Ex-Botschafter: Britische Monarchie ist stabil

Moderation: Marcus Pindur · 29.04.2011
Sir Peter Torry, ehemaliger britischer Botschafter in Deutschland, sieht die britische Monarchie fest verankert und Queen Elizabeth II. unverändert mit hohen Beliebtheitswerten.
Marcus Pindur: Nach monatelangen Vorbereitungen für die Märchenhochzeit von William und Kate ist es soweit: Der künftige Thronfolger Großbritanniens heiratet vor einem Milliardenpublikum in aller Welt die bürgerliche Kate. Aus der Millionärstochter wird eine Prinzessin. Viele Briten hoffen, dass das frisch vermählte Paar der Modernisierung der fast 1000 Jahre alten und manchmal ziemlich verstaubten Monarchie ein wenig Auftrieb gibt. Wir sprechen jetzt mit Sir Peter Torry, ehemaliger britischer Botschafter in Deutschland. Guten Morgen, Herr Torry!

Peter Torry: Guten Morgen!

Pindur: Braucht die britische Monarchie diese Glanz- und Glitzerereignisse, um überhaupt noch am Leben zu bleiben?

Torry: Also, das hilft, aber ich glaube, wir brauchen es nicht. Die Monarchie – meiner Meinung nach – ist dank unserer jetzigen Königin ziemlich fest verankert im Land. Sie hatten eine schwierige Zeit kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, als Edward VIII. abdankte, und seitdem glaube ich, dass die Monarchie eine neue Rolle, die jetzige moderne Rolle gefunden hat. Es hat gedauert, wissen Sie? Ein König hat seinen Kopf verloren, vor 300 Jahren, weil er die Rolle nicht ganz verstand, was recht war.

Pindur: Immer wieder, wenn von der Monarchie in Großbritannien die Rede ist, und welchen Sitz im Leben der Briten sie hat, kommt der Zweite Weltkrieg zur Sprache und die Rolle, die das Königshaus damals gespielt hat. Warum ist das so wichtig?

Torry: Der damalige König, Georg VI. - mit Winston Churchill - hat eine sehr wichtige Leitungsrolle, Führungsrolle gespielt. Er ist zum Beispiel in London durch den Blitz (Anm. der Redaktion: Gemeint sind die Luftangriffe auf London durch Nazi-Deutschland) geblieben. Er war in seinem Palast, aber er hat die Bomben erlebt. Ich finde, das spielt eine Rolle, aber viel wichtiger ist die Rolle, die die jetzige Königin in den letzten 60 Jahren – Sie wird das 60-jährige Jubiläum nächstes Jahr feiern – die Rolle, die die jetzige Königin gespielt hat. Sie ist sehr beliebt.

Pindur: Was ist das, was die Briten daran gerne haben? Ist das dieses Element der Stabilität, der Kontinuität im Leben in einer sich ziemlich schnell wandelnden, globalisierenden Welt?

Torry: Jedes Land muss ein Staatsoberhaupt haben. Deutschland hat einen Präsidenten, wir haben eine Monarchie. Die Frage ist: Sind Sie besser dran mit einer Monarchie mit allen Vorteilen und Nachteilen oder mit einem Präsidenten mit allen Vorteilen und Nachteilen? Wir haben unser System seit – wie Sie eben gesagt haben – über 1000 Jahren, die Monarchie spielt bei Weitem nicht die Rolle heutzutage, die sie vor 200 Jahren gespielt hat. Die Monarchie hat sich geändert, es ist eine konstitutionelle Monarchie – viel hängt von der Persönlichkeit der jetzigen Königin ab. Zum Beispiel in Australien: Es wird ständig debattiert, soll Australien einen Präsidenten wählen oder wird Australien bei dem jetzigen System bleiben? Und ich glaube, mit der Queen Elizabeth wird Australien keine Republik sein. Aber es kann wohl sein, dass mit einem neuen Monarch in England die Frage wieder aktuell wird.

Pindur: De facto ist ja Großbritannien eine moderne Republik, ein demokratisches Staatswesen, da ist so ein bisschen Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, dass man dann noch die Monarchie hat. Meinen Sie denn, dass es tatsächlich Zukunft hat und dass dieses Modell auch jetzt durch Kate und William vielleicht ein wenig Auftrieb bekommen wird?

Torry: Ich glaube schon, aber Kate und William, die werden warten müssen. Der nächste wird Charles sein, und wer weiß, wann er König sein wird, aber er kommt. Sie müssen auch verstehen, die Monarchie, also die Königin, muss sehr, sehr vorsichtig sein in Großbritannien, keine politische Stellung zu nehmen. Sie ist nicht parteipolitisch. Sie muss sich zurückhalten, aber hinter den Kulissen hat sie möglicherweise – hat sie eine sehr einflussreiche Rolle. Sie ist eine so erfahrene Frau. Ich konnte Sie erleben, als sie ihren Staatsbesuch nach Deutschland abstattete vor sechs oder sieben Jahren. Sie hat alle Bundeskanzler und jeden Bundespräsidenten seit Gründung der Bundesrepublik kennengelernt. Sie ist eine Frau, die sehr, sehr gute Ratschläge an Politiker geben kann, aber das muss hinter den Kulissen passieren. In der Öffentlichkeit muss sie unparteipolitisch sein.

Pindur: Also das Geheimnis des Erfolgs des britischen Königshauses liegt auch in der Tatsache begründet, dass sich die Monarchie immer mehr aus der aktuellen Politik zurückgezogen hat und eben Demokratie und Rechtsstaat mehr Raum gegeben hat?

Torry: Das ist mit Sicherheit ein Punkt, aber ich denke jetzt diese fast 60 Jahre zurück. Der einzige Moment, wo ich glaube, wir Schwierigkeiten hatten, war kurz nach dem Tod von Lady Di. Und die Monarchie, glaube ich, hat ein bisschen langsam reagiert, nicht schnell genug reagiert. Die sind in Balmorral geblieben…

Pindur: … in Schloss Balmorral in Schottland.

Torry: … in Schottland. Es war eine Stimmung in London – die wollten die Königin sehen. Die ist zurückgekommen. Aber in 60 Jahren, das ist der einzige Moment, wo ich spüren konnte, dass möglicherweise etwas schiefgegangen war. Aber sonst hat die Königin uns wirklich eine Stabilität, eine Kontinuität gegeben, die andere Länder manchmal vermissen. Und ich glaube, die Tatsache, dass so viele Leute – Sie haben gesagt: Milliarden werden das Spektakel in London heute anschauen im Fernsehen – es ist, gerade weil so viele Leute – zum Beispiel hier in Deutschland! – vermissen die Monarchie hier. Keiner wird sagen, Deutschland soll eine Monarchie sein, aber es sind Leute, die dieses traditionelle System sehr gern hätten.

Pindur: Herr Torry, vielen Dank für das Gespräch!

Torry: OK, vielen Dank, auf wiederhören!