Europa in der Schwächephase
Konjunktur hat Europa derzeit nicht. Da ist zuerst einmal die globale Finanz- und Wirtschaftskrise, welche die Nerven der Europäer bloßlegt. Aber in der Mehrzahl fühlen sich die EU-Europäer doch noch einigermaßen sicher. Schließlich dürfen sie überzeugt sein, dass die Solidarität der Miteuropäer, ausgedrückt durch die gemeinsame Währung, den Euro, sie auffängt.
Indes einige der Mitspieler, vor allem die Tschechen, führen sich derzeit auf, als wären sie im Euro-Club gleichzeitig drinnen und draußen. Der Tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus hat gesicherten Aussagen zufolge mit am Sturz des Ministerpräsidenten seines eigenen Landes, Mirek Topolanek, gearbeitet, weil ihm dessen Unterstützung des Lissaboner Vertrages ganz und gar nicht in den Kram passte. Am liebsten würde Klaus die Ratifizierung dieses neuen Europäischen Grundgesetzes scheitern lassen. Und wenn man die Lage betrachtet, ist er von einem Erfolg nicht weit entfernt.
Denn sollte das Lissabon-Projekt im Prager Parlament scheitern, werden sich die Iren höchstwahrscheinlich kaum zu einer neuen und diesmal positiven Abstimmung über den Vertrag bequemen. Desweiteren hängt die Ratifizierung in Polen – und in einigen anderen EU-Ländern wächst die Anti-Europa-Stimmung.
Schon stimmt der Prager Außenminister Karel Schwarzenberg vor einem der heimischen Schlösser das Publikum auf Europas Dämmerung ein.
Man könnte geneigt sein, die Akteure am Ohr zu ziehen, um ihnen unsere Realität deutlich zu machen. Die gesamte industrialisierte Welt befindet sich in ihrer schwersten Krise seit 1929 und die Europäer führen Kasperle-Theater auf.
Auf dem G20-Treffen in London wird der Amerikanische Präsident Barack Obama der Welt und insbesondere den Europäern vorführen, wie er mit beinahe unvorstellbaren Summen versucht, sein Land vor der Rezession zu bewahren. Derweilen wollen die Europäer, allen voran die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der Französische Präsident Nicolas Sarkozy vor allem eins: Nicht mehr Geld ausgeben. Sie haben eine gewaltige Angst vor Inflation und Staatsverschuldung. Wohl nicht zu Unrecht befürchten sie, dass sie die zur Rettung in Bewegung gesetzten enormen Geldmengen nie wieder einfangen werden, einfach weil ihnen ihr Wahlvolk eine rigide Sparpolitik nach dem Ende der Krise nicht gestatten wird. Die Konsequenz der verschiedenen Lösungsansätze: in Amerika die Wiederentdeckung des „deficite spendings“ von Maynard Keynes und in Europa die Angst vor der Super-Verschuldung, haben langfristige Konsequenzen.
Amerika und Europa bewegen sich voneinander fort.
Inzwischen entdecken die Amerikaner China als Rettungsanker. Nicht dass China mit seinen sieben Prozent Anteil an der Weltwirtschaft quasi als Lokomotive die Welt aus der Krise ziehen könnte, aber der permanente Kauf von US- Staatsanleihen und die staatlich angeheizte Konjunktur in der Volksrepublik, sind die Signale, auf die Washington setzt.
Ganz gleich, wie die Krise ausgeht, die Welt wird danach weniger atlantisch, sondern mehr pazifisch sein. Derweilen setzen Berlin und Paris auf Abwarten. Sollte Präsident Obama Erfolg haben, ist man als Teil des westlichen Lagers dabei. Wenn aber die Neo-Keynsianer scheitern, kann man sich damit brüsten, nicht dabei gewesen zu sein. Aber die Rechte eines Mitspielers hat man dabei verloren.
Wenn die Arbeitslosigkeit im Sommer 2009 massiv steigt, hat Angela Merkel sich verspekuliert. Davon wird nicht die SPD profitieren, weil sie ja mehr oder weniger den gleichen Kurs gefahren ist. Aber Europa ist der Verlierer.
In einer weiteren Krise hat Europa dann bewiesen, dass es nicht handlungsfähig ist – und das auf seinem ureigensten Gebiet der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Wenn man sich erinnert, hat die Europäische Union einst als Wirtschaftsgemeinschaft begonnen und hieß deshalb damals EWG. Die Rolle einer politischen Union reklamiert Brüssel bisher nur verbal. Das wurde zuletzt schmerzlich auf dem Balkan erlebt, als es der amerikanischen Führung bedurfte, um die Serben von ihrem mörderischen Tun gegenüber den Kosovaren abzuhalten.
Die Spiele, die der bizarre Prager Präsident inszeniert und die Aufführung der verblendeten Iren sind weniger Grund als Symptom der Europäischen Krise. Vielleicht hatte Wolfgang Schäuble sogar Recht, als er vor Jahren vorschlug, die EU mit einem Kerneuropa voranzubringen. Oder es gibt eine Chance in dieser wie in jeder Krise und die Europäer raffen sich in der Not doch noch auf und kommen zu überzeugenden Lösungen. Ausschließen sollte man dies nicht.
Dr. Friedrich Thelen, Jahrgang 1941, studierte Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie. Er ist jetzt als Publizist tätig und war bis vor kurzem Büroleiter Berlin der „Wirtschaftswoche“. Er hat langjährige berufliche Erfahrungen im angelsächsischen Raum.
Denn sollte das Lissabon-Projekt im Prager Parlament scheitern, werden sich die Iren höchstwahrscheinlich kaum zu einer neuen und diesmal positiven Abstimmung über den Vertrag bequemen. Desweiteren hängt die Ratifizierung in Polen – und in einigen anderen EU-Ländern wächst die Anti-Europa-Stimmung.
Schon stimmt der Prager Außenminister Karel Schwarzenberg vor einem der heimischen Schlösser das Publikum auf Europas Dämmerung ein.
Man könnte geneigt sein, die Akteure am Ohr zu ziehen, um ihnen unsere Realität deutlich zu machen. Die gesamte industrialisierte Welt befindet sich in ihrer schwersten Krise seit 1929 und die Europäer führen Kasperle-Theater auf.
Auf dem G20-Treffen in London wird der Amerikanische Präsident Barack Obama der Welt und insbesondere den Europäern vorführen, wie er mit beinahe unvorstellbaren Summen versucht, sein Land vor der Rezession zu bewahren. Derweilen wollen die Europäer, allen voran die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der Französische Präsident Nicolas Sarkozy vor allem eins: Nicht mehr Geld ausgeben. Sie haben eine gewaltige Angst vor Inflation und Staatsverschuldung. Wohl nicht zu Unrecht befürchten sie, dass sie die zur Rettung in Bewegung gesetzten enormen Geldmengen nie wieder einfangen werden, einfach weil ihnen ihr Wahlvolk eine rigide Sparpolitik nach dem Ende der Krise nicht gestatten wird. Die Konsequenz der verschiedenen Lösungsansätze: in Amerika die Wiederentdeckung des „deficite spendings“ von Maynard Keynes und in Europa die Angst vor der Super-Verschuldung, haben langfristige Konsequenzen.
Amerika und Europa bewegen sich voneinander fort.
Inzwischen entdecken die Amerikaner China als Rettungsanker. Nicht dass China mit seinen sieben Prozent Anteil an der Weltwirtschaft quasi als Lokomotive die Welt aus der Krise ziehen könnte, aber der permanente Kauf von US- Staatsanleihen und die staatlich angeheizte Konjunktur in der Volksrepublik, sind die Signale, auf die Washington setzt.
Ganz gleich, wie die Krise ausgeht, die Welt wird danach weniger atlantisch, sondern mehr pazifisch sein. Derweilen setzen Berlin und Paris auf Abwarten. Sollte Präsident Obama Erfolg haben, ist man als Teil des westlichen Lagers dabei. Wenn aber die Neo-Keynsianer scheitern, kann man sich damit brüsten, nicht dabei gewesen zu sein. Aber die Rechte eines Mitspielers hat man dabei verloren.
Wenn die Arbeitslosigkeit im Sommer 2009 massiv steigt, hat Angela Merkel sich verspekuliert. Davon wird nicht die SPD profitieren, weil sie ja mehr oder weniger den gleichen Kurs gefahren ist. Aber Europa ist der Verlierer.
In einer weiteren Krise hat Europa dann bewiesen, dass es nicht handlungsfähig ist – und das auf seinem ureigensten Gebiet der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Wenn man sich erinnert, hat die Europäische Union einst als Wirtschaftsgemeinschaft begonnen und hieß deshalb damals EWG. Die Rolle einer politischen Union reklamiert Brüssel bisher nur verbal. Das wurde zuletzt schmerzlich auf dem Balkan erlebt, als es der amerikanischen Führung bedurfte, um die Serben von ihrem mörderischen Tun gegenüber den Kosovaren abzuhalten.
Die Spiele, die der bizarre Prager Präsident inszeniert und die Aufführung der verblendeten Iren sind weniger Grund als Symptom der Europäischen Krise. Vielleicht hatte Wolfgang Schäuble sogar Recht, als er vor Jahren vorschlug, die EU mit einem Kerneuropa voranzubringen. Oder es gibt eine Chance in dieser wie in jeder Krise und die Europäer raffen sich in der Not doch noch auf und kommen zu überzeugenden Lösungen. Ausschließen sollte man dies nicht.
Dr. Friedrich Thelen, Jahrgang 1941, studierte Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie. Er ist jetzt als Publizist tätig und war bis vor kurzem Büroleiter Berlin der „Wirtschaftswoche“. Er hat langjährige berufliche Erfahrungen im angelsächsischen Raum.