EZB-Programm

Die Risiken der Draghi-Keule

Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), im Hintergrund ein Logo mit dem Eurozeichen
EZB-Chef Mario Draghi © picture alliance / dpa / Arne Dedert
Von Michael Braun · 09.03.2015
Die EZB hat ihr über eine Billion Euro schweres Anleihen-Kaufprogramm gestartet. Eines der Ziele ist ein Anstieg der Inflation. Doch mit der Geldpolitik von Mario Draghi gehen erhebliche Risiken einher, warnt Michael Braun.
Jetzt ist das letzte Mittel der Europäischen Zentralbank im Einsatz. Jetzt muss es wirken. Der Aufschwung muss also nun kommen. Die Inflationsrate muss auf knapp zwei Prozent steigen. Denn das definiert die EZB als Preisstabilität. Erst dann fühlt sie sich weit genug vom Deflationsrisiko entfernt und damit von einer sich verfestigenden Abwärtsspirale, in der Konsumenten kaum noch etwas kaufen: Es könnte ja billiger werden. In der Unternehmen nichts mehr investieren: Der Preis der neuen Maschine könnte ja sinken. Und in der nur eines hoch bleibt: Der Schuldenstand von Staat und Wirtschaft, der aber bei sinkender Wirtschaftsaktivität immer schwerer bedient werden kann und in die sichere Banken- und Finanzkrise führt.
Deflation ist ein großes Übel. Sie wird gerade in Deutschland gern unterschätzt: Zu dominant ist in der Volksseele aus historischen Gründen immer noch die Angst vor dem Gegenteil, der Inflation.
Der Reformdruck auf staatliche Schuldenmacher sinkt
Dies im Sinn, muss man der Politik der Europäischen Zentralbank unter ihrem Präsidenten Mario Draghi gleichwohl nicht folgen. Draghi ist clever genug, alles, was sich jetzt abzeichnet, der Ankündigung seines Kaufprogramms zuzuschreiben: der kommende Aufschwung, die wieder steigenden Inflationserwartungen, die wieder bessere Kreditversorgung wenigstens der privaten Haushalte.
Genauso gut könnte man dies aber auch dem Ölpreis zuschreiben, der, als er tief fiel, als Konjunkturprogramm wirkte, und nun die Inflationsraten wieder maßvoll steigen lässt. Oder der in Athen so verhassten, aber in Portugal, Spanien und Irland so erfolgreich vollzogenen Reformpolitik unter Aufsicht der Troika. In diesen Reformländern haben sich die Wirtschaftsaussichten wieder deutlich gebessert, in Griechenland auch, bevor die Regierung Tsipras ins Amt gewählt wurde.
Die gut begründbare Meinung, die Wende hätte auch ohne Draghis Billionen-Keule kommen können, macht umso mehr auf die Risiken dieser Geldpolitik aufmerksam. Sie geht mit einer Nullzinspolitik einher. Das nimmt staatlichen Schuldenmachern den Reformdruck. Alle Sparformen, vor allem die private Altersvorsorge, verlieren an Attraktivität. Wo Geld nichts kostet, wird es in überteuerte Immobilien oder Aktien investiert. Die Wahrscheinlichkeit gefährlicher Blasenbildung wächst. Kreditnehmer wie jetzt Griechenland verstehen nicht mehr, warum ihnen nicht noch mehr billiges Geld zur Verfügung gestellt wird. Billiges Geld zerstört also die Sensibilität für das Regelwerk, das sich die Euroländer für ihr Zusammenleben gegeben haben. Das schadet Europa mehr als es seinem Zusammenwachsen dient.
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