"Es liegt viel Manipulation im Kunstmarkt"
Der Museumsleiter Frieder Burda hat die überhöhten Preise auf dem Kunstmarkt scharf kritisiert. Die Preise seien "aus dem Ruder gelaufen" und "nicht mehr realistisch", sagte der Kunstsammler, der das Museum Frieder Burda in Baden-Baden leitet.
Dieter Kassel: Schon sein Vater hat Gemälde gesammelt, und so wurde Frieder Burda hineingeboren nicht nur in eine Welt des Verlagsgeschäfts, sondern auch die Welt der Kunst. Die eine der beiden Welten, die ist längst nicht mehr seine. Er hat sich aus dem Verlagsgeschäft verabschiedet, und mit dem großen Burda-Verlag in Offenburg gar nichts mehr zu tun.
Aber die Welt der Kunst, die ist immer noch seine. Frieder Burda ist Sammler und Mäzen, und er hat in Baden-Baden sein eigenes Museum gegründet. Er war bei uns zu Gast, ich konnte mich kurz vor der Sendung mit ihm unterhalten, und habe natürlich unter anderem gefragt nach dem großen Kunstspektakel diesen Sommer über, nach den vielen Spektakeln, nach der documenta in Kassel, den Skulpturen-Projekten in Münster und der Kunst-Biennale in Venedig. Manche Menschen schauen sich alle drei hintereinander an. Und ich habe Frieder Burda gefragt, ob er wenigstens eine dieser Großveranstaltungen schon besucht hat.
Frieder Burda: Ich habe noch keine besucht, ich werde sie alle besuchen. Aber in den letzten Jahren gehe ich nicht mehr zu den Eröffnungen, weil das ist ein einziger Rummel. Es ist ein gesellschaftliches Ereignis, es gibt eine Art Kunsttourismus, die kommen aus der ganzen Welt, das ist richtig. Wir fangen in Venedig an, dann geht’s nach Basel, dann geht es natürlich zur documenta und nach Münster zu dieser wunderschönen Skulpturenausstellung. Ich schaue mir das später an.
Kassel: Jetzt haben Sie, indem Sie auch Basel erwähnt haben, Dinge in einen Topf geworfen, die manche strenge Menschen doch gern noch getrennt halten wollten. Denn die Art Basel ist natürlich eine Kunstmesse, dient stärker als die anderen drei Veranstaltungen auch der Information konkret von Käufern und Sammlern und auch dem Kaufen und Verkaufen.
Das andere sind öffentlich finanzierte Kunstveranstaltungen. Bazon Brock, der Ästhetikprofessor aus Wuppertal, Kulturwissenschaftler, hat bei uns in der letzten Woche behauptet, so was wie die documenta, so was aber auch wie die Biennale in Venedig oder erst recht Münster, das sei alles für die zeitgenössische Kunst bei Weitem nicht so wichtig wie die privaten Veranstaltungen, wie Basel, wie New York, wie vielleicht inzwischen auch Berlin, wie Maastricht. Stimmt das, haben die öffentlichen Sachen an Bedeutung verloren?
Burda: Nein, da bin ich nicht der Meinung. Ich bin der Meinung, dass gerade die documenta ungeheuer wichtig ist. Die documenta war vor allen Dingen nach dem Krieg wichtig, als wir wieder in der Lage waren, moderne Kunst zu zeigen nach diesen schrecklichen Jahren des Nationalsozialismus, ist die documenta wichtig. Die wird natürlich immer kritisiert, das ist ganz klar, dafür ist es auch zu wichtig.
Und die Kunstmesse in Basel ist eine ganz andere Veranstaltung. Dort wird Kunst gehandelt, und dieses Handeln von Kunst ist heute ganz besonders schwierig, weil die Preise einfach aus dem Ruder gelaufen sind. Die Preise sind nicht mehr realistisch. Es liegt auch viel Manipulation in diesem Kunstmarkt. Und da ist natürlich Basel ein wichtiger Ort, wenn jemand Bilder kaufen will. Ich halte aber für die Information Ausstellungen wie die documenta, wie auch Münster mit ihren Skulpturen für wichtiger als Basel.
Kassel: Sie haben von den hohen Preisen jetzt gerade schon gesprochen. Da gibt es Maler, die gehören etwas an, was, Sie haben es schon verraten, Sie mögen diesen Begriff nicht so sehr, aber das allgemein als Neue Leipziger Schule bezeichnet wird und für Werke dieser Künstler und auch anderer zeitgenössischer, zum Teil relativ junger Künstler werden enorme Preise inzwischen auf dem Weltmarkt bezahlt, von teils anonym bleibenden Sammlern. Diese Entwicklung, dieses, wie manche schon auch es essen, Heißlaufen des Kunstmarktes, ist das für Sie auch rein praktisch, als jemand, der Kunstwerke kauft, um sie zu zeigen, inzwischen ein Problem?
Burda: Ja, ganz besonders schwierig. Weil ich halte dieses Heißlaufen des Kunstmarktes für nicht gesund, im Gegenteil. Und diese jungen Maler, die aus dem Nichts heraus zu Weltstars werden, da hat natürlich auch unsere globalisierte Welt einen großen Anteil. Wir sind ja heute nicht mehr wie vor 30, 40 Jahren in einem relativ engen Raum. Wir haben die ganze Welt. Wir haben die Russen, wir haben die Chinesen, wir haben die Asiaten. Alle wollen Kunst kaufen, weil jeder glaubt, dass man mit der Kunst auch viel Geld verdienen kann.
Und das, was man jeden Tag in der Presse vorgeführt bekommt, dass sich ein Bild von 100 Euro oder 1.000 Euro auf Millionen entwickelt, das reizt natürlich sehr viele Anleger. Und da ist eine riesige Spekulation in diesem Markt. Und ich mache da nicht mit. Ich bin da sehr, sehr verhalten, weil ich glaube, das kann so auf die Dauer nicht weiter bestehen.
Kassel: Geraten Sie manchmal in Versuchung, in Ihrem Besitz befinden sich ja zahlreiche Werke aus der späten Schaffensperiode von Picasso unter anderem, zahlreiche andere Künstler, deren Werke heute garantiert mehrstellige Millionenbeträge Wert wären, wenn Sie denn verkaufen würden. Wenn es da Angebote gibt, vielleicht auch von großen Auktionshäusern: Sie sind ja auch nur ein Mensch, Sie haben auch eine kaufmännische Ader. Sind Sie nicht manchmal in Versuchung?
Burda: Das ist manchmal unglaublich schwierig, weil man da auch in Versuchung kommt, so etwas zu realisieren, um auch mal, was die Sammlung angeht, wirklich Bilder, die man früh gekauft hat zu wenig Geld, dann auch mit einem hohen Gewinn verkauft. Das geht ja jedem Kaufmann so. Aber ich muss sagen, ich bin da sehr standhaft. Ich habe eine Sammlung aufgebaut für mein Museum, was ja auch über viele Jahrhunderte, hoffe ich, dauern soll. Und da wäre es nicht richtig, einen wichtigen Bestand zu verkaufen. Ich widerstehe dem immer noch.
Kassel: Dann reden wir mal über Ihr Museum. Das war ein weiter Weg dahin. Seit knapp drei Jahren ist es geöffnet, im Oktober können Sie das Dreijährige feiern. Ich glaube, fast eine halbe Million Besucher waren inzwischen da.
Burda: Ja, wir haben eine halbe Million Besucher. Es war ein langer Weg, bis ich so weit war. Und ich glaube, jedes Museum, was neu gegründet wird, braucht eine unglaubliche Zeit. Also ich habe etwa acht Jahre lang gekämpft, um dieses Museum zu realisieren.
Kassel: Wenn Sie Dinge machen, wie Sie es ja gemacht haben, man muss sagen für Leute, die sich das vielleicht anders vorstellen, Sie zeigen in diesem Museum eben nicht nur Werke aus Ihrem eigenen Bestand, aus Ihrem Besitz. Natürlich tun Sie das auch, aber eben nicht ausschließlich.
Wenn Sie Dinge machen, wie eine große Chagall-Ausstellung veranstalten, da geben Sie offen zu, das haben wir gemacht, weil wir wussten, das ist der beliebteste Maler der Deutschen, und wir brauchten, ich darf so sagen, einen Publikumsmagnet. Das ist natürlich doch eine sehr marktwirtschaftliche Art zu denken. Ist das offenbar mit Kunst trotzdem vereinbar?
Burda: Ja, das sehen Sie so, aber ich sehe es anders. Ein junges Museum muss auch mal etwas ausstellen, was publikumswirksam ist, damit das Publikum kommt, damit wir bekannt werden. Das ist wie ein junges Unternehmen, was ja auch viel Werbung braucht. Und unsere Werbung kann ja nur sein mit einer guten Ausstellung.
Ich kann ja nicht Plakate in allen Städten aufhängen und schreiben, wir sind die Allergrößten, das glaubt uns dann ja sowieso niemand. Aber mit einer großen Ausstellung und mit fast 200.000 Besuchern kriegen wir ein Image, weil die Leute sagen, ah, die machen was Gutes. Und deswegen habe ich diese Chagall-Ausstellung gemacht.
Kassel: Als Sie damals mit Ihren Plänen an die Öffentlichkeit gingen, das eigene Museum eröffnen zu wollen, und auch, als es Ihnen dann am Ende gelungen ist, das zu tun, da gab’s natürlich Stimmen, die sagten, das wollen wir gar nicht einreißen lassen in Deutschland. Ein Kunstmuseum, das ist eine öffentliche Aufgabe, das muss der Staat, das müssen Kommunen machen.
Da kann man vielleicht ein bisschen Sponsoring im Einzelfall zulassen, aber private Museen wollen wir eigentlich gar nicht. Warum ist das in Ihren Augen so wichtig, dass es beides gibt? Man könnte es ja fast duales System nennen – die öffentlich-rechtliche Seite und die privaten Museen?
Burda: Ich glaube, dass es sehr gut zusammen funktioniert. Die öffentliche Hand hat in den letzten Jahren einfach gezwungenermaßen sehr wenig investiert, weder in Ankäufe noch in Museen. Da haben die Privaten viel getan, dass diese Landschaft genauso blüht und genauso breit und groß war wie zu allen Zeiten. Und da soll die öffentliche Hand auch dankbar sein, dass die privaten Sammler hier Initiative ergriffen haben, um etwas auf die Beine zu stellen. Das nimmt auch zu, das wird mehr.
In meinem Fall ist es eine wunderbare Symbiose zwischen der staatlichen Kunsthalle auf der einen Seite und zwischen meinem Museum. Wir zeigen mehr die klassische Moderne, die Kunsthalle zeigt eben die zeitgenössischen Trends. Und diese Verbindung ist für die Besucher sehr angenehm.
Kassel: Das müssen wir vielleicht denen erklären, die noch nicht da waren. Beide Museen, das private und das staatliche, sind fast nebeneinander und sind durch eine Art Brücke verbunden. Nun haben Sie ein Museum, wo in großen Lettern Frieder Burda dran steht. Das wird überdauern, es ist eine Stiftung, auch wenn Sie irgendwann nicht mehr sind, dann ist damit zu rechnen, das Museum und die Stiftung bleiben. Wie viel hat das mit Eitelkeit zu tun?
Burda: Ja, das ist wohl die interessanteste Frage. Ich glaube, die Eitelkeit kann man nie ganz ausschließen, weil da gehört vieles hinzu. Es ist der Erfolg, der ja auch eitel macht. Erfolg, so ein Museum zu bauen, wo alle Welt darüber spricht, über die gelungene Architektur, es erfüllt einen mit Stolz. Ich bin nicht eitel, ich bin ja jemand, der keine Orden und Ehrungen annimmt. Ich habe weder einen Orden noch eine Ehrung in keinem Land, und hatte viele Angebote.
Ich hatte auch in Israel, wo ich sehr viel bin, auch mal ein Problem mit einem Orden, den ich nicht annehmen wollte, und habe das dann sehr gut hinbekommen, dass man mich verstanden hat. Trotzdem, um die Frage ganz ehrlich zu beantworten: Ein bisschen Eitelkeit ist immer dabei.
Kassel: Herr Burda, ich danke Ihnen für, wie ich doch glaube, sehr ehrliche Antworten zum Teil. Danke, dass Sie uns besucht haben, Frieder Burda.
Burda: Danke.
Aber die Welt der Kunst, die ist immer noch seine. Frieder Burda ist Sammler und Mäzen, und er hat in Baden-Baden sein eigenes Museum gegründet. Er war bei uns zu Gast, ich konnte mich kurz vor der Sendung mit ihm unterhalten, und habe natürlich unter anderem gefragt nach dem großen Kunstspektakel diesen Sommer über, nach den vielen Spektakeln, nach der documenta in Kassel, den Skulpturen-Projekten in Münster und der Kunst-Biennale in Venedig. Manche Menschen schauen sich alle drei hintereinander an. Und ich habe Frieder Burda gefragt, ob er wenigstens eine dieser Großveranstaltungen schon besucht hat.
Frieder Burda: Ich habe noch keine besucht, ich werde sie alle besuchen. Aber in den letzten Jahren gehe ich nicht mehr zu den Eröffnungen, weil das ist ein einziger Rummel. Es ist ein gesellschaftliches Ereignis, es gibt eine Art Kunsttourismus, die kommen aus der ganzen Welt, das ist richtig. Wir fangen in Venedig an, dann geht’s nach Basel, dann geht es natürlich zur documenta und nach Münster zu dieser wunderschönen Skulpturenausstellung. Ich schaue mir das später an.
Kassel: Jetzt haben Sie, indem Sie auch Basel erwähnt haben, Dinge in einen Topf geworfen, die manche strenge Menschen doch gern noch getrennt halten wollten. Denn die Art Basel ist natürlich eine Kunstmesse, dient stärker als die anderen drei Veranstaltungen auch der Information konkret von Käufern und Sammlern und auch dem Kaufen und Verkaufen.
Das andere sind öffentlich finanzierte Kunstveranstaltungen. Bazon Brock, der Ästhetikprofessor aus Wuppertal, Kulturwissenschaftler, hat bei uns in der letzten Woche behauptet, so was wie die documenta, so was aber auch wie die Biennale in Venedig oder erst recht Münster, das sei alles für die zeitgenössische Kunst bei Weitem nicht so wichtig wie die privaten Veranstaltungen, wie Basel, wie New York, wie vielleicht inzwischen auch Berlin, wie Maastricht. Stimmt das, haben die öffentlichen Sachen an Bedeutung verloren?
Burda: Nein, da bin ich nicht der Meinung. Ich bin der Meinung, dass gerade die documenta ungeheuer wichtig ist. Die documenta war vor allen Dingen nach dem Krieg wichtig, als wir wieder in der Lage waren, moderne Kunst zu zeigen nach diesen schrecklichen Jahren des Nationalsozialismus, ist die documenta wichtig. Die wird natürlich immer kritisiert, das ist ganz klar, dafür ist es auch zu wichtig.
Und die Kunstmesse in Basel ist eine ganz andere Veranstaltung. Dort wird Kunst gehandelt, und dieses Handeln von Kunst ist heute ganz besonders schwierig, weil die Preise einfach aus dem Ruder gelaufen sind. Die Preise sind nicht mehr realistisch. Es liegt auch viel Manipulation in diesem Kunstmarkt. Und da ist natürlich Basel ein wichtiger Ort, wenn jemand Bilder kaufen will. Ich halte aber für die Information Ausstellungen wie die documenta, wie auch Münster mit ihren Skulpturen für wichtiger als Basel.
Kassel: Sie haben von den hohen Preisen jetzt gerade schon gesprochen. Da gibt es Maler, die gehören etwas an, was, Sie haben es schon verraten, Sie mögen diesen Begriff nicht so sehr, aber das allgemein als Neue Leipziger Schule bezeichnet wird und für Werke dieser Künstler und auch anderer zeitgenössischer, zum Teil relativ junger Künstler werden enorme Preise inzwischen auf dem Weltmarkt bezahlt, von teils anonym bleibenden Sammlern. Diese Entwicklung, dieses, wie manche schon auch es essen, Heißlaufen des Kunstmarktes, ist das für Sie auch rein praktisch, als jemand, der Kunstwerke kauft, um sie zu zeigen, inzwischen ein Problem?
Burda: Ja, ganz besonders schwierig. Weil ich halte dieses Heißlaufen des Kunstmarktes für nicht gesund, im Gegenteil. Und diese jungen Maler, die aus dem Nichts heraus zu Weltstars werden, da hat natürlich auch unsere globalisierte Welt einen großen Anteil. Wir sind ja heute nicht mehr wie vor 30, 40 Jahren in einem relativ engen Raum. Wir haben die ganze Welt. Wir haben die Russen, wir haben die Chinesen, wir haben die Asiaten. Alle wollen Kunst kaufen, weil jeder glaubt, dass man mit der Kunst auch viel Geld verdienen kann.
Und das, was man jeden Tag in der Presse vorgeführt bekommt, dass sich ein Bild von 100 Euro oder 1.000 Euro auf Millionen entwickelt, das reizt natürlich sehr viele Anleger. Und da ist eine riesige Spekulation in diesem Markt. Und ich mache da nicht mit. Ich bin da sehr, sehr verhalten, weil ich glaube, das kann so auf die Dauer nicht weiter bestehen.
Kassel: Geraten Sie manchmal in Versuchung, in Ihrem Besitz befinden sich ja zahlreiche Werke aus der späten Schaffensperiode von Picasso unter anderem, zahlreiche andere Künstler, deren Werke heute garantiert mehrstellige Millionenbeträge Wert wären, wenn Sie denn verkaufen würden. Wenn es da Angebote gibt, vielleicht auch von großen Auktionshäusern: Sie sind ja auch nur ein Mensch, Sie haben auch eine kaufmännische Ader. Sind Sie nicht manchmal in Versuchung?
Burda: Das ist manchmal unglaublich schwierig, weil man da auch in Versuchung kommt, so etwas zu realisieren, um auch mal, was die Sammlung angeht, wirklich Bilder, die man früh gekauft hat zu wenig Geld, dann auch mit einem hohen Gewinn verkauft. Das geht ja jedem Kaufmann so. Aber ich muss sagen, ich bin da sehr standhaft. Ich habe eine Sammlung aufgebaut für mein Museum, was ja auch über viele Jahrhunderte, hoffe ich, dauern soll. Und da wäre es nicht richtig, einen wichtigen Bestand zu verkaufen. Ich widerstehe dem immer noch.
Kassel: Dann reden wir mal über Ihr Museum. Das war ein weiter Weg dahin. Seit knapp drei Jahren ist es geöffnet, im Oktober können Sie das Dreijährige feiern. Ich glaube, fast eine halbe Million Besucher waren inzwischen da.
Burda: Ja, wir haben eine halbe Million Besucher. Es war ein langer Weg, bis ich so weit war. Und ich glaube, jedes Museum, was neu gegründet wird, braucht eine unglaubliche Zeit. Also ich habe etwa acht Jahre lang gekämpft, um dieses Museum zu realisieren.
Kassel: Wenn Sie Dinge machen, wie Sie es ja gemacht haben, man muss sagen für Leute, die sich das vielleicht anders vorstellen, Sie zeigen in diesem Museum eben nicht nur Werke aus Ihrem eigenen Bestand, aus Ihrem Besitz. Natürlich tun Sie das auch, aber eben nicht ausschließlich.
Wenn Sie Dinge machen, wie eine große Chagall-Ausstellung veranstalten, da geben Sie offen zu, das haben wir gemacht, weil wir wussten, das ist der beliebteste Maler der Deutschen, und wir brauchten, ich darf so sagen, einen Publikumsmagnet. Das ist natürlich doch eine sehr marktwirtschaftliche Art zu denken. Ist das offenbar mit Kunst trotzdem vereinbar?
Burda: Ja, das sehen Sie so, aber ich sehe es anders. Ein junges Museum muss auch mal etwas ausstellen, was publikumswirksam ist, damit das Publikum kommt, damit wir bekannt werden. Das ist wie ein junges Unternehmen, was ja auch viel Werbung braucht. Und unsere Werbung kann ja nur sein mit einer guten Ausstellung.
Ich kann ja nicht Plakate in allen Städten aufhängen und schreiben, wir sind die Allergrößten, das glaubt uns dann ja sowieso niemand. Aber mit einer großen Ausstellung und mit fast 200.000 Besuchern kriegen wir ein Image, weil die Leute sagen, ah, die machen was Gutes. Und deswegen habe ich diese Chagall-Ausstellung gemacht.
Kassel: Als Sie damals mit Ihren Plänen an die Öffentlichkeit gingen, das eigene Museum eröffnen zu wollen, und auch, als es Ihnen dann am Ende gelungen ist, das zu tun, da gab’s natürlich Stimmen, die sagten, das wollen wir gar nicht einreißen lassen in Deutschland. Ein Kunstmuseum, das ist eine öffentliche Aufgabe, das muss der Staat, das müssen Kommunen machen.
Da kann man vielleicht ein bisschen Sponsoring im Einzelfall zulassen, aber private Museen wollen wir eigentlich gar nicht. Warum ist das in Ihren Augen so wichtig, dass es beides gibt? Man könnte es ja fast duales System nennen – die öffentlich-rechtliche Seite und die privaten Museen?
Burda: Ich glaube, dass es sehr gut zusammen funktioniert. Die öffentliche Hand hat in den letzten Jahren einfach gezwungenermaßen sehr wenig investiert, weder in Ankäufe noch in Museen. Da haben die Privaten viel getan, dass diese Landschaft genauso blüht und genauso breit und groß war wie zu allen Zeiten. Und da soll die öffentliche Hand auch dankbar sein, dass die privaten Sammler hier Initiative ergriffen haben, um etwas auf die Beine zu stellen. Das nimmt auch zu, das wird mehr.
In meinem Fall ist es eine wunderbare Symbiose zwischen der staatlichen Kunsthalle auf der einen Seite und zwischen meinem Museum. Wir zeigen mehr die klassische Moderne, die Kunsthalle zeigt eben die zeitgenössischen Trends. Und diese Verbindung ist für die Besucher sehr angenehm.
Kassel: Das müssen wir vielleicht denen erklären, die noch nicht da waren. Beide Museen, das private und das staatliche, sind fast nebeneinander und sind durch eine Art Brücke verbunden. Nun haben Sie ein Museum, wo in großen Lettern Frieder Burda dran steht. Das wird überdauern, es ist eine Stiftung, auch wenn Sie irgendwann nicht mehr sind, dann ist damit zu rechnen, das Museum und die Stiftung bleiben. Wie viel hat das mit Eitelkeit zu tun?
Burda: Ja, das ist wohl die interessanteste Frage. Ich glaube, die Eitelkeit kann man nie ganz ausschließen, weil da gehört vieles hinzu. Es ist der Erfolg, der ja auch eitel macht. Erfolg, so ein Museum zu bauen, wo alle Welt darüber spricht, über die gelungene Architektur, es erfüllt einen mit Stolz. Ich bin nicht eitel, ich bin ja jemand, der keine Orden und Ehrungen annimmt. Ich habe weder einen Orden noch eine Ehrung in keinem Land, und hatte viele Angebote.
Ich hatte auch in Israel, wo ich sehr viel bin, auch mal ein Problem mit einem Orden, den ich nicht annehmen wollte, und habe das dann sehr gut hinbekommen, dass man mich verstanden hat. Trotzdem, um die Frage ganz ehrlich zu beantworten: Ein bisschen Eitelkeit ist immer dabei.
Kassel: Herr Burda, ich danke Ihnen für, wie ich doch glaube, sehr ehrliche Antworten zum Teil. Danke, dass Sie uns besucht haben, Frieder Burda.
Burda: Danke.