EU-Reform des Urheberrechts

Warnung vor einer Schwächung des Internets

Auf einem Smartphone ist der Hinweis des Video-Portals YouTube zu sehen, nach dem ein Video in Deutschland nicht gezeigt werden darf.
"Inhalt in Ihrem Land nicht verfügbar" könnten Nutzer nach der Urheberrechtsreform häufiger zu lesen bekommen, vermutet der Anwalt Till Kreutzer. © dpa / picture alliance / Sven Hoppe
Till Kreutzer im Gespräch mit Vladimir Balzer · 11.09.2018
Am Mittwoch stimmt das EU-Parlament über eine Reform des Urheberrechts ab. Es geht um die Frage, wie Internetplattformen gezwungen werden können, ihre Gewinne mit den Urhebern zu teilen. Doch diese Diskussion sei die falsche, meint der Anwalt Till Kreutzer.
Nach Ansicht des Urheberrechtsanwalts Till Kreutzer lebt das Internet davon, dass Inhalte gesehen und genutzt werden. Insofern sei der komplette Schutz des Urheberrechts im Internet weder möglich noch gewünscht, sagte Kreutzer im Deutschlandfunk Kultur: "Wenn die Plattformen anfangen, sich jeden einzelnen Inhalt genau anzuschauen, dann ist klar, dass es ein offenes Internet mit offenen Plattformen, wo eben nicht alles redigiert wird, gar nicht mehr geben kann."

Reform schadet mehr, als dass sie nützt

Die Reformen und Neuerungen, über die heute das EU-Parlament abstimmen soll, können laut Kreutzer dazu führen, dass viele Inhalte nicht mehr im Netz verfügbar sein werden. Damit werde den Urhebern eher geschadet, sagte er: "Wenn etwas nicht verfügbar ist, wird es nicht genutzt, und wenn etwas nicht genutzt wird, verdient man damit kein Geld und wird damit auch nicht berühmt."

"Bisherige Regelungen haben gut funktioniert"

Von der umstrittenen Reform verspricht sich der Anwalt dementsprechend nicht allzu viel - er sehe nicht, "dass da etwas Vernünftiges bei rauskommt". Die bisherigen Regelungen hätten gut funktioniert, so Kreutzer: "Die Mechanismen, die da jetzt versucht werden, sind die falschen, und die Reform wird am Ende des Tage nach hinten losgehen, weil weniger Inhalte im Netz verfügbar sind."

Debatte geht an wichtigen Fragen vorbei

Überhaupt werde in der Diskussion über die falschen Themen gestritten, so Kreutzer. Der Focus in der Debatte sei sehr eingeengt und reduziert auf den Streit zwischen großen Internetplattformen auf der einen Seite sowie Verlagen, Film- und Musikproduzenten auf der anderen Seite. Viel wichtiger sei beispielsweise die Frage, wie Internetnutzer aus der Illegalität beim Teilen von Inhalten herausgeholt werden könnten: "Eine Erleichterung der Internetnutzung wäre wichtig." Doch das Teilen von Inhalten spiele in der aktuellen Diskussion kaum eine Rolle.
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