Europas Außenministerin ohne Einfluss
Die EU mahnt den Sudan, warnt die Türkei, appelliert an Bosnien. Fast täglich meldet sich die Britin Catherine Ashton aus Brüssel. Aber Europas Hohe Vertreterin für Außenpolitik ist ohne Einfluss, weil die Verträge von Lissabon und Maastricht längst überholt sind, beklagt der Journalist Rainer Burchardt.
Und jetzt auch noch das: Gerade so als habe die Europäische Union mit der akuten und selbstzerstörerischen Währungskrise nicht genug Probleme, läuft auch noch die sogenannte gemeinsame Europäische Außen- und Sicherheitspolitik aus dem Ruder.
Spätestens seit der Farce um einen gemeinsamen Kurs in der Syrienpolitik hat sich die EU von ihrem ohnehin sehr hochgesteckten Anspruch verabschiedet, ein globaler Player zu sein. Welch eine Blamage.
Schon vor Jahrzehnten hatte der damalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger geklagt, das Problem der transatlantischen Kooperation mit den Europäern bestehe darin, dass es in Brüssel keine für alle zuständige Telefonnummer gebe. Mit den Verträgen von Maastricht und Lissabon hatte die EU mit diesem Mangel Schluss machen wollen.
Man erfand die GASP, repräsentiert von Catherine Ashton, die faktisch zur europäischen Außenministerin ernannt wurde. Spätestens jetzt wird offenbar, dass sie mit dieser Aufgabe ebenso überfordert ist wie ihr direkter Vorgesetzter, der EU-Ratspräsident, der Belgier Hermann van Rompuy.
Als es jetzt um einen gemeinsamen Weg in Sachen Lockerung des Waffenembargos gegen Syrien ging, wurde schnell klar, dass Ashton so gut wie nichts vorbereitet hatte und bei der nächtlichen Diskussion nicht einmal die Rolle einer Randfigur spielte. Ihr Wort galt und gilt nur wenig am grünen Tisch von Brüssel.
Damit bahnte sich das Desaster an – Frankreich und England beschritten eigene Wege, heraus kam ein Beschluss, der es jedem Staat freistellt, ob und an wen er nach partieller Aufhebung des Waffenembargos liefert. Und das ganze wurde auch noch kaschiert mit dem angeblich großen gemeinsamen Erfolg der Fortsetzung wirtschaftlicher Sanktionen gegen das Assad-Regime.
Spätestens seit der Farce um einen gemeinsamen Kurs in der Syrienpolitik hat sich die EU von ihrem ohnehin sehr hochgesteckten Anspruch verabschiedet, ein globaler Player zu sein. Welch eine Blamage.
Schon vor Jahrzehnten hatte der damalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger geklagt, das Problem der transatlantischen Kooperation mit den Europäern bestehe darin, dass es in Brüssel keine für alle zuständige Telefonnummer gebe. Mit den Verträgen von Maastricht und Lissabon hatte die EU mit diesem Mangel Schluss machen wollen.
Man erfand die GASP, repräsentiert von Catherine Ashton, die faktisch zur europäischen Außenministerin ernannt wurde. Spätestens jetzt wird offenbar, dass sie mit dieser Aufgabe ebenso überfordert ist wie ihr direkter Vorgesetzter, der EU-Ratspräsident, der Belgier Hermann van Rompuy.
Als es jetzt um einen gemeinsamen Weg in Sachen Lockerung des Waffenembargos gegen Syrien ging, wurde schnell klar, dass Ashton so gut wie nichts vorbereitet hatte und bei der nächtlichen Diskussion nicht einmal die Rolle einer Randfigur spielte. Ihr Wort galt und gilt nur wenig am grünen Tisch von Brüssel.
Damit bahnte sich das Desaster an – Frankreich und England beschritten eigene Wege, heraus kam ein Beschluss, der es jedem Staat freistellt, ob und an wen er nach partieller Aufhebung des Waffenembargos liefert. Und das ganze wurde auch noch kaschiert mit dem angeblich großen gemeinsamen Erfolg der Fortsetzung wirtschaftlicher Sanktionen gegen das Assad-Regime.
EU außenpolitisch überfordert
So also sehen gemeinsame europäische Initiativen aus. Schon in Sachen Mali und Libyen hatte die Union grandios versagt. Im krisengeschüttelten westafrikanischen Staat intervenierte Frankreichs Staatspräsident Hollande ohne die Partner, aus dem UNO-Beschluss für Lufteinsätze über Libyen scherte zuvor Deutschland aus - pikanterweise Seite an Seite mit China und Russland.
Keine Frage, mit der Militarisierung ihrer Außenpolitik hat sich die EU hoffnungslos übernommen. Neben allem diplomatischen Wortgeklingel ist Schluss mit der Gemeinsamkeit, wenn es darum geht, handfest einzugreifen und dafür die eigenen Soldaten einzusetzen.
Aktuell wird es besonders spannend sein zu beobachten, wie sich die EU nach den jüngsten Unruhen in der Türkei gegenüber diesem Beitrittskandidaten verhalten wird. Steht da die nächste Farce an? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering.
Gewiss, die Lösung der wirtschaftlichen Probleme durch die Eurokrise überlagert alle anderen auch dringlichen Aufgaben der EU. Nur eine im Inneren gefestigte Gemeinschaft kann auch nach außen wirkungsvoll agieren. Das ist das augenblicklich scheinbar schier unauflösbare Dilemma der EU. Eine Zwickmühle aus der es im Moment keinen Ausweg zu geben scheint.
Umso vordringlicher erscheint deshalb eine Revision der überholten Verträge von Maastricht und Lissabon. Ändern müsste sich, dass nicht weiter strikt am Prinzip der Einstimmigkeit, die jede Kompromisslösung ausschließt, festgehalten wird. Im äußersten Fall sollten beide Verträge außer Kraft gesetzt und von einer Neufassung abgelöst werden. Dazu wäre es sinnvoll, einen Konvent einzuberufen.
Es muss auch überdacht werden, ob weiterhin die augenblickliche Militarisierung der europäischen Außenpolitik beibehalten werden kann, weil die EU sich damit offenbar übernommen hat und von einer Blockade gelähmt wird.
Derzeit hat die EU zwar eine zuständige Telefonnummer, doch bei Anruf müsste - zumindest vorläufig - die Schleife einer gar nicht "eisernen Jungfrau" ehrlicherweise lauten: Kein Einfluss unter dieser Nummer.
Rainer Burchardt lehrt als Professor an der Hochschule Kiel im Bereich Medien- und Kommunikationsstrukturen. Er hat zudem seit längerer Zeit eine Honorarprofessur an der Hochschule Bremen inne.
Zuvor war er seit Juli 1994 Deutschlandfunk-Chefredakteur. Vor seiner fast zwölfjährigen Tätigkeit beim Deutschlandfunk war Burchardt langjähriger ARD-Korrespondent in Brüssel, Bonn, Genf und London. Unter anderem schrieb er für DIE ZEIT, Sonntagsblatt und andere Zeitungen.
Er ist Vorstandmitglied der Journalistenvereinigung "Netzwerk Recherche".
Keine Frage, mit der Militarisierung ihrer Außenpolitik hat sich die EU hoffnungslos übernommen. Neben allem diplomatischen Wortgeklingel ist Schluss mit der Gemeinsamkeit, wenn es darum geht, handfest einzugreifen und dafür die eigenen Soldaten einzusetzen.
Aktuell wird es besonders spannend sein zu beobachten, wie sich die EU nach den jüngsten Unruhen in der Türkei gegenüber diesem Beitrittskandidaten verhalten wird. Steht da die nächste Farce an? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering.
Gewiss, die Lösung der wirtschaftlichen Probleme durch die Eurokrise überlagert alle anderen auch dringlichen Aufgaben der EU. Nur eine im Inneren gefestigte Gemeinschaft kann auch nach außen wirkungsvoll agieren. Das ist das augenblicklich scheinbar schier unauflösbare Dilemma der EU. Eine Zwickmühle aus der es im Moment keinen Ausweg zu geben scheint.
Umso vordringlicher erscheint deshalb eine Revision der überholten Verträge von Maastricht und Lissabon. Ändern müsste sich, dass nicht weiter strikt am Prinzip der Einstimmigkeit, die jede Kompromisslösung ausschließt, festgehalten wird. Im äußersten Fall sollten beide Verträge außer Kraft gesetzt und von einer Neufassung abgelöst werden. Dazu wäre es sinnvoll, einen Konvent einzuberufen.
Es muss auch überdacht werden, ob weiterhin die augenblickliche Militarisierung der europäischen Außenpolitik beibehalten werden kann, weil die EU sich damit offenbar übernommen hat und von einer Blockade gelähmt wird.
Derzeit hat die EU zwar eine zuständige Telefonnummer, doch bei Anruf müsste - zumindest vorläufig - die Schleife einer gar nicht "eisernen Jungfrau" ehrlicherweise lauten: Kein Einfluss unter dieser Nummer.
Rainer Burchardt lehrt als Professor an der Hochschule Kiel im Bereich Medien- und Kommunikationsstrukturen. Er hat zudem seit längerer Zeit eine Honorarprofessur an der Hochschule Bremen inne.
Zuvor war er seit Juli 1994 Deutschlandfunk-Chefredakteur. Vor seiner fast zwölfjährigen Tätigkeit beim Deutschlandfunk war Burchardt langjähriger ARD-Korrespondent in Brüssel, Bonn, Genf und London. Unter anderem schrieb er für DIE ZEIT, Sonntagsblatt und andere Zeitungen.
Er ist Vorstandmitglied der Journalistenvereinigung "Netzwerk Recherche".

Rainer Burchardt© Deutschlandradio