Ex-THW-Chef Albrecht Broemme

Der Mann, der das Corona-Krankenhaus baut

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Albrecht Broemme steht in seinem Büro in der Messe in Berlin. Vor sich hält er ein Schild mit der Aufschrift Corona-Behandlungszentrum Jafféstraße.
Albrecht Broemme ist ein Macher. Binnen weniger Wochen will er ein Notkrankenhaus mit 1000 Beatmungsgeräten einrichten. © Deutschlandradio / Sebastian Engelbrecht
Von Sebastian Engelbrecht · 23.03.2020
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Die Not ist groß. Deshalb ist Albrecht Broemme gefragt. Der ehemalige Präsident des Technischen Hilfswerks ist eigentlich schon im Ruhestand. Plant nun aber in Berlin eine 1000-Betten-Klinik nur für Coronapatienten.
Wer Flüchtlingslager aufgebaut und betrieben hat, wer den Folgen von Erdbeben und Sturmfluten getrotzt und eigenhändig Menschen aus brennenden Gebäuden gerettet hat – den kann ein Coronavirus nicht schrecken. Albrecht Broemme, 66 Jahre alt, war bis 2006 Chef der Berliner Feuerwehr und bis 2019 Präsident des Technischen Hilfswerks (THW). Ein Mann, der im größten Chaos Ruhe und Zuversicht ausstrahlt. Der sich auch unter Druck Zeit nimmt für das, was er gerade tut.
Vor acht Tagen erhielt Broemme von der Berliner Gesundheitssenatorin den Auftrag, eine zusätzliche Klinik für 1000 Patienten zu bauen, die am Coronavirus erkrankt sind. "Wenn man eine Woche nach Auftragserteilung schon mit den Bauarbeiten beginnt, halte ich das für rekordverdächtig", sagt er.

Baubeginn nach einer Woche

In dieser Woche beginnen die Bauarbeiten in der Halle 26 auf dem Berliner Messegelände, wo 2015 schon Flüchtlinge ein Obdach fanden: ein dreigeteiltes Wellblechgebäude am Rande der Messe. Eine Mauer soll die Halle künftig vom Rest des Geländes trennen.
"Was ich spüre, ist, dass ein unglaubliches Interesse besteht, aus vielen Bereichen der Wirtschaft, der Politik, der Landespolitik, auch bis hin zur Bundespolitik, dass Menschen sich jetzt schon melden: Wir könnten doch das und das machen, ich biete mich an mit dem und dem. Dann müssen wir nur jetzt kanalisieren, damit auch diese Angebote entweder entschieden werden oder dankend abgelehnt werden."
Die wichtigsten Partner des katastrophenerfahrenen Helfers sind die Berliner Gesundheitsverwaltung, die Krankenhäuser der Stadt, die Bundeswehr und die Messe selbst. Mit ihrer Hilfe wird Broemme Container für die Leitung und Verwaltung des Krankenhauses neben die Halle setzen lassen.

Zwei Tage für den Entwurf

Dem Architekten hat er zwei Tage Zeit gegeben, das Innere der Notklinik zu entwerfen. Auf einen Eröffnungstermin will er sich jetzt noch nicht festlegen. Broemme plant innerhalb von ein paar Wochen, "dass wir im Innenausbau mit Trockenbau-, mit Messebauleuten praktisch lauter einzelne Krankenzimmer bauen für zwei oder drei oder vier Betten. Müssen wir mal sehen, einschließlich der Entlüftung, einschließlich der Belüftung, einschließlich der Sauerstoffversorgung."
Nicht zu vergessen: Der neue Fußboden, den die Halle bekommt. Hygienisch wie in jedem Krankenhaus. 20 bis 30 Millionen Euro wird der Aufbau kosten, schätzt Albrecht Broemme.

Personalsuche inklusive

In Kürze wird er sich gemeinsam mit der Berliner Gesundheitssenatorin an die Öffentlichkeit wenden. Denn zu seinen Aufgaben gehört auch, das Personal zu finden: 600 bis 800 Ärztinnen und Ärzte, Schwestern, Pfleger, Hilfskräfte.
Pensionäre, Studentinnen und Studenten will er gewinnen. "Dann gibt’s natürlich ganze Bereiche von medizinischen Teilen, die gar nicht mehr aktiv sein können. Also eine Schönheitsklinik muss vielleicht nicht mehr arbeiten, und die haben auch Personal, beatmungserfahrene Leute. Wir haben den Bereich der Sportmedizin, wir haben Reha-Kliniken, also es gibt ganze Bereiche, wo man sagen kann: Die könnten dann auch Personal abstellen, weil sie jetzt keine Arbeit haben, solange wie das jedenfalls so ist."

1000 Betten mehr Betten mit Beatmung

Über 1800 Betten mit Beatmungsmöglichkeiten verfügen die Berliner Krankenhäuser schon, mit dem "Corona-Behandlungszentrum Jafféstraße" sollen 1000 weitere hinzukommen. "Ob wir die brauchen, wissen wir nicht, aber wir haben dann eben den Puffer", sagt Broemme. "Das ist wie so eine Ziehharmonika, so ein Puffer: Der wird mal voller sein, mal leerer, wenn ich mir das so vorstelle, und je leerer er ist, desto besser funktioniert es in den Krankenhäusern."
Die Ad-hoc-Klinik soll nicht die allerschwersten Fälle aufnehmen. Es wird auch keinen Publikumsverkehr geben. Broemmes Klinik soll für die Patienten da sein, die in anderen Kliniken keinen Platz mehr haben. Ihre Sauerstoffversorgung soll dann das neue Behandlungszentrum auf dem Messegelände übernehmen.

Sein Cello hat Pause

Der Pensionär Broemme hatte eigentlich schon begonnen, zu Hause aufzuräumen und Cello zu spielen. Jetzt ist er zurück in seinem alten Leben: Telefonate, E-Mails, Sitzungen, Finanz- und Baupläne beschäftigen ihn. Trotz allem bleibt er zuversichtlich: "Mit Gottes Hilfe werden wir es schaffen."
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