Europäische Union

Warum Zusammenhalt wichtig ist

Menschen mit Ukraine- und EU-Flaggen auf dem Maidan in Kiew
Welche Folgen hat die Ukraine-Krise für die EU (hier Menschen auf dem Maidan)? © dpa / picture alliance / Zurab Dzhavakhadze
Von Jürgen Rüttgers · 20.05.2014
Wie verhindert man einen ukrainischen Bürgerkrieg, und wie bringt man unterschiedliche Interessen unter einen europäischen Hut? Durch eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik, meint der CDU-Politiker Jürgen Rüttgers.
Die Plakate hängen an den Bäumen. Am Sonntag ist Europa-Wahl. Aber worum geht es eigentlich bei dieser Europa-Wahl? Erstmals treten die Parteien europaweit mit Spitzenkandidaten an. Das ist neu und gut.
Die Parteienfamilie, die die Wahl gewinnt, stellt den Präsidenten der Europäischen Kommission. Ein weiterer Schritt zu einem demokratischen Europa.
Aber diese Personalisierung der Wahl reicht nicht. Man wüsste als Wähler schon gerne, worum es bei dieser Europa-Wahl inhaltlich geht. Das sagen mir zumindest meine Freunde und Gesprächspartner.
Vor ein paar Monaten haben wir noch gehört, man könne den jungen Menschen nicht erklären, warum Europa das größte Friedensprojekt der Geschichte ist. Das sei für sie halt selbstverständlich. Seit der Krise in der Ukraine und nach dem Einmarsch der russischen Armee auf der Krim ist die Antwort aber klar. Ohne die NATO und die Europäische Union ist der Frieden in Europa nicht sicher.
Vor ein paar Monaten haben europa-populistische sowie links- und rechtsradikale Parteien in Frankreich, England, Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Italien und Griechenland behauptet, der Euro sei an der Wirtschaftskrise in Europa schuld. Inzwischen weiß jeder, das stimmte nicht. Der Euro ist so stabil wie einst die DM.
Zwar ist die Krise noch nicht endgültig überwunden. Die Arbeitslosigkeit ist in vielen europäischen Ländern noch immer zu hoch. Der Grund für die Wirtschaftskrise war und ist, dass viele europäische Länder über ihre Verhältnisse gelebt haben. Statt die europäischen Strukturfondsmittel zum Strukturwandel zu nutzen, wie Deutschland das in den neuen Bundesländern getan hat, hat man die Arbeitszeit gesenkt, die Rente vorgezogen und den öffentlichen Dienst aufgebläht. Das muss jetzt mühsam reformiert werden.
Viele deutsche Städte haben mehr Beschäftigte als die EU-Kommission
Nicht die Schuldenbremse ist schuld daran, dass immer weniger in Infrastruktur, in Bildung und Forschung investiert wird. Schuld ist auch in mancher deutschen Kommune der Unwille der Politik, sich von milliardenschwerem Firmenbesitz zu trennen und die Zahl der öffentlich Bediensteten zurückzufahren.
Stattdessen klagt man über die Brüsseler Bürokratie. Zwar gibt es in Brüssel zu viele Kommissare und hochbesoldete Beamte. Aber viele deutsche Großstädte beschäftigen mehr Mitarbeiter als die Europäische Kommission.
Worum geht es also bei dieser Europa-Wahl?
Um die Demokratisierung der europäischen Institutionen. Wenn das jetzt zur Wahl stehende Europa-Parlament dieselben Rechte bekommt, wie jedes nationale Parlament, dann kann es auch die Kommissare und die Kommission zur Verantwortung ziehen.
Es geht um eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik. Nur zusammen werden wir Frieden in Europa und den Einfluss Europas in der globalisierten Welt erhalten können.
Es geht um eine gemeinsame Wirtschaftspolitik, damit jedes Land seine Verantwortung für Arbeit und Wohlstand übernimmt und niemand versucht, auf Kosten der anderen Länder zu leben.
Und es geht darum, dass moderne Technologien von Weltklasse erfunden und entwickelt werden. Europa darf weder von den Rohstoffen aus Russland noch von den Datenkraken aus Amerika abhängig werden. Mit Industrie 4.0 und Handel 4.0 haben wir alle Chancen, technologisch führend zu sein.
Es lohnt sich also zur Europa-Wahl zu gehen, damit Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit überall in Europa auch in Zukunft gesichert bleiben.
Jürgen Rüttgers war Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Er arbeitet heute als Rechtsanwalt in Düsseldorf und lehrt an der Universität Bonn politische Wissenschaft.
Jürgen Rüttgers
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