„Es ist ein Museum zum Anpacken“

Von Nicole C. Merz |
Am 30. Juni 1988 eröffnete die Bibelgalerie in Meersburg zum ersten Mal ihre Pforten. In den vergangenen 20 Jahren haben sich 400.000 Besucher die Dauerausstellung rund um die Bibel angesehen. Renommierte Künstler wie Werner „Tiki“ Küstenmacher und Friedensreich Hundertwasser haben dort ihre Werke ausgestellt. Heute feiert die Galerie ihr Jubiläum und zeigt sich dabei in neuem Antlitz nach sechsmonatiger Renovierungs- und Umbauzeit.
„So ’ne Ausstellung hab ich noch nie vorher gesehen in meinem Leben. Also dass dieses Thema so spannend zu interpretieren oder so spannend dazustellen-. Also wenn man nur schaut, diese einzelnen Elemente die hier da sind, das ist einfach was ganz Besonderes.“

„So ich bin überwältigt, ich finde, das Museum hat wahnsinnig dazu gewonnen, total neuer Standard, viele helle, bunte Farben, nichts Verstaubtes, keine muffigen Bücherecken oder so.“

„Also mir würde hier nicht langweilig werden, weil ich find hier eigentlich alles toll. Ich find das richtig super und da kann man richtig viel spielen.“

" Das find ich sehr schön, dass was für die Kinder da ist und auch die anderen Möglichkeiten, die sie ausprobieren können, haben mir sehr gut gefallen, und ich kann halt auch in Ruhe schauen.“

Das Projekt „Erneuerung der Bibelgalerie“ scheint voll aufgegangen zu sein. Dreieinhalb Jahre hat man dafür getüftelt und geplant, in gerade mal sechs Monaten wurde alles umgesetzt und termingerecht zum 20-jährigen Bestehen der Galerie präsentiert. Unter dem Motto „Mitten im Leben“ haben Geschäftsführerin und Diplom Religionspädagogin Thea Groß und ihr Team die Ausstellung rund um die Bibel neu strukturiert und systematisch auf zwei Etagen verteilt. Eine der Hauptfragen ist – wie kamen die Geschichten der Bibel zwischen zwei Buchdeckel? Und diese Frage wird keineswegs theoretisch gestellt.

" Es ist Museum zum Anpacken. Thema: Johannes Gutenberg, Erfindung der Buchdruckkunst. All das wird nicht nur demonstriert und genannt, sondern auch ganz aktiv eingebracht. Wir haben eine Druckerpresse.“

Die bereits vor dem Umbau in der Bibelgalerie stand und wohl nach wie vor Publikumsmagnet sein wird.

„Es wird Druckerschwärze auf die Buchstaben gemacht und die Leute können selber das Papier einlegen und selber Hand anlegen und selber diesen starken Bengel mit 500 Kilo rüberziehen und sich quasi selber einen Spruch mit nach Hause nehmen, so dass sie etwas für sich selber haben. Das finde ich sehr, sehr schön, dass das in der Bibelgalerie zu sehen und zu machen ist.“

In der zweiten Etage befindet sich ein klösterliches Skriptorium, wo die Bibel früher händisch abgeschrieben wurde, und ein Übersetzungsraum – ähnlich dem, in dem Luther die Bibel von Latein auf Deutsch übersetzte und gleichzeitig den Grundpfeiler einer einheitlichen, deutschen Sprache schuf. Die Räume sind offen, es darf gerne angefasst werden. Aber natürlich geht das nicht immer. In der Schatzkammer zum Beispiel stehen viele wertvolle Prachtbibeln und eine Original-Handschrift aus dem Jahr 1300, die man nicht einfach so berühren darf. Obwohl er nur anschauen durfte, ist dieser Besucher von der Schatzkammer absolut beeindruckt:

" Da kann man die Original Gutenbergbibel sehen. Die ist natürlich ziemlich wertvoll und ich find das eigentlich als persönliches Highlight, weil es ein ziemlich heftiges Buch ist, wo an die 25, 30 kg wiegt und das sieht man halt nicht jeden Tag so was.“

Rein zum Anschauen ist auch das blaue Vitrinenregal „Weg der Bibel durch die Zeit“. Hier findet der Besucher unter anderem die originalgetreue Nachbildung des bis jetzt ältesten, gefundenen Papyrus, genannt P52, und Bilder von seinem Fundort in Ägypten. Die religionsarchäologische Vitrine gibt Antworten auf die Frage: „Woher wissen wir was? Welche wissenschaftlichen Belege gibt es und was ist nicht nachprüfbare Überlieferung?“ Das Regal verläuft um das 2,30 m hohe Bücher-Buch – ebenfalls eine Art Regal, in dessen burgundroten Buchdeckeln sich die 77 Bücher der Bibel befinden. Der Besucher kann sie herausnehmen und findet eine Kurzzusammenfassung des Inhalts. Im Themenbereich „Lebenswelten“ kann man es sich in Plüschsesseln gemütlich machen und anhand von Zitaten herausfinden, wie die Bibel auf die verschiedensten Menschen unterschiedlicher Epochen Einfluss nimmt. Der eine liebt Bilder von Marc Chagall – der sich intensiv mit Bibelthemen auseinander gesetzt hat. Der andere hört gerne Musik von Bach, der hauptsächlich für die Kirchenpraxis komponierte. In der mittelalterlichen Familie wie auch im Alltag eines Teenagers 2008 lässt sich die Bibel immer wieder nachweisen. Geschäftsführerin Thea Groß:

" Wenn ich einen Kalender da liegen habe, hat das was mit der Bibel zu tun. Thema Sonntag: Sonntagsschutz. Solche Dinge werden entfaltet.“

Im Forum werden Fragen rund um die Bibel und Jesus diskutiert. Zettel hängen an den Wänden und die Ausstellunsgmacher geben konkrete Antworten auf Fragen wie:

„Hat Jesus wirklich gelebt? Oder Fragen, die einfach zu uns kamen: „Hatte der was mit der Maria Magdalena? War er verheiratet?"“

Wer nicht fragen, sondern lieber eine Auszeit haben möchte, kann in den Raum der Stille gehen. Dort steht eine Skulptur vom Jünger Johannes, wie er beim letzten Abendmahl den Kopf an Jesu Schulter legt. Die Vertrauensbotschaft der Figur wird von der Raumgestaltung noch unterstrichen.

" Die Johannes-Christus-Minne selber ist in Gold- und Rottönen ganz warm und freundlich und diese Farben haben wir aufgenommen in diesem Raum. Auch mit Licht, so dass man sich ganz geborgen fühlt. Also es ist auch unsere Bibelgalerie eine Ausstellung, die alle Sinne anspricht.“

Alle Sinne? Bisher hatten wir sehen und tasten. Im Bibelgarten kommen Nase und Mund, also riechen und schmecken, auf ihre Kosten. Hier wachsen die verschiedensten Heilkräuter, Pflanzen und Obst aus der Bibel.

„Da sind wunderbare Zitronen im Moment reif und in Kürze auch unsere Feigen. Und da in ne ganz frische, knackige Feige reinzubeißen, das ist nicht verboten.“

Zum Hören gibt es auch sehr viel, unter anderem im grünen Jesusraum. Über ein Hörrohr kann man zum Beispiel den Zöllner Zachäus von seiner Begegnung mit Jesus erzählen hören. Im Lehmhaus bekommt man ein Gespür dafür, wie dunkel und beengt es bei Jesus zu Hause gewesen sein muss und im alttestamentarischen Beduinenzelt kann der Besucher traditionelle Nomadenkleidung überstreifen, der kleine Rahel lauschen und die alltäglichen Pflichten einer Frau in der damaligen Zeit erleben.

" … in dem wir eine Getreidemühle da haben mit Körnern und jeder Besucher eingeladen ist, da mal Körner zu Mehl zu mahlen, Steine zu schieben zur Zeit Abrahams, zur Zeit der Nomaden, und später dann die modernere Variante, die Rundmühle, wo man zwischen zwei runden Steinen schon mit mehr Umsetzung der Kräfte drehen konnte.“

Gerade für Kinder ist diese begreifliche Geschichte etwas ganz Spannendes. Auf ihrer Entdeckertour stellt ihnen das Museum einen ganz besonderen Führer an die Seite:

„Es gibt unsere Kiddy-Klappen. Einen Weg für Kids durch die Ausstellung, an jeder Station eine Entdeckermöglichkeit. Wido Wiedehopf, der bunte Vogel aus der Kinderbibel „Komm, freu dich mit mir“, führt die Kinder durch und bringt ihnen auf ganz spezielle Art die einzelnen Themen nahe.“

Unter Widos Traumbaum können die Kids außerdem malen, ihre Geschicklichkeit an einem Kugellabyrinth testen und fünf Geschichten aus der Bibel lauschen. Ein weiteres Highlight ist das Puppentheater mit biblischen Figuren.

Für Kleine und Große, für Bibelfeste und Bibelungewohnte – die Bibelgalerie hält für jeden eine kleine Überraschung bereit. Dass sich der Umbau gelohnt hat, davon ist dieser Meersburger überzeugt.

" Ich denke, das wird ein ganz großer Erfolg auch für ganz Meersburg. Wir waren schon immer stolz, schon auf die alte Bibelgalerie und auf die neue werden wir natürlich genauso stolz sein.“

Tipp: Die Bibelgalerie im Internet finden Sie hier.