Europäer sollten selbstbewusster auftreten

Tony Judt hat die Lebensverhältnisse in Europa als beispielhaft bezeichnet. Diese könnten Modellcharakter für andere Regionen der Erde haben. Im Deutschlandradio Kultur sagte Judt, es gebe hier eine hohe Ausgewogenheit zwischen sozialer Sicherheit, politischer Stabilität und freiem Markt.
Zu seinem Bedauern seien sich die Europäer dessen aber nicht bewusst. "Man hat so eine Art Nabelschau in Europa, verknüpft mit Zukunftsangst, und das hindert Europa so selbstbewusst in der Welt aufzutreten, wie es das eigentlich könnte."

Das europäische Modell habe das amerikanische Modell abgelöst, so Judt. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Globalisierung seien die Vereinigten Staaten mit ihren Lösungsansätzen am Ende. Dort zöge man sich zurück in eine Vorstellung der abgeschotteten Gemeinschaft. "Die USA haben ihren Modellcharakter verloren, sie werden nicht mehr als Leitbild gesehen, obgleich sie militärisch stärker sind denn je."

Als größte europäische Herausforderung bezeichnete Judt den möglichen Beitritt der Türkei. "Wenn man sie nicht reinlässt, werden sich die jungen fortschrittlichen Kräfte enttäuscht abwenden und sich zum Islam oder zu Russland hingezogen fühlen." Man verpasse die große Chance, einen Verbündeten im Nahen und Mittleren Osten zu gewinnen.

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Übersetzer: Johannes Hampel