Europäische Kulturhauptstadt Chemnitz

Kritik an mangelnder Transparenz im Auswahlverfahren

06:41 Minuten
Das Opernhaus ist nach der Ernennung von Chemnitz als Kulturhauptstadt 2025 mit Transparenten geschmückt.
Das geschmückte Opernhaus in Chemnitz nach der Ernennung als Europäische Kulturhauptstadt 2025. © picture-alliance/dpa-Zentralbild/Jan Woitas
Ulrich Fuchs im Gespräch mit Ute Welty  · 05.12.2020
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Nach kritischen Medienberichten über Vetternwirtschaft beim Auswahlverfahren für die Europäische Kulturhauptstadt 2025 verteidigt Jurymitglied Ulrich Fuchs den Erfolg von Chemnitz. Der Kulturmanager räumt aber ein, dass mehr Transparenz nötig sei.
In Chemnitz war die Freude groß, nachdem die Entscheidung gefallen war, dass die ostdeutsche Stadt europäische Kulturhauptstadt 2025 werden soll. Doch nun wecken Medienberichte Zweifel an dem Auswahlverfahren. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, es agiere bis in die Jury hinein ein "internationales Friends- and Family-Netzwerk, dessen Machenschaften an Organisationen wie IOC oder Fifa" erinnere.

"Die Expertinnen und Experten auf dem europäischen Markt von Kulturhauptstadt sind natürlich überschaubar", verteidigt das Jurymitglied Ulrich Fuchs das Verfahren. Der Kulturmanager steht selbst in der Kritik. Als lokaler Bewerbungschef managte er 2009 die Kulturhauptstadt Linz und 2013 Marseille zum Titel. Anschließend wechselte er in die europäische Vergabejury und war bis 2018 deren Vorsitzender.
Es gebe nur eine Handvoll von Kulturmanagern, die solche Projekte erfolgreich gesteuert und sich so einen Namen gemacht hätten, sagt Fuchs. Sie würden von den Städten deshalb aktiv wegen ihrer Erfahrung angefragt. Er selbst sei im Auftrag der Kulturstiftung der Länder für alle acht deutsche Städte in der ersten Runde und alle fünf deutschen Städte in der zweiten Runde als Berater tätig geworden.

Mehr Transparenz nötig

Wer in der Jury sitze, unterschreibe eine "Compliance Vereinbarung" mit der EU-Kommission und in dieser Zeit seien deshalb Beratungstätigkeiten untersagt, so Fuchs. Das sei nur vorher oder nachher möglich. Seines Wissens hätten die Jurymitglieder diese Regelung genau beachtet.
"Meiner Ansicht nach mangelt es in der Europäischen Kommission auch an der notwendigen Transparenz", kritisiert Fuchs. Das gelte beispielsweise für die Namen der Jurymitglieder, nach denen man auf der Website sehr suchen müsse. "Ich wäre da sehr dafür, da mehr Transparenz zu schaffen."

Schlechte Verlierer

Er könne gut nachvollziehen, dass in den Städten, die jetzt gegen Chemnitz verloren hätten und vorher viel investiert hätten, die Frage auftauche, ob alles mit rechten Dingen zugegangen sei, so der Kulturmanager. Allerdings habe die "Süddeutsche Zeitung" da einem Nürnberger Lokalreporter zu viel Aufmerksamkeit geschenkt, der im Auftrag von Nürnberg recherchiert habe. "Und ein bisschen verhält sich Nürnberg wie Donald Trump und die Realität wird nicht zur Kenntnis genommen." Die Stadt habe beim Wettbewerb eben verloren.
Fuchs spricht von einem "sehr interessengeleiteten Prozess", um die Auswahl in Deutschland zu beschädigen. "Das halte ich in der Tat für problematisch, nicht nur für Chemnitz, sondern auch für die Städte, die jetzt als schlechte Verlierer dastehen."
(gem)
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