Expedition ins weite Feld der Feuchtgebiete
Der Titel des Sachbuches "Bonk", der zu Deutsch "Bumsen" bedeutet, lässt den lockeren Ton erahnen, in dem Mary Roach von ihren Recherchen in der Sexualforschung berichtet. Sie nimmt die Leser mit in Archive, Institute, Kliniken, Hinterzimmer und Fabriken - überall dorthin, wo zwischen Behebung der Impotenz und Perfektionierung von Vibratoren geforscht wird.
Eine seriöse Sexualforschung gibt es erst seit gut 50 Jahren. Neben prominenten Pionieren auf diesem Gebiet - dem amerikanischen Insektenkundler Alfred Charles Kinsey, dem Gynäkologen William Masters und der Psychologin Virginia (!) Johnson - gibt es auch weniger bekannte, keineswegs aber weniger originelle Freigeister, die sich leidenschaftlich der Untersuchung des menschlichen Sexus verschreiben. Ihnen allen und ihren Vorläufern im 19. Jahrhundert widmet die amerikanische Sachbuchautorin Mary Roach ihr neues Buch "Bonk".
Übersetzt ins Deutsche heißt das "Bumsen". Der Titel lässt den Ton erahnen, in dem Mary Roach von ihren Recherchen in Geschichte und Gegenwart der Sexualforschung berichtet: als unverblümte Expedition in das weite Feld der Feuchtgebiete. Die Autorin verbindet journalistische Neugier mit wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit und ausgeprägtem Sinn für Komik. Ihr Report über die - zumindest streckenweise - äußerst bizarren Erscheinungen, die bei der Paarung von Wissenschaft und Sex entstehen, reizt zum Lachen und befriedigt auch intellektuell.
Roach nimmt den Leser mit auf eine Reise durch Archive, Institute, Kliniken, Hinterzimmer und Fabriken - überall dorthin, wo auf dem weiten Feld zwischen Behebung der Impotenz und Perfektionierung von Vibratoren geforscht wird. Was die Autorin an Erkenntnissen und Erfahrungen zusammenträgt, arrangiert sie mit leichter Hand zu einer kurzen, erhellenden Kulturgeschichte der Sexualforschung. Sie schildert die ersten Versuche Leonardo da Vincis, analysiert die erfolglosen Klitorisoperationen Marie Bonapartes, der Freudschülerin und Urgroßnichte Napoleons, und begibt sich auf die Suche nach der Penis-Kamera von Masters und Johnson.
In der Bibliothek des Kinsey-Institutes in Indiana stößt sie auf Tonbandaufnahmen "kopulierender Stinktiere und Waschbären", unmittelbar daneben lagert eine Aufnahme mit "Beischlafgeräuschen heterosexueller Paare". Unter anderem sichtet Roach das 1948 erschienene Kompendium "Urologische Kuriositäten". Unfreiwillig komisch darin der Fall eines Mannes, der mit dem Spülkasten einer öffentlichen Toilette am Penis in die Notaufnahme eines Krankenhauses getragen wird. Er hatte versucht, mit dem Loch des Spülkastens zu kopulieren.
Mit bloßer Wiedergabe solch eindrücklicher Spielarten menschlichen Sexualverhaltens gibt sich die Autorin allerdings nicht zufrieden. Sie reist nach Taiwan und wohnt einer Penisoperation bei, legt auch selbst einmal Hand an, besucht in Kairo einen Urologen, der seinen Laborratten Unterhosen aus Polyester verpasst und lässt sich auf einem dänischen Bauernhof ins Handwerk des "Sauenaufreizens" einführen. Was nach traditionellem bayerischen Kartenspiel klingt, ist nichts anderes als die sexuelle Stimulierung von Schweinen durch menschliche Inseminatoren. Schweinisch ist das nur insofern, als die betroffene Sau dadurch mehr Ferkel wirft. In diesem Zusammenhang erläutert Mary Roach wie Orgasmus und Fruchtbarkeit zusammenhängen.
Auf gut 300 Seiten reflektiert sie die ewig aktuellen Fragen nach Wesen und Wirken von Koitus, Orgasmus, Masturbation, Hormonen und allem, was damit zusammenhängt. So anschaulich, informativ und zugleich erheiternd wie in diesem Buch sind derlei Fragen selten zuvor behandelt worden.
Rezensiert von Carsten Hueck
Mary Roach: "Bonk. Alles über Sex - von der Wissenschaft erforscht"
Aus dem Amerikanischen von Irmengard Gabler.
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. 2009, 315 Seiten, 10,95 EUR
Übersetzt ins Deutsche heißt das "Bumsen". Der Titel lässt den Ton erahnen, in dem Mary Roach von ihren Recherchen in Geschichte und Gegenwart der Sexualforschung berichtet: als unverblümte Expedition in das weite Feld der Feuchtgebiete. Die Autorin verbindet journalistische Neugier mit wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit und ausgeprägtem Sinn für Komik. Ihr Report über die - zumindest streckenweise - äußerst bizarren Erscheinungen, die bei der Paarung von Wissenschaft und Sex entstehen, reizt zum Lachen und befriedigt auch intellektuell.
Roach nimmt den Leser mit auf eine Reise durch Archive, Institute, Kliniken, Hinterzimmer und Fabriken - überall dorthin, wo auf dem weiten Feld zwischen Behebung der Impotenz und Perfektionierung von Vibratoren geforscht wird. Was die Autorin an Erkenntnissen und Erfahrungen zusammenträgt, arrangiert sie mit leichter Hand zu einer kurzen, erhellenden Kulturgeschichte der Sexualforschung. Sie schildert die ersten Versuche Leonardo da Vincis, analysiert die erfolglosen Klitorisoperationen Marie Bonapartes, der Freudschülerin und Urgroßnichte Napoleons, und begibt sich auf die Suche nach der Penis-Kamera von Masters und Johnson.
In der Bibliothek des Kinsey-Institutes in Indiana stößt sie auf Tonbandaufnahmen "kopulierender Stinktiere und Waschbären", unmittelbar daneben lagert eine Aufnahme mit "Beischlafgeräuschen heterosexueller Paare". Unter anderem sichtet Roach das 1948 erschienene Kompendium "Urologische Kuriositäten". Unfreiwillig komisch darin der Fall eines Mannes, der mit dem Spülkasten einer öffentlichen Toilette am Penis in die Notaufnahme eines Krankenhauses getragen wird. Er hatte versucht, mit dem Loch des Spülkastens zu kopulieren.
Mit bloßer Wiedergabe solch eindrücklicher Spielarten menschlichen Sexualverhaltens gibt sich die Autorin allerdings nicht zufrieden. Sie reist nach Taiwan und wohnt einer Penisoperation bei, legt auch selbst einmal Hand an, besucht in Kairo einen Urologen, der seinen Laborratten Unterhosen aus Polyester verpasst und lässt sich auf einem dänischen Bauernhof ins Handwerk des "Sauenaufreizens" einführen. Was nach traditionellem bayerischen Kartenspiel klingt, ist nichts anderes als die sexuelle Stimulierung von Schweinen durch menschliche Inseminatoren. Schweinisch ist das nur insofern, als die betroffene Sau dadurch mehr Ferkel wirft. In diesem Zusammenhang erläutert Mary Roach wie Orgasmus und Fruchtbarkeit zusammenhängen.
Auf gut 300 Seiten reflektiert sie die ewig aktuellen Fragen nach Wesen und Wirken von Koitus, Orgasmus, Masturbation, Hormonen und allem, was damit zusammenhängt. So anschaulich, informativ und zugleich erheiternd wie in diesem Buch sind derlei Fragen selten zuvor behandelt worden.
Rezensiert von Carsten Hueck
Mary Roach: "Bonk. Alles über Sex - von der Wissenschaft erforscht"
Aus dem Amerikanischen von Irmengard Gabler.
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. 2009, 315 Seiten, 10,95 EUR