Europa im All

Von Guido Meyer · 02.12.2007
Am amerikanischen Weltraumbahnhof Cape Canaveral läuft zum letzten Mal in diesem Jahr der Countdown für einen Space-Shuttle-Start. Für Europa ist es eine der wichtigsten Missionen in der Geschichte der Raumfahrt: Die Fähre Atlantis wird das europäische Weltraumlabor Columbus ins All tragen, wo es an die Internationale Raumstation (ISS) andocken soll. Dann wäre auch Europa mit einer ständigen Forschungseinrichtung im Weltall vertreten.
Space Station Processing Facility nennt sich diese Halle am Kennedy Space Center an Floridas Ostküste. Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA macht hier all die Module weltraumtauglich, deren Tickets ins All noch nicht eingelöst wurden. Bis vor wenigen Tagen war hier Europas Raumlabor Columbus aufbewahrt, bevor es in die Ladebucht des Space Shuttles Atlantis gehievt wurde, das es nun zur Internationalen Raumstation befördern soll.

"Wir kommen ganz von vorne an die Station, sind auch ganz vorne, von daher fangen wir auch die meisten Mikrometeoriten ein, also wir sind der Staubsauger der Raumstation. Er dockt dort an, dann wird es mit dem Roboterarm aus der Ladebucht herausgenommen. Dann wird es an den Knoten zwei seitlich auf der Steuerbordseite sozusagen angedockt. Und wenn das alles passiv über dieses Columbus ergangen ist, dann kann die Schleuse geöffnet werden, und dann können drei Wissenschaftsastronauten hineinschweben.”"

Für das europäische Weltraumunternehmen EADS hat Hans Martin Fischer in den letzten Monaten irdischen Besuchern das außer-irdische Labor und seinen Aufbau erklärt. Da Columbus vorne links an die Station angedockt werden wird, muss die Isolierung so robust sein, dass sie allem, was von vorne auf die ISS trifft, standhalten kann.

""Die Panzerung ist aus Aluminium. Wir haben eine 4-mm-tragende Hülle aus Aluminium. Und wir haben dann ja einen weiteren Schutzschild drum, einen Mikrometeoritenschutz. Wenn ein Teilchen aufgrund der sehr hohen Geschwindigkeit - 28 000 km/h - auftrifft, wenn es nicht zu groß ist - also ich sag immer, was Erbsengröße hat, so einen Zentimeter, wird dieses Teilchen vollkommen aufgerissen in eine Staubwolke."

Wie alle Objekte auf Umlaufbahnen, ob unbemannter Satellit oder Raumschiff mit Menschen an Bord, ist die ISS dem Beschuss aus dem All ausgesetzt. In ihrer endgültigen Ausbaustufe wird die Station die Ausmaße eines Fußballfeldes erreichen und damit das größte künstliche Objekt sein, das jemals die Erde umkreist hat. Die Gefahr, von Weltraumschrott getroffen zu werden, steigt mit der Größe der Raumstation.
"Ein 5-cm-Objekt würde höchstwahrscheinlich durchschlagen. In dem Fall können wir diese Panel abnehmen, um Zugang zu haben. Dann können wir von außen im Grunde genommen reparieren."

Wie alle übrigen bemannten Teile der ISS, ist auch Columbus tonnenförmig konstruiert, um den vorhandenen Platz optimal auszunutzen. Ein Oben und ein Unten gibt es nicht. Experimentierschränke sind über den Köpfen der Astronauten angebracht, genauso wie zu ihren Füßen. Der deutsche Raumfahrer Thomas Reiter:

"Die Startmasse ist natürlich begrenzt, und wir müssen dann nach und nach das Modul aufrüsten. Es wird so sein: Sowie das dort oben angedockt hat, werden bereits aus dem amerikanischen Lab zwei Racks rübergebracht in das Columbus-Modul, und die Weiteren in dem weiteren Aufbau dann an Bord des Shuttles mit nach oben gebracht, bis es dann schließlich voll ausgerüstet ist."

Insgesamt passen sechzehn solcher Racks in das Weltraumlabor Columbus. Neben den beiden amerikanischen Schränken, die im All sozusagen umgestellt werden, von Destiny zu Columbus, wird Europas Labor gleich beim Start vier Racks erhalten. Darunter ist das Fluid Science Lab, in dem die Astronauten das Verhalten von Flüssigkeiten unter Schwerelosigkeit untersuchen sollen. Ebenso gleich beim Lift-Off mit an Bord sein wird das European Physiology Module, das der Untersuchung von Knochenschwund, Flüssigkeitshaushalt und Immunsystem dient.

"Das Biolab wird ebenfalls zusammen mit Columbus gestartet werden. Rund drei Monate werden wir die Systeme testen, um sicher sein zu können, dass alles funktioniert. Erst dann werden wir das Biolab mit den ersten Experimenten ausstatten","

sagt Jean-Paul Vormus vom Raumfahrtkonzern EADS Astrium in Toulouse. Der Schrank Biolab soll seinem Namen Ehre machen und Experimente mit Zellen, kleinen Pflanzen und wirbellosen Tieren ermöglichen.

""Die Europäische Weltraumagentur hat vier Experimente ausgesucht, mit denen das Biolab zunächst bestückt werde, so Jean-Paul Vormus. Europäische Experimente aus den Bereichen Biowissenschaften, Materialkunde, Erdbeobachtung und Astronomie haben damit einen festen Platz im All und werden von dem internationalen Astronautenteam an Bord der Raumstation dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr durchgeführt werden."