"Es ist schwer zu sagen, was deutsch ist"

Eva Wolf im Gespräch mit Vladimir Balzer |
Sie kommen aus Ghana, Ecuador, Chile und den USA: Vier Austauschschüler hat Eva Wolf für die ZDF-Dokumentation "12 Monate Deutschland" begleitet. Durch die Augen der Jugendlichen wirft die Regisseurin einen neuen Blick auf ihr Land, das sie dadurch als sehr uneinheitlich erfährt.
Es habe sie sehr überrascht, "dass es so schwer ist zu sagen, was ist deutsch", sagte die Regisseurin im Deutschlandradio Kultur. Abhängig von ihren jeweiligen Gastfamilien hätten die Jugendlichen ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Manche Familien, zum Beispiel auf dem Land, hätten die Gastschüler nachts mit dem Auto in die Diskothek gefahren, um ihnen soziale Kontakte zu ermöglichen. Anderen sei es schon zu viel gewesen, wenn eine Gastschülerin versucht habe, am Familienleben teilzunehmen.

Man dürfe allerdings nicht vergessen, wie schwierig es sei, jemanden Fremdes am eigenen Küchentisch sitzen zu haben, sagte die Regisseurin. Konflikte, die sonst nur zwischen vier Wänden ausgetragen würden, zeigten sich dann vor aller Augen.

Alle in dem Film porträtierten Gastschüler hätten die Erfahrung geteilt, dass sich in ihren Schulen niemand um sie gekümmert habe, sagte Wolf. Und der Jugendliche aus Ghana habe große Schwierigkeiten gehabt mit dem in Deutschland üblichen Verständnis von "tiefer Freundschaft", das es zunächst erschwere, oberflächliche Kontakte zu schließen.

Eva Wolf hat selbst 1986/87 ein Austauschjahr in Ecuador verbracht."12 Monate Deutschland" ist der dritte Film in der Reihe "100%Leben" des Kleinen Fernsehspiels des ZDF.Die Dokumentation wird am Dienstagmorgen um 0.40 Uhr ausgestrahlt.