Gericht erlaubt Fackelumzug

Ein problematisches Signal

05:22 Minuten
Zwei aneinanderstoßende, brennende Fackeln in der Nacht.
Fackeln an sich haben keine nationalsozialistische Symbolik. Doch es kommt auf den Zusammenhang an, sagt Liane Bednarz. © Getty Images / iStockphoto /Niko Cingaryuk
Audio herunterladen
In Brandenburg hält die rechtsextreme Splitterpartei Der Dritte Weg einen Umzug mit Fackeln ab – gerichtlich genehmigt. "Problematisch" findet die Juristin Liane Bednarz, dass das Gericht einen wichtigen Zusammenhang nicht hergestellt habe.
Der Brandenburger Verfassungsschutz zeigt sich beunruhigt über die fortschreitende Radikalisierung von Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Regierung. Behördenchef Jörg Müller sieht eine „steigende Zahl von Teilnehmern“ und „Hinweise, dass bekannte Einzelpersonen, Rechtsextremisten und Gruppen versuchen, in ihrem Gebiet die normale Bevölkerung unter Ausnutzung des Themas Corona zu radikalisieren“.

Die Symbolik von Fackeln

Unter dem Motto „Wittstock sagt Nein zur Corona-Diktatur“ versammelten sich am Mittwoch mehrere hundert Menschen in der brandenburgischen Stadt – auch mit Fackeln. Die rechtsextreme Splitterpartei Der Dritte Weg hatte sich zuvor gerichtlich gegen ein Fackelverbot gewehrt. Das Berlin-Brandenburgische Oberverwaltungsgericht gab ihr Recht.
Die Versammlungsfreiheit sei ein sehr weitgehendes Grundrecht, betont die Juristin und Publizistin Liane Bednarz. Aber: „Mir leuchtet die Begründung des Oberverwaltungsgerichts nicht ein, was die Fackeln anbelangt“. Danach haben diese „für sich genommen keinen nationalsozialistischen Symbolgehalt“. In dem konkreten Kontext mit der Partei indes hätte das Gericht nach Bednarz‘ Auffassung anders entscheiden sollen.

Partei Der Dritte Weg von Nationalsozialismus geprägt

Schließlich gehe aus dem Verfassungsschutzbericht 2020 hervor, dass Der Dritte Weg „eine allumfassende Ausrichtung des individuellen Lebensstils an der nationalsozialistischen Weltanschauung“ einfordere.

Das ist eine Partei, die laut Verfassungsschutz vom historischen Nationalsozialismus geprägt ist – und dann sagt das Oberverwaltungsgericht, Fackeln hätten für sich genommen keinen nationalsozialistischen Symbolgehalt und zieht dann aber nicht den Connex, dass es vielleicht bei einer Demo des Dritten Weges doch so sein könnte.

Liane Bednarz, Juristin und Publizistin

Bednarz verweist dabei auch auf den kürzlich veranstalteten Fackelzug vor das Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping. Jetzt sei das Signal entstanden, dass Fackelzüge erlaubt seien, egal, aus welchem Spektrum sie kommen, befürchtet die Juristin: „Das finde ich wirklich schon problematisch.“
(bth, mit dpa)

Liane Bednarz ist Publizistin und promovierte Juristin mit dem Schwerpunkt Neue Rechte, Populismus und religiöse Bewegungen. Ihr Studium absolvierte sie in Passau, Genf und Heidelberg. Sie ist regelmäßige Gastkommentatorin (online) beim SPIEGEL und betreibt gemeinsam mit dem Publizisten Alan Posener den Blog „Starke Meinungen“. Weitere Texte wurden in der NZZ, der FAS und dem „Freitag“ publiziert. Im Frühjahr 2018 erschien im Droemer-Verlag ihr Buch „Die Angstprediger – Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern“.

Mehr zum Thema