Ex-Bauhauschef und Städteplaner Rolf Kuhn

Gestalter geschundener Landschaften

34:14 Minuten
Rolf Kuhn im Ausstellungs- und Informationszentrum der IBA Internationalen Bauausstellung in Großräschen mit Blick auf den entstehenden Ilse-See im früheren Tagebau Meuro
Rolf Kuhn steht vor dem entstehenden Ilse-See, der früher der Tagebau Meuro war. © picture alliance / dpa / Peter Jähnel
Rolf Kuhn im Gespräch mit Ulrike Timm · 28.02.2019
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Eigentlich ist er Städteplaner. Doch mit dem Umbau des ehemaligen Braunkohletagebaus in der Lausitz hat Rolf Kuhn hat vor allem Landschaft gestaltet: Der Ex-Bauhaus-Chef machte aus einer industriell geprägten Mondlandschaft eine von Seen durchzogene Kulturregion.
Dass in der Lausitz aus einer industriell geprägten Mondlandschaft eine von Seen durchzogene Kulturlandschaft wurde, ist unter anderem dem Visionär und Stadtplaner Rolf Kuhn zu verdanken. Er leitete den Umbau der durch den Braunkohleabbau verschandelten Region über viele Jahre im Rahmen eines Projektes der Internationalen Bauausstellung (IBA).

Doktorarbeit über Plattenbauten

Schon als Rolf Kuhn zu DDR-Zeiten in Weimar Städte- und Gebietsplanung studierte, interessierte er sich für die Auswirkungen von technischen Planungen auf betroffene Menschen. So war die Frage, wie sich die Bewohner der neuen Plattenbauten fühlen, Thema seiner Doktorarbeit
Nachdem die DDR Ende der 60er-Jahre im Zuge des "kulturellen Tauwetters", wie Kuhn es nennt, die vergessene Institution des Bauhauses in Dessau wiederentdeckt hatte, wurde er 1987 dort Direktor. Er blieb es elf Jahre lang und begleitete die Einrichtung auch durch die Wende. Zuhause sitzt er gerne noch auf den Freischwinger-Stühlen von Marcel Breuer.
"Ich liebe schon die Architektur, die Klarheit. Aber was oft unterschätzt wird, ist, dass zu dieser Funktionalität und Rationalität eben die Schönheit, das Besondere im Gestalten gehört."

Freude über Bauhaus-Boom

Das Zusammenarbeiten von technisch und künstlerisch orientierten Menschen habe die Eigenheit des Bauhauses ausgemacht. Über die Aufmerksamkeit, die das Bauhaus derzeit bekommt, freut Kuhn sich:
"Es werden drei neue Museen gebaut. Es werden in allen Teilen Deutschlands Veranstaltungen durchgeführt, die auf das Bauhaus hinweisen oder aus der Bauhaus-Geschichte kommen. Ich finde es sehr schön, dass eine Institution, die experimentell war, die etwas Neues wollte, die sich gegen die rechte Seite, gegen die Nazis gestellt hat, eine solche Beachtung findet."
Blick über den Großräschener See mit den Weinhängen und der Seebrücke. Der ehemalige Braunkohletagebau Meuro wird seit einigen Jahren geflutet. 
Blick über den Großräschener See mit den Weinhängen und der Seebrücke. Der ehemalige Braunkohletagebau Meuro wird seit einigen Jahren geflutet. © dpa / picture-alliance / Patrick Pleul
Mit Anfang 50 suchte Kuhn nach einer neuen großen Herausforderung und fand sie in dem Posten als Chef der Internationalen Bauausstellung in der Lausitz südlich von Berlin. Er sei zwar schon mal in Cottbus gewesen und auch mal im Spreewald, "aber von der Lausitz und vor allem von diesem Braunkohlegebiet hatte ich keine Ahnung."
Als er dann zum ersten Mal die Dimensionen der Folgeschäden sah, war er schockiert:
"Also, es sah schrecklich aus. Sowohl die Landschaft, die ja verwundet war, die man gar nicht mehr als Landschaft bezeichnen konnte, etwas Aufgewühltes, etwas Kaputtes, aber auch die Dörfer und Städte, grade Großräschen, wo ich dann hingezogen bin, war ein sehr unwirtlicher Ort und ich konnte mir erst gar nicht vorstellen, dort leben zu können, was ich jetzt gerne tue."

Viele Ideen hat er durchgefochten

Zwischen 1998 und 2010 betrieb er seine neue Aufgabe mit großer Leidenschaft, überzeugte Betroffene und Entscheidungsträger vom Sinn des gigantischen Umbaus einer ganzen Landschaft. Viele gestalterische Ideen, die heute das sogenannte Fürst-Pückler-Land prägen, hat er durchgefochten.
Heute, fast zehn Jahre später, blickt der 72-Jährige stolz auf sein Lebenswerk, das ihn weiterhin beschäftigt. Er und seine Frau leben mitten in der Lausitz in einer alten Apothekervilla, die sie neu aufgebaut haben.
(ma)
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