"Everything will be fine"

Wenders kann's doch noch

Regisseur Wim Wenders (l-r), die französische Schauspielerin Charlotte Gainsbourg und US-Schauspieler James Franco posieren am 10.02.2015 in Berlin während der 65. Internationalen Filmfestspiele auf dem Fototermin zu "Every Thing Will Be Fine". Der Film läuft im Wettbewerb der Berlinale außer Konkurrenz.
Regisseur Wim Wenders (l-r), die französische Schauspielerin Charlotte Gainsbourg und US-Schauspieler James Franco beim Berlinale-Fototermin zu "Every Thing Will Be Fine" © picture-alliance / dpa / Jens Kalaene
Von Jörg Taszman · 01.04.2015
Filmkritiker Jörg Taszman, einst ein großer Wim-Wenders-Fan, war von den jüngsten Spielfilmen des Regisseurs alles andere als begeistert. "Everything will be fine" überzeugt ihn dagegen als feinfühliges Familiendrama in 3D.
In den 80er-Jahren war ich Wenders-Fan. Als "Paris Texas" ins Kino kam, wollte ich den Film unbedingt am Starttag zur ersten Vorstellung sehen. Das war vor fast 31 Jahren. Seitdem drehte Wenders noch einen wirklich guten Spielfilm: "Himmel über Berlin". Es folgten überambitionierte Werke, die zwischen Genie und Mittelmäßigkeit schwankten wie "Bis ans Ende der Welt" und "In weiter Ferne so nah". Und dann in den letzten 20 Jahren hier und da ein überzeugender und erfolgreicher Dokumentarfilm wie "Pina". Die Spielfilme konnte man bis auf den halbwegs passablen "Don't come knockin" vor zehn Jahren fast alle vergessen.
Zurückhaltend inszeniert
Nun also ein neuer Wenders, auf der Berlinale dezent außerhalb des Wettbewerbs uraufgeführt und dazu in 3D. Wenders war schon immer schnell von neuen, technischen Möglichkeiten des Kinos fasziniert. Diesmal hat er einen sehr untypischen Wenders gedreht: der Film hat keine überdeutliche, humane Message. Er ist nicht so pseudonaiv oder angestrengt poetisch, stattdessen ein Familiendrama auf mehreren Ebenen. Die Geschichte ist folgende: Ein Schriftsteller in einer Schreibkrise verursacht in den schneeweißen Weiten Kanadas einen tragischen Unfall mit weitreichenden Konsequenzen.
Dabei schwankt er zwischen drei ganz unterschiedlichen Frauen und findet langsam wieder zu sich, baut sich etwas Neues auf. Das klingt nicht sonderlich originell, ist aber zurückhaltend inszeniert und obwohl 3D und intimes Drama á priori nicht zueinander passen, findet Wenders überzeugende Bildkompositionen, die das Format auch rechtfertigen.
Auf der Berlinale wurde Wenders kritisiert
Und Wenders traut sich, Gefühle zu zeigen und beim Zuschauer zu evozieren. Wenn sein neues Werk "Everything will be fine" überzeugt, dann auch wegen der Schauspielerinnen: Charlotte Gainsbourg als Mutter, die ein schwerer Schicksalsschlag trifft und die Kanadierinnen Marie Josée Croze als pragmatische, starke neue Partnerin des Schriftstellers, sowie Rachel MacAdams als seine zu schöne Ex.
Auf der Berlinale hat dieser so menschliche und im guten Sinne emotionalere Wenders einige Kritiker, die offenbar wenig Sinn für Familien- und Kindergeschichten aufbringen, nur kalt gelassen. Andere dagegen, zu denen auch ich gehöre, waren positiv überrascht: Endlich wieder ein guter Spielfilm von Wenders!

"Everything will be fine"
Von Wim Wenders
Mit James Franco, Charlotte Gainsbourg, Rachel McAdams, Marie Josée Croze

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