EU-Kommission vor Klimagipfel optimistisch

Karl Falkenberg im Gespräch mit Birgit Kolkmann |
Der Leiter der Generaldirektion Umwelt bei der EU-Kommission, Karl Falkenberg, rechnet beim Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember mit Zusagen der Staats- und Regierungschefs zu Reduktionszielen.
Birgit Kolkmann: Der Countdown läuft. In vier Wochen beginnt der Weltklimagipfel in Kopenhagen und seit Monaten laufen die Vorbereitungskonferenzen, die letzte diese Woche in Barcelona. Die Ergebnisse sind bislang negativ, schlechte Aussichten für Kopenhagen und fürs Weltklima. Ein Kyoto-Folgeabkommen wird es im Dezember wohl nicht geben. Das ist der Tenor der vielen politischen Statements. Da wird so tiefgestapelt, dass ein Scheitern der Konferenz am Ende niemanden mehr überraschen wird. – Karl Falkenberg ist der Leiter der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission, also der Chefunterhändler der EU. Ihn begrüße ich jetzt am Telefon in Barcelona. Schönen guten Morgen!

Karl Falkenberg: Guten Morgen!

Kolkmann: Herr Falkenberg, wie entmutigend ist denn bislang das Treffen in dieser Woche verlaufen?

Falkenberg: Ähnlich entmutigend wie das letzte in Bangkok. Aber ich denke, dass man sich davon nicht wirklich entmutigen lassen sollte, denn ich glaube, inzwischen gibt es eine Bewegung der Staatschefs, der Regierungschefs von entwickelten und Entwicklungsländern, die sehr viel mehr Druck produzieren, als dies leider im Augenblick auf dem technischen-diplomatischen Niveau passiert.

Kolkmann: Ist dieser Druck, den die Entwicklungsländer machen, vor allen Dingen auch die afrikanischen Staaten, durchaus gut, oder könnte er dazu führen, dass sich vor allen Dingen die Industriestaaten doch wieder einigeln, vor allen Dingen vielleicht auch die USA?

Falkenberg: Ich glaube nicht, dass sich die Industrieländer einigeln werden. Europa geht ja nach wie vor gut voran. Wir haben jetzt mit den Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat auch zu den Finanzen eine positive Entscheidung erreicht. Die Amerikaner wissen ganz genau, dass auch sie Klimaschutz ernst nehmen müssen. [Anm. d. Red.: Auslassung, da unverständlich] Das wird Realität werden. Die Frage ist, ob vor Kopenhagen oder nach Kopenhagen. Aber wir sind völlig davon überzeugt, dass die Amerikaner auch Maßnahmen ergreifen werden. Insofern haben die Industrieländer gemeinsam ein Interesse daran, zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Kolkmann: Nun sind ja offensichtlich die Interessen erstens mal unterschiedlich, zweitens Obama - trotz seiner Lippenbekenntnisse pro Klimaschutz - geht im Kongress im Augenblick nichts vor und zurück. Wird das am Ende möglicherweise dazu führen, dass es mehrere Klimaschutzabkommen geben muss?

Falkenberg: Wir hoffen sehr stark, dass es nur eines gibt. Wir haben diese Position in den Verhandlungen sehr deutlich gemacht, sind dafür kritisiert worden, weil die Entwicklungsländer das so verstanden haben, dass wir uns gegen Kyoto aufstellen würden, was nicht der Fall ist. Wir sind die einzige Partei, die Kyoto ratifiziert und voll umgesetzt hat bisher. Aber wir müssen natürlich davon ausgehen, dass ein gemeinsamer rechtlicher Rahmen in die Zukunft, an dem Amerikaner, aber auch Chinesen, Inder, Brasilianer mit ihren eigenen Verpflichtungen teilnehmen, sehr viel sinnvoller ist für Klimaschutz, als nur ein Abkommen, in dem letztlich nur die Europäer sich auf Klimaschutzziele festlegen.

Kolkmann: Muss man die Amerikaner auch mit im Boot haben, weil man sonst die Chinesen nicht mit reinkriegt?

Falkenberg: Ja. Ich glaube, die Parallele besteht ganz konkret. Die Chinesen und die Amerikaner beäugen sich sehr genau und da wird die Frage sein, wer bewegt sich als erster. Ich denke, dass wir sie nur beide ins Boot kriegen und im Prinzip zum genau gleichen Zeitpunkt. Keiner von ihnen wird in Vorlage gehen wollen.

Kolkmann: Was glauben Sie nun, wie wird es weitergehen? Die Weltklimakonferenz in Kopenhagen ist angesetzt. Ihr Tipp für den Ausgang?

Falkenberg: Ich denke, dass wir zu einer Entscheidung kommen werden, die von den Regierungschefs getragen wird, die verpflichtende Zusagen enthält über Reduktionsziele sowohl der Industrieländer als auch Maßnahmen der Entwicklungsländer. Ich denke, zu dem Paket wird ein Finanzpaket gehören. Da wird dazu gehören, dass wir uns auch auf Anpassungsmaßnahmen beim Klimaschutz für die schwächeren Entwicklungsländer verständigen und auf Technologietransfer.

Kolkmann: Aber Sie gehen auch davon aus, dass nach Kopenhagen weiterverhandelt werden muss?

Falkenberg: Ich denke, dass das, was die Regierungschefs in Kopenhagen erreichen, dann in legale Texte, in formelle Texte verarbeitet oder überarbeitet werden muss, so dass mit Sicherheit nach Kopenhagen weitergearbeitet werden muss, um dann zu dem verbindlichen internationalen Abkommen voll ausformuliert zu kommen.

Kolkmann: Sie sind ja nun schon seit längerem bei diesem internationalen Klimaschutzzirkus dabei, bei allen wichtigen Konferenzen rund um den Globus. Macht das eigentlich noch Spaß?

Falkenberg: Ich selber bin nach wie vor motiviert. Ich denke, dass es eine fantastische Herausforderung ist, so viele verschiedene Länder auf der Welt zu einem Ziel und zu einem Zeitpunkt versuchen, auf einen gemeinsamen Nenner zu bekommen. Früher hätte man dafür eine Flotte oder noch härtere Mittel gebraucht, jetzt versuchen wir es mit Verhandlungen und ich denke, dass der Multilateralismus zwar anstrengend ist und vielleicht auch langsam, aber doch letztlich die bessere, friedlichere Lösung.

Kolkmann: Karl Falkenberg, der Chefunterhändler der EU in Sachen Klimaschutz, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Ich danke Ihnen dafür!

Falkenberg: Auf Wiederhören!

Kolkmann: Auf Wiederhören, Herr Falkenberg.