EU-Plastik-Abgabe

"Längst überfällig zur Entlastung der Umwelt"

08:23 Minuten
An einem Zaun stehen und liegen Säcke mit Plastikmüll und Verpackungen und es steht eine Tonne voller Wertstoffmüll zur Abholung bereit.
80 Cent soll künftig ein Kilogramm Plastik in der EU kosten. Damit soll ein Anreiz zum Recycling gegeben werden. © picture alliance / dpa / Wolfram Steinberg
Reinhard Schneider im Gespräch mit Birgit Kolkmann · 19.07.2020
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In der EU soll künftig eine Plastikabgabe zusätzliches Geld in den Haushalt bringen - und Anreize zum Recycling schaffen. Umweltpreisträger Reinhard Schneider begrüßt diese Maßnahme. Die Technologien für den Kreislauf gebe es bereits.
Ab dem 1. Januar 2021 soll die Europäische Union eine Abgabe von 80 Cent je Kilogramm von nicht recyceltem Plastik-Verpackungsmüll von den EU-Staaten zu erheben. Diese Steuer ist als Teil des EU-Corona-Hilfspakets geplant. Das Geld sollen sich die Regierungen von der Verpackungsbranche zurückholen. Damit soll auch ein Anreiz für Recycling gesetzt werden.
Während Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sich offen für den Vorschlag ausgesprochen hat, kritisiert der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Joachim Lang: "Diese Steuererhöhung ist Gift für Wohlstand und Beschäftigung und gerade jetzt kontraproduktiv."

Einwegplastik: schädlich - aber billiger

Reinhard Schneider, Träger des Deutschen Umweltpreises 2019 *) und Geschäftsführer des Chemieunternehmens Werner & Mertz, bekannt für die Marke "Frosch", hält die geplante Plastikabgabe für "längst überfällig zur Entlastung der Umwelt". Es handle sich um keine zusätzliche Steuer, sondern bislang sei das Fehlen der Abgabe eine "versteckte Subvention" gewesen, da auf andere Erdölprodukte Steuern bereits erhoben würden.
Reinhard Schneider im Studio
Reinhard Schneider, Geschäftsführer von Werner & Mertz, hat 2009 den Deutschen Umweltpreis erhalten. © Deutschlandradio/Birgit Kolkmann
"Wenn man schon gewisse Haushaltslücken füllen muss, sollte man das in der Tat mit Maßnahmen verbinden, die der Umwelt helfen – und diese Plastiksteuer kann dazu beitragen", sagt Schneider. "Ich bin froh, wenn europaweit eine Regelung in Kraft tritt, die diese umweltschädlichste Umgangsart mit dem Plastik nicht mehr so attraktiv macht."

Mit geringer Energie wiederverwerten

Einwegplastik werde zu CO2 verbrannt, das sei die gängigste, weil billigste Methode. Daher seien Unternehmen oft nicht am Recycling interessiert. "Viele in der Industrie wollen Zeit schinden, weiter das Billigste machen zu dürfen, obwohl die technologischen Möglichkeiten, den Kreislauf wirklich in Gang zu bringen und zu halten, für alle gängigen Plastikarten schon da sind", so Schneider.
Der Unternehmer hält am Kunststoff fest. "Die Frage ist nicht: Müssen wir Plastik weglassen, sondern wie gehen wir mit dem Plastik sinnvoll um?" Sein Unternehmen arbeite an Verfahren, wie sich Kunststoffe mit möglichst geringem Einsatz von Energie sowie in großer Menge und hoher Qualität wiederverwerten zu lassen. "Plastik ist aufgrund des geringen Schmelzpunktes per se sehr gut dafür geeignet, immer wieder neu verwendet zu werden – nach unseren Verfahren ohne Qualitätsverluste."
(leg)

*) Redaktioneller Hinweis: Wir haben eine inhaltliche Korrektur vorgenommen und diese Jahreszahl korrigiert.
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