Ex-Bahnchef: Landesregierung versäumte bei "Stuttgart 21“ richtigen Zeitpunkt

28.08.2010
Der ehemalige Bahnchef Johannes Ludewig hat die baden-württembergische Landesregierung dafür kritisiert, den richtigen Zeitpunkt für die Umsetzung des Projektes "Stuttgart 21" verpasst zu haben.
Vor zehn Jahren sei eine Entscheidung über den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes aus Finanzierungsgründen an der Landesregierung gescheitert, sagte Ludewig im Deutschlandradio Kultur: "Damals gab es diese Proteste überhaupt nicht, damals waren die Leute eigentlich eher angetan davon."

"Stuttgart 21" sei ein klassisches Beispiel dafür, was passiere, wenn man ein Projekt nicht in einer angemessenen Frist auf den Punkt bringe, so Ludewig. Er selbst habe das Projekt 1999 gestoppt, weil die Landesregierung sich nicht wirklich an der Finanzierung habe beteiligen wollen: "Ich habe damals abgelehnt, dieses Projekt durchzuführen zu Lasten der anderen Projekte in Deutschland, die aus meiner Sicht genauso wichtig waren – vor allem die Erhaltung des Bestandsnetzes."

Heute dagegen sei das Projekt "Stuttgart 21" sinnvoll, so Ludewig, weil die Landesregierung ihre Position geändert habe und an der Finanzierung wesentlich beteiligt sei: "So, wie ich das verstehe, steht das Projekt heute finanziell gesehen auf soliden Beinen." Es gehe nicht nur um den Hauptbahnhof, sondern um die Anbindung des Flughafens in Stuttgart und die Weiterführung der Strecke in Richtung Ulm und München mit wesentlich kürzeren Fahrzeiten.

Alle Gremien, die bei "Stuttgart 21" eine Rolle spielten, seien seit Jahren beteiligt worden, sagte Ludewig: "Niemand kann wirklich sagen, er hätte da keine Zeit gehabt, sich darüber zu informieren." Aus der Sicht der Bahn sei die Anbindung einer großen Wirtschaftsmetropole in ein europäisches Verkehrssystem eigentlich ein Riesenprivileg. Er verstehe allerdings, dass Bürger in Stuttgart, vor allem ältere Menschen, kein Bedürfnis nach andauerndem Baubetrieb vor ihrer Tür hätten.

Hören Sie das vollständige Gespräch mit Johannes Ludewig mindestens bis zum 28. Januar 2011 als mp3-Audio .
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