Evolution des Lachens

Von Marko Pauli · 12.07.2009
Wenn man etwas über die Evolution des menschlichen Lachens herausfinden will, kann man das nicht anhand archäologischer Funde tun. Unsere nahesten Verwandten dagegen könnten einiges über den Ursprung unseres Lachens verraten.
Babys können lachen, überall auf der Welt. Selbst wenn sie nicht sehen oder hören können lachen sie, zum Beispiel wenn man sie ... kitzelt!

"Demzufolge nimmt man an, dass Lachen eine angeborene Grundlage hat. Was liegt da näher, als unsere nächsten biologischen Verwandten vor diesem Hintergrund zu untersuchen und das sind die großen Menschenaffen, dazu gehören Orang-Utans, Gorillas, Bonobos und Schimpansen."

Und: Alle vier Menschenaffenarten lachen - das haben Elke Zimmermann, Professorin an der tierärztlichen Hochschule Hannover, und ihr internationales Forscherteam herausgefunden.

Auch dieser Gorilla, er drückt seinen Fuß gegen die Gitterstäbe und lässt sich von seinem Pfleger die Fußsohle kitzeln. Auf diese Art, also durch Kitzeln, konnten etwa 800 unter gleichen Bedingungen entstandene Lach-Laute von Menschenbabys und Menschenaffen aufgezeichnet, vermessen und verglichen werden. Auffällig war zunächst einmal, dass wir stimmhaft lachen

Lachendes Baby

… während die Lachlaute beim Orang-Utan …

Orang-Utan-Lachen

…und beim Gorilla …

Gorilla-Lachen

stimmlos und gehechelt sind. Die Schimpansen lachen auch beim Ein- und Ausatmen, doch treten hier stimmhafte Elemente hinzu

Schimpansen-Lachen

Die Schimpansen stehen dem Menschen genetisch gesehen verwandtschaftlich näher als Gorillas oder Orang-Utans.

Die Forscher haben nun das Lachen mit der genetischen Verwandtschaft verglichen. Elke Zimmermann:

"Das heißt, wenn wir Lautähnlichkeiten vergleichen zwischen Menschenaffen und dem Menschen, da haben wir ganz überraschend festgestellt, ja, es sieht vollkommen gleich aus: Lautähnlichkeiten reflektieren praktisch die Verwandtschaftsähnlichkeiten, die man aufgrund von molekulargenetischen Untersuchungen genau weiß."

Das heißt: Je näher eine Affenart mit dem Homo sapiens verwandt ist, desto ähnlicher wird das Lachen. Während Orang-Utans und Gorillas kaum hörbar kichern und keckern, klingt es beim Schimpansen und Bonobo manchmal bereits menschentypisch melodiös.

Bonobo Lachen

Aus der Gemeinsamkeit lässt sich ableiten, dass Menschen und Menschenaffen einen gemeinsamen, bereits lachenden Vorfahren hatten, der vor etwa 10 bis 16 Millionen Jahren lebte.

"Und dann gibt es graduelle Veränderungen, die dann zum Orang-Utan beziehungsweise zum Gorilla, zum Schimpansen, zum Bonobo beziehungsweise zu uns geführt haben."

In Hagenbecks Tierpark in Hamburg sind einige dieser uns nahen Verwandten zuhause. Eine Familie der stark gefährdeten Orang-Utans lebt seit mehreren Genrerationen hier, das jüngste Mitglied ist zwei, das Älteste 48 Jahre alt. Früher war ihr Pfleger Claus Claussen oft bei ihnen und hat sie auch mal gekitzelt. Aus Sicherheitsgründen passiert das heute nur noch in Ausnahmefällen.

"Ich erinnere mich an einen, Shui, der lebt jetzt in Budapest seit vier Jahren, der war damals so sieben, acht Jahre alt, der hat sich immer gerne kitzeln lassen. Der hat immer probiert, dass so’n bisschen zu unterdrücken, seine Geräusche (macht nach). So nach dem Motto will ich nicht, also wollt schon ... Was für Geräusche da raus kamen, das war halt minimal, das war so’n , schwierig zu sagen. Aber kein typisches menschliches Lachen, aber irgendwas haben die schon von sich gegeben."

Doch manchmal hilft auch gekonntes Kitzeln nichts, wie Elke Zimmermann und ihr Team herausfinden konnten:

"Bei Orang-Utans gibt es durchaus auch Affen, die nicht gelacht haben. Die haben zwar die Mimik gezeigt, aber die Mimik nicht durch Vokalisationen unterlegt. Bei Schimpansen und Bonobos war es so, dass dort Kitzeln eigentlich regelmäßig zu Vokalisationen führt. Es könnte sein, dass das bei Orang-Utans tatsächlich noch nicht so ritualisiert ist, noch nicht so zum Spiel mit dazu gehört, wie das schon bei Bonobos und Schimpansen ist."

Ob Schimpanse oder Orang - dass unter Menschenaffen gelacht wird, hat das Team um Elke Zimmermann bewiesen. Nun gehen die Forscher der Frage nach, inwieweit das Lachen auch zielgerichtet eingesetzt wird. Zum einen will man natürlich herausfinden, was uns Menschen vom Affen unterscheidet, aber auch, wie viel Affe in uns steckt.