"Es hat nichts Religiöses an sich"
Nach Ansicht von Ursula Caberta ist die Eröffnung des Scientology-Zentrums in Berlin Teil einer europaweiten Strategie. Ziel sei es, einen Imagewandel herbeizuführen und als Religionsgemeinschaft anerkannt zu werden. Die Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Scientology in der Hamburger Innenbehörde plädierte dafür, Scientology wie jede andere verfassungsfeindliche Organisation zu behandeln.
Jürgen König: Frau Caberta, in dem AFP-Interview, das ich schon genannt habe, zitieren Sie ein Scientology-Papier darin. Es heißt, "um unsere planetarischen Rettungskampagnen in Anwendung zu bringen, müssen wir die obersten Ebenen der deutschen Regierung in Berlin erreichen", und weiter, Ziel sei es, "die nötigen Zufahrtsstraßen in das deutsche Parlament zu bauen". Was genau hat Scientology Ihrer Ansicht nach vor?
Ursula Caberta: Das ist selten, dass Scientology so klar spricht, obwohl es auch immer noch scientologische Feinheiten in der Sprache beinhaltet. Das ist aber das, was eigentlich schon von Hubbard vorgegeben ist immer, dass man, wenn man Menschen rekrutiert hat, die tätig werden sollen, für das endgültige Ziel, ich nenne das immer, jede Gesellschaft, in der sie sich bewegen, zu scientologisieren, also das, was in Scientology schon "als Recht und Gesetz" gilt, das Menschenbild in Scientology überall zu verbreiten, und das sagen sie in der Deutlichkeit, indem sie sagen, wir brauchen die Politik. Richtig, wenn sie was verändern wollen, müssen sie politischen Einfluss haben, und das steht da jetzt drin, und das ist auch die Hauptaufgabe dieser neuen Art von Einheit, die sie da in Berlin gegründet haben.
König: Wie weit ist Scientology gekommen auf dem Weg zu den obersten Ebenen der deutschen Regierung?
Caberta: Na ja, das wissen wir noch nicht genau. Also, was heißt so weit gekommen, ich finde immer, das beste Beispiel sind die USA, weil immer auch kommt, sie sind auch als Religion da anerkannt. Das ist ja so nicht ganz richtig, sie sind gemeinnützig. Aber was sie eben in den USA durch Kontakte in die Politik hinein und in die Administration geschafft haben, ist eben genau das, dass gesagt wird, sie sind irgendwas Nettes, was auch immer. Ich weiß auch nicht, warum immer mit Religion etwas Gutes verbunden werden muss.
König: Ist es überhaupt eine Religion, würden Sie das sagen?
Caberta: Nein, natürlich ist es das nicht, noch nie gewesen. Das ist sozusagen die Nebelkerze, die sie immer schmeißen. Es hat nichts Religiöses an sich. Hubbard hat sehr früh schon gesagt, in den fünfziger Jahren in den USA, es ist auch logisch, man muss auch wissen, woher das kommt, aus den USA, wir nennen uns Kirche oder Religion, wird sozial anerkannt, Regierungen greifen Religionsgemeinschaften nicht an, sie gelten als was Positives, also nennen wir uns Religion. Das ist praktisch eine Art von Nebelkerze, so kann man es nennen.
König: Wenn Scientology sagt, wir führen Krieg gegen das demokratische System, nun haben wir eine Gründung in Berlin beobachtet, Scientology-Zentralen gibt es schon in Brüssel, London und Madrid. Was hat sich dort bisher getan, also wo man wirklich sagen kann, hier wirkt Scientology schon?
Caberta: Ja, also so ist es, die Zentrale in Brüssel gibt es ja noch nicht so lange. Also man muss immer denken, Scientology gibt es seit 1950, und sie haben immer wieder Rückschläge in allen Ländern der Welt, wo sie aufgetreten sind, erreicht, aber sie geben niemals auf. Deswegen darf man auch nicht nachlassen. In Brüssel sind sie ja noch nicht so lange, aber das Ziel ist vorgegeben, und wir haben natürlich schon, es gibt, also das erste, dass sie erreichen müssen, ist den Imagewandel in Europa. Zum Beispiel wird es ganz deutlich, wenn einer ihrer Schlagschiffe, Tom Cruise hatte ja schon Anfang dieses Jahrtausends oder dieses Jahrhunderts angefangen, also 2003, wir haben ein Schreiben von ihm von 2003 an das US State Department, wo er sich bedankt beim stellvertretenden US-Außenminister, dass die US-Botschaften und Konsulate in Europa ihm so viel Hilfe gegeben haben, er nennt explizit die drei Länder in Europa, die am kritischsten mit Scientology umgehen, Frankreich, Belgien und Deutschland, um endlich die Diskriminierung der Gruppierung, der er angehört, zu unterbinden. Also er wird zielgerichtet auch eingesetzt wie alle Prominenten, und genauso war es. Also er war bei der Veranstaltung Eröffnung in Madrid. Dass er nun nicht nach Berlin gekommen ist, hat vielleicht andere Gründe, keine Ahnung, aber das sind Sachen, das ist seine Aufgabe gewesen, und das hat sich auch verfestigt, also das geht nicht erst seit gestern, die ganze Geschichte.
König: Aber wenn ich lese, in Deutschland hat Scientology 6000 Mitglieder, sind das nicht zu wenige, um einem Land gefährlich zu werden?
Caberta: Also ich weiß nicht. Eigentlich finde ich immer merkwürdig, dass nur bei Scientology, wenn es um extremistische und verfassungsfeindliche Gruppen geht, die Mitgliederzahl anscheinend so wichtig ist. Das höre ich bei links- oder rechtsextremistischen Gruppen relativ selten, dass da gefragt wird, wie viel sind es denn eigentlich, sondern da geht es immer darum, und anders darf Scientology auch nicht behandelt werden, was wollen sie. Wie viele es eigentlich sind, ist relativ egal. Es kommt darauf an, welche Leute sind es, wo haben sie die Macht, wie können sie Leute beeinflussen, dass sie ihre Ziele erreichen. Man muss sie wirklich behandeln wie jede andere verfassungsfeindliche Organisation. Außerdem habe ich bei der Zahl meine Zweifel, will ich ganz offen sagen, weil die Mitgliedschaft Scientologys intern, da gilt nur die internationale. Wenn man sich auf Lebenszeit verpflichtet, ist man Mitglied der International Association of Scientologists, und ob man dann noch Mitglied in irgendeinem deutschen Verein ist, ist völlig irrelevant. Insofern glaube ich nicht, dass wir alle kennen.
König: Ich muss das nochmal fragen, weil ich glaube, dass es auch viele verwirrt. Zum Beispiel der Berliner Innensenator sagt, Scientology war bisher in Berlin inaktiv, hat hier nicht fußen können. Unionsfraktionsvize Bosbach hält dagegen, diese Linie sei grob fahrlässig, es sei das falsche Signal so zu tun, als gehe keine Gefahr von Scientology aus. Wo genau sehen Sie die Wirkung von Scientology in unserem Land?
Caberta: Also der erste Punkt ist eben diese Geschichte, dass immer noch darüber diskutiert wird, ob sie irgendetwas Positives sind, ob sie was Religiöses haben, was immer gleich mit positiv festgesetzt wird, was ja auch schon irgendwie nicht ganz richtig ist, aber egal. Das ist schon mal die erste Geschichte. Sie brauchen, um Fuß zu fassen, um ihre Ideologie dann umzusetzen in die verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen, brauchen sie erstmal etwas Positives. Wenn ein Scientologe auftaucht, dann muss es heißen, oh wie toll, da ist ein Scientologe, der tut ja was für die Welt, der ist gegen Kriminalität oder gegen Krieg. Wer ist das nicht? Nur, dann müssen Sie gucken, was steckt dahinter, und Kriminalität heißt, übersetzt aus dem Scientologischen, dass alle diejenigen, die gegen Scientology sind, als kriminell gelten. Also wenn ein Scientologe sagt, er ist gegen Kriminalität, dann heißt es nichts anderes, als dass die Stimmen, die sich kritisch mit Scientology auseinandersetzen, ruhig gestellt werden müssen. Sie haben ja intern schon ihre Scientology eigenen Gefängnisse, wo jetzt schon die Leute, die...
König: In Deutschland?
Caberta: Nein, in den USA, in England und in Dänemark, da, wo die so genannte Eliteeinheit, die Sea Org sitzt, wo nicht ganz linientreue Leute, also das heißt, die mal gemeckert haben, also die Kritik eingebracht haben, dann irgendwann auch mal landen können, und diese ganze Europakampagne, auch das neue Gebäude in Berlin läuft nach den Unterlagen, die wir haben, unter der Regie dieser internationalen Sea Org. Also das ist keine Idee der deutschen Scientologen, sondern das ist alles aus den USA.
König: Also Teil einer Strategie?
Caberta: Ja.
König: In Berlin wurde ein Scientology-Zentrum eröffnet. Ein Gespräch dazu mit Ursula Caberta, Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Scientology in der Hamburger Innenbehörde. Frau Caberta, vielen Dank!
Ursula Caberta: Das ist selten, dass Scientology so klar spricht, obwohl es auch immer noch scientologische Feinheiten in der Sprache beinhaltet. Das ist aber das, was eigentlich schon von Hubbard vorgegeben ist immer, dass man, wenn man Menschen rekrutiert hat, die tätig werden sollen, für das endgültige Ziel, ich nenne das immer, jede Gesellschaft, in der sie sich bewegen, zu scientologisieren, also das, was in Scientology schon "als Recht und Gesetz" gilt, das Menschenbild in Scientology überall zu verbreiten, und das sagen sie in der Deutlichkeit, indem sie sagen, wir brauchen die Politik. Richtig, wenn sie was verändern wollen, müssen sie politischen Einfluss haben, und das steht da jetzt drin, und das ist auch die Hauptaufgabe dieser neuen Art von Einheit, die sie da in Berlin gegründet haben.
König: Wie weit ist Scientology gekommen auf dem Weg zu den obersten Ebenen der deutschen Regierung?
Caberta: Na ja, das wissen wir noch nicht genau. Also, was heißt so weit gekommen, ich finde immer, das beste Beispiel sind die USA, weil immer auch kommt, sie sind auch als Religion da anerkannt. Das ist ja so nicht ganz richtig, sie sind gemeinnützig. Aber was sie eben in den USA durch Kontakte in die Politik hinein und in die Administration geschafft haben, ist eben genau das, dass gesagt wird, sie sind irgendwas Nettes, was auch immer. Ich weiß auch nicht, warum immer mit Religion etwas Gutes verbunden werden muss.
König: Ist es überhaupt eine Religion, würden Sie das sagen?
Caberta: Nein, natürlich ist es das nicht, noch nie gewesen. Das ist sozusagen die Nebelkerze, die sie immer schmeißen. Es hat nichts Religiöses an sich. Hubbard hat sehr früh schon gesagt, in den fünfziger Jahren in den USA, es ist auch logisch, man muss auch wissen, woher das kommt, aus den USA, wir nennen uns Kirche oder Religion, wird sozial anerkannt, Regierungen greifen Religionsgemeinschaften nicht an, sie gelten als was Positives, also nennen wir uns Religion. Das ist praktisch eine Art von Nebelkerze, so kann man es nennen.
König: Wenn Scientology sagt, wir führen Krieg gegen das demokratische System, nun haben wir eine Gründung in Berlin beobachtet, Scientology-Zentralen gibt es schon in Brüssel, London und Madrid. Was hat sich dort bisher getan, also wo man wirklich sagen kann, hier wirkt Scientology schon?
Caberta: Ja, also so ist es, die Zentrale in Brüssel gibt es ja noch nicht so lange. Also man muss immer denken, Scientology gibt es seit 1950, und sie haben immer wieder Rückschläge in allen Ländern der Welt, wo sie aufgetreten sind, erreicht, aber sie geben niemals auf. Deswegen darf man auch nicht nachlassen. In Brüssel sind sie ja noch nicht so lange, aber das Ziel ist vorgegeben, und wir haben natürlich schon, es gibt, also das erste, dass sie erreichen müssen, ist den Imagewandel in Europa. Zum Beispiel wird es ganz deutlich, wenn einer ihrer Schlagschiffe, Tom Cruise hatte ja schon Anfang dieses Jahrtausends oder dieses Jahrhunderts angefangen, also 2003, wir haben ein Schreiben von ihm von 2003 an das US State Department, wo er sich bedankt beim stellvertretenden US-Außenminister, dass die US-Botschaften und Konsulate in Europa ihm so viel Hilfe gegeben haben, er nennt explizit die drei Länder in Europa, die am kritischsten mit Scientology umgehen, Frankreich, Belgien und Deutschland, um endlich die Diskriminierung der Gruppierung, der er angehört, zu unterbinden. Also er wird zielgerichtet auch eingesetzt wie alle Prominenten, und genauso war es. Also er war bei der Veranstaltung Eröffnung in Madrid. Dass er nun nicht nach Berlin gekommen ist, hat vielleicht andere Gründe, keine Ahnung, aber das sind Sachen, das ist seine Aufgabe gewesen, und das hat sich auch verfestigt, also das geht nicht erst seit gestern, die ganze Geschichte.
König: Aber wenn ich lese, in Deutschland hat Scientology 6000 Mitglieder, sind das nicht zu wenige, um einem Land gefährlich zu werden?
Caberta: Also ich weiß nicht. Eigentlich finde ich immer merkwürdig, dass nur bei Scientology, wenn es um extremistische und verfassungsfeindliche Gruppen geht, die Mitgliederzahl anscheinend so wichtig ist. Das höre ich bei links- oder rechtsextremistischen Gruppen relativ selten, dass da gefragt wird, wie viel sind es denn eigentlich, sondern da geht es immer darum, und anders darf Scientology auch nicht behandelt werden, was wollen sie. Wie viele es eigentlich sind, ist relativ egal. Es kommt darauf an, welche Leute sind es, wo haben sie die Macht, wie können sie Leute beeinflussen, dass sie ihre Ziele erreichen. Man muss sie wirklich behandeln wie jede andere verfassungsfeindliche Organisation. Außerdem habe ich bei der Zahl meine Zweifel, will ich ganz offen sagen, weil die Mitgliedschaft Scientologys intern, da gilt nur die internationale. Wenn man sich auf Lebenszeit verpflichtet, ist man Mitglied der International Association of Scientologists, und ob man dann noch Mitglied in irgendeinem deutschen Verein ist, ist völlig irrelevant. Insofern glaube ich nicht, dass wir alle kennen.
König: Ich muss das nochmal fragen, weil ich glaube, dass es auch viele verwirrt. Zum Beispiel der Berliner Innensenator sagt, Scientology war bisher in Berlin inaktiv, hat hier nicht fußen können. Unionsfraktionsvize Bosbach hält dagegen, diese Linie sei grob fahrlässig, es sei das falsche Signal so zu tun, als gehe keine Gefahr von Scientology aus. Wo genau sehen Sie die Wirkung von Scientology in unserem Land?
Caberta: Also der erste Punkt ist eben diese Geschichte, dass immer noch darüber diskutiert wird, ob sie irgendetwas Positives sind, ob sie was Religiöses haben, was immer gleich mit positiv festgesetzt wird, was ja auch schon irgendwie nicht ganz richtig ist, aber egal. Das ist schon mal die erste Geschichte. Sie brauchen, um Fuß zu fassen, um ihre Ideologie dann umzusetzen in die verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen, brauchen sie erstmal etwas Positives. Wenn ein Scientologe auftaucht, dann muss es heißen, oh wie toll, da ist ein Scientologe, der tut ja was für die Welt, der ist gegen Kriminalität oder gegen Krieg. Wer ist das nicht? Nur, dann müssen Sie gucken, was steckt dahinter, und Kriminalität heißt, übersetzt aus dem Scientologischen, dass alle diejenigen, die gegen Scientology sind, als kriminell gelten. Also wenn ein Scientologe sagt, er ist gegen Kriminalität, dann heißt es nichts anderes, als dass die Stimmen, die sich kritisch mit Scientology auseinandersetzen, ruhig gestellt werden müssen. Sie haben ja intern schon ihre Scientology eigenen Gefängnisse, wo jetzt schon die Leute, die...
König: In Deutschland?
Caberta: Nein, in den USA, in England und in Dänemark, da, wo die so genannte Eliteeinheit, die Sea Org sitzt, wo nicht ganz linientreue Leute, also das heißt, die mal gemeckert haben, also die Kritik eingebracht haben, dann irgendwann auch mal landen können, und diese ganze Europakampagne, auch das neue Gebäude in Berlin läuft nach den Unterlagen, die wir haben, unter der Regie dieser internationalen Sea Org. Also das ist keine Idee der deutschen Scientologen, sondern das ist alles aus den USA.
König: Also Teil einer Strategie?
Caberta: Ja.
König: In Berlin wurde ein Scientology-Zentrum eröffnet. Ein Gespräch dazu mit Ursula Caberta, Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Scientology in der Hamburger Innenbehörde. Frau Caberta, vielen Dank!