitunter auch 20-Jährige auf Fahrrädern mit Motor. Knapp 1400 Aussteller präsentieren auf der internationalen Fahrradmesse "Eurobike" in Friedrichshafen die neuesten Trends.
"Ich steig grad aus, bin erst mal angenehm überrascht. Und ich fahr jetzt mal los....."
Auf dem flachen Testgelände der Fahrradmesse "Eurobike" muss sich Willi Veit kaum anstrengen. Denn der Zweiradhändler aus Isny sitzt auf einem Pedelec, also auf einem Fahrrad mit elektrischem Hilfsmotor.
"Am Anfang ist das ein völlig neues Fahrgefühl, eben ungewohhnt, nicht selbst aktiv zu sein. Jetzt, auf den letzten Metern, war's richtig nett, macht Spaß."
Jeans, Sporthemd - so tritt Willi Veit immer wieder in die Pedale. Ins Schwitzen komm er, dank dem e-Motor in der Radnabe, kaum. Daher die Frage: Geht das Ganze auch im dunklen Anzug? Kann man mit dem E-Bike auch zum Theater oder in die Oper fahren?
"Ja man sollte, würde ich fast sagen...", meint Gunnar Fehlau aus Göttingen, Chefredakteur des Fahrradkulturmagazins Fahrstil.
"Wie kultiviert man eigentlich einen guten, urbanen Lebensstil, wenn nicht damit, dass man ökologisch sauber auch durch die Bewegung nicht schon ein wenig in Wallung gerät, um dann voll aufnahmefähig im Theater sein. Wir nehmen eine völlig neue gesellschaftliche Realität wahr, dass es völlig normal ist, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren oder auch ins Theater."
In der Stadt ist E-Bike oft praktischer als ein Auto
Nicht nur, dass es angesichts von Parkplatznot und langen Staus vor allem in den großen Städten ganz einfach praktisch ist, sich statt auf vier nur noch auf zwei Rädern fortzubewegen - immer mehr stößt Fahrradfahren auf gesellschaftliche Akzeptanz, ersetzt zuweilen sogar als Statussymbol das Auto. Ohnehin heißen Fahrräder längst Bikes; statt von Fahrradfahren ist von Biken die Rede, häufig auch von "E-Biken." Das hat mit einem regelrechten Boom der E-Bikes, also der Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor, in den letzten zehn Jahren zu tun. Mittlerweile werden deutschlandweit knapp eine Million solcher E-Bikes pro Jahr verkauft. Tendenz: stark steigend.
"Die Zielgruppen sind viel breiter geworden. Während wir anfangs nur von 60 Plus als Zielgruppe gesprochen haben, ist das inzwischen so, dass 30-Jährige, 40-Jährige, 50-Jährige, zum Teil 25-Jährige E-Bike fahren."
...was, glaubt Siegfried Neuberger vom Zweirad-Industrieverband, auch an einer zunehmenden Segmentierung der Fahrräder mit dem kleinen elektrischen Helflerlein liegt.
"E-Trekking-Räder, sportive Räder, E-Moutainbike ist das große Stichwort."
Doch genau das ruft auch Kritiker auf den Plan, die einen Etikettenschwindel wittern: Mountainbike - das stehe für ein Sportgerät für die richtigen Kraftprotze unter den Radlern, für die kein Hang zu steil und kaum ein Berg zu hoch ist, um ihn nicht doch mit einem geländegängigen Mountainbike zu bezwingen. Ist da aber, häufig gar nicht als solcher erkennbar, noch ein e-Motor im Spiel, dann werde die Sportlichkeit derjenigen, die da in die Pedale trete, in Wirklichkeit nur vorgetäuscht. Doch ist das wirklich so?
"Erst mal würde ich süffisant antworten: Fragen sie denn auch einen Jockey auf dem Pferd, ob er Sportler ist? Natürlich ist er Sportler, obwohl das Pferd die Arbeit tut in gewisser Weise."
Bergtour mit E-Bike
Und auch bei der Bergtour mit dem E-Bike, glaubt Gunnar Fehlau vom Fahrradkulturmagazin "Fahrstil", fließe immer noch genügend Schweiß, selbst wenn der Elektromotor ein klein wenig mithilft. E-Mountainbiking sei eine Art Mix aus Motocross mit Motorrädern und klassischem Mountainbiking mit dem Fahrrad.
"Das ist interessant aus einer kulturell-gesellschaftlichen Sicht: Wir werden grade Zeitzeuge, wie sich eine neue Sportart konstutuiert. Wir haben das klassische Moutainbike, wo diese Attribute schwitzen, schnell über das Land gleiten, schnell runter, schnell hoch fahren, sich mischt mit den Ideen vom Motocross, Und plötzlich, beim E-MTB, wächst das zusammen. Da werden wir in zwei, drei Jahren eine neue Sportart gewinnen können, die wir in ihrer Ausgestaltung noch gar nicht erkennen können."
...dann vielleicht aber auch mit festen Regeln für die E-Moutainbiker, die häufig bei Bergwanderern dafür berüchtigt sind, gerne mal auch mit High-Speed durch höhere Bergregionen brettern, die nie ein klassischer Moutainbiker zuvor gesehen hat - weil er ohne e-Motor nicht hinkommt. Der Deutsche Alpenverein hat immerhin Order an seine Hüttenwarte gegeben, keine Ladestationen aufzustellen, um die Zahl der e-Mountainbiker vor allem in höheren Regionen in einem erträglichen Ausmaß zu halten.