Existenzielle Bedrohung

13.02.2012
Im Berlinale-Wettbewerb feierte am Sonntag der neueste Film des philippinischen Regisseurs Brillante Mendoza seine Weltpremiere. Anhand realer Tatsachen und mit Isabelle Huppert in der Hauptrolle zeigt der Film einen Entführungsfall, der sich 2001 auf Philippinen ereignet hat.
Die Philippinen im Jahr 2001 - vermummte und bewaffnete Männer der slamistischen Abu-Sayyaf-Gruppe dringen in ein Hotel ein und kidnappen zwölf ausländische Gäste, Touristen und christliche Missionare. Der Anschlag hatte eigentlich Mitarbeitern der Weltbank gegolten, aber diese sind bereits abgereist.

Was nun beginnt, ist ein strapaziöser Marsch durch den philippinischen Urwald, bei dem sich Entführte und Entführer gegen die Launen der Natur wehren müssen. Das Klima der Angst und des Hasses verwandelt sich eine seltsame, symbiotische Nähe zwischen Geiselnehmern und Geiseln.

Das ist der Plot für "Captive", den neuesten Film des philippinischen Regie-Stars Brillante Mendoza, der auf der Berlinale in Berlin im Wettbewerb läuft, eine philippinisch-französisch-deutsch-britische Koproduktion mit Isabelle Huppert in der Hauptrolle.

Wie in seinen früheren Filmen lädt Mendoza dazu ein, in die verstörenden und höchst ambivalenten Innenwelten eines in sich abgeschlossenen Universums einzutauchen. An Originalschauplätzen gedreht, fragt der Film nach existenziellen Bedrohungen durch Mensch und Natur und nach realen und spirituellen Auswegen aus der Krise.

Wie Mendoza im Deutschlandradio Kultur sagte, war es ihm wichtig, den damaligen Entführungsfall in einen größeren, politischen Zusammenhang zu stellen, der sich heute anders als damals darstelle, zum Beispiel in der Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Religionen:

"Alle Länder haben ihre eigenen, kleinen oder großen Probleme, je nach Betrachtung. Die Philippinen sind da keine Ausnahme. Bei uns sind es Probleme mit den Moslems im Süden der Philippinen. Mir ist es wichtig, dies zu thematisieren, weil es um Fragen geht, auf die wir Antworten finden müssen. Mit Filmen erreichen wir die Menschen. Wir wollen sensibilisieren und aufrütteln, wir dürfen dieses Problem nicht aus den Augen verlieren, egal, ob es vor elf Jahren passiert ist.
Wenn man darüber nicht spricht, wird es vergessen und das Problem nicht gelöst."

Um das Geschehen während der Entführung adäquat darzustellen, hat sich Mendoza mit den damals Betroffenen unterhalten, unter anderem mit einem Journalisten, der zu den Entführten gehörte. Dieser habe ihm bestätigt, dass sich die Geiselgangster durch den zu dieser Zeit stattfindenden Anschlag auf das World Trade Center bestätigt sahen:

"Im Grunde ist das, was wir im Film zeigen, wirklich passiert. Sie haben tatsächlich so reagiert, als die Anschläge vom 11. September passiert sind. Es hat sich nicht so stark ausgewirkt wie auf unsere Gefühle, aber es hat ihnen Kraft gegeben und sie bestärkt, diese Separatisten im Süden der Philippinen. Es ist beängstigend, wissen Sie, deshalb wollte ich zeigen, wie es in der Realität passiert ist."

Das vollständige Gespräch können Sie mindestens bis zum 13.8.2012 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.