Extinction Rebellion

Ziviler Ungehorsam als Antwort auf politische Untätigkeit

07:21 Minuten
07.10.2019: Aktivisten der Extinction Rebellion werden bei einer Blockade auf der Stadhouderskade vor dem Rijksmuseum in Amsterdam von der Polizei festgenommen.
Aktivisten der Extinction Rebellion werden am 7. Oktober 2019 bei einer Blockade in Amsterdam von der Polizei festgenommen. © picture alliance / Niels Wenstedt
Simon Teune im Gespräch mit Dieter Kassel · 07.10.2019
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Die Gruppe Extinction Rebellion will für eine Woche das öffentliche Leben in etlichen Großstädten wie Berlin stören. Ist das legitim? Der Protestforscher Simon Teune verweist darauf, dass die Politik in Sachen Klima einfach nicht liefere.
Die Organisation Extinction Rebellion (Rebellion gegen das Aussterben) will ab heute den Verkehr in Berlin lahmlegen - eine ganze Woche lang. Ziel ist, auf den drohenden Klimakollaps und das massive Artensterben aufmerksam machen.
Auch in anderen Großstädten weltweit ist ein "Aufstand gegen das Aussterben" geplant. Die Protestler wollen "die alltäglichen Routinen, die unsere Lebensgrundlagen zerstören", blockieren. Neben Berlin soll es Aktionen in London, Paris, Madrid, Amsterdam, New York, Buenos Aires, Sydney, Melbourne und Perth geben.
Simon Teune, Protestforscher an der TU Berlin, sieht als Grund für die Eskalation der Proteste vor allem die untätige Politik. Seit zehn Jahren gebe es massive Proteste, Petitionen, Klagen, Demonstrationen und auch schon länger Aktionen zivilen Ungehorsams, sagt der Soziologe. Das habe dann mit Fridays for Future eine neue Dynamik angenommen:

Demonstrationen, Proteste, Klagen, Aktionstage

"Es gab die regelmäßigen Schulstreiks, es gab globale Aktionstage mit Hundertausenden, zuletzt Millionen Menschen. In Deutschland hatten wir wahrscheinlich die größten Proteste seit Jahrzehnten. Wir haben Bevölkerungsumfragen, in denen inzwischen eine klare Mehrheit sagt, Klimaschutz muss wichtiger sein als Wirtschaftswachstum - auch unter den Anhängern der FDP. Das steht in einem krassen Missverhältnis zu dem 'Weiter so', das die Bundesregierung jetzt an Maßnahmen vorgeschlagen hat."
Dass die Proteste auch in Gewalt umschlagen könnten, glaubt Teune nicht. In der Klimabewegung sei ziviler Ungehorsam die "höchste Eskalationsstufe", betont er. Die Protestler sähen es als "moralische Notwendigkeit", gewisse Grenzen zu übertreten, würden sich aber ausdrücklich zur Gewaltfreiheit bekennen.

Der Groschen ist noch nicht gefallen

Die Politik sei bisher eine Antwort auf die Klimakrise schuldig geblieben, sagt Teune:
"Die Politik muss die Rahmenbedingungen so setzen, dass es leichter ist, sich klimafreundlich zu verhalten als klimaschädlich. Ich habe das Gefühl: Da ist der Groschen bei den Verantwortlichen noch lange nicht gefallen."
(ahe)
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