Es brodelt, schäumt und kracht
Der "Kinderbrockhaus Experimente" wendet sich an Menschen jeden Alters, die spielerisch etwas über Naturwissenschaften lernen wollen. Das Buch bietet 80 Experimente aus Physik, Chemie und Biologie. Er ist weniger für den Nachttisch geeignet, als vielmehr für die Küche, die flugs zum Labor wird.
Fanden Sie Physik in der Schule auch immer grässlich langweilig? Dieses mit Kreide an der Tafel herumrechnen oder unsinnige elektrische Schaltungen aufbauen? Allen Schulphysik-Geschädigten kann geholfen werden: Joachim Hecker zeigt uns mit seinem "Kinderbrockhaus Experimente – Den Naturwissenschaften auf der Spur", dass Physik unseren Alltag bestimmt und dass Physik Spaß macht! Gut 80 verblüffende Effekte vermitteln ein ganz neues Physikgefühl. Zwar richtet sich das Buch an Kinder – und Leser und Leserin werden konsequent geduzt, aber an Kinder ab 8 Jahren. Und steckt nicht in uns allen noch immer ein Kind?
Mit simplen Mitteln, die fast jeder im Haus hat oder problemlos besorgen kann, geht es auf physikalische Entdeckungsreise. Man fülle ein Tütchen Backpulver in einen Luftballon. Diesen Ballon stülpe man dann über den Hals einer Flasche, in die man vorher ein wenig Essig gefüllt hat. Jetzt den schlaffen Ballon so anheben, dass das Backpulver in die Flasche fällt. Es brodelt herrlich – das entweichende Gas füllt den Ballon, der im Nu wunderbar prall ist. Backpulver ist ein Salz, das mit dem Essig reagiert und dabei große Mengen Kohlendioxid freisetzt. Beim Kuchenbacken entsteht das Gas durch die Backhitze. Das Kohlendioxid zieht den Kuchen mit – er geht auf.
Noch mehr Brodeln? Eine leere Flasche zur Hälfte mit Wasser füllen und zu einem Viertel mit Essig. Dann einen kräftigen Spritzer Spülmittel hinein – und wieder ein Tütchen Backpulver. Es brodelt und schäumt wunderbar: Dieses Mal so heftig, dass der Schaum durch den verengten Flaschenhals geradezu herausschießt. Fertig ist der Küchenvulkan! Denn genau so funktionieren Vulkane: Im Erdinnern gibt es Überdruck. Die Lava will entweichen, findet eine Öffnung und wird von den nachdrückenden Massen geradezu herausgepresst.
Wunderwelt der Kräfte: Haben Sie einen Kugelschreiber mit Clip? Legen Sie einen Gürtel doppelt und befestigen Sie den Kugelschreiber mit dem Clip genau im Knick. Jetzt legen Sie den Kugelschreiber mit der oberen Spitze auf die Fingerkuppe. Fallen Kuli und Gürtel herunter? Nein! Der schräg vom Finger weg ragende Kugelschreiber bleibt hängen - Sie können problemlos balancieren. Der Schwerpunkt von Kugelschreiber und Gürtel liegt so, dass das Gespann in Richtung Hand fällt, also einfach in den Finger gedrückt wird. Dieses Prinzip nutzt jeder Drahtseilartist. Ist die Balancierstange nur lang genug, kann der Artist gar nicht vom Seil fallen, weil er immer auf das Seil gedrückt wird.
Hat Luft eine Kraft? Gut, beim Sturm. Aber sonst? Hier kommt der Beweis: Eine Plastikflasche über einen Trichter zu einem Drittel mit kochendem Wasser füllen. Falsche zudrehen und einige Male kräftig schütteln (Topflappen oder Ofenhandschuhe nicht vergessen!). Flasche öffnen, heißes Wasser ausgießen und Flasche sofort wieder fest verschließen. Was passiert? Nach einer Minute fängt die Flasche an zu knacken. Eine unsichtbare Hand zerdrückt sie – schließlich ist selbst eine feste Plastikflasche völlig zerbeult und flach gedrückt.
Die Luft in der Flasche kühlt sich ab und zieht sich dabei zusammen. Der Luftdruck in der Flasche nimmt also ab – entsprechend gewinnt der Luftdruck draußen. Auch auf uns Menschen lastet dieser Druck. Aber wir haben uns daran gewöhnt – und in den Knochen gibt es z.B. Luftkammern, die dem Druck entgegenwirken. Auch Saugnäpfe funktionieren so: Im Innern ist der Druck geringer als von außen – so hält der Haken an der Wand.
Joachim Hecker zeigt nicht nur die Effekte. Auf einer Doppelseite pro Experiment erklärt er sie anschaulich und gibt gleich Beispiele, wo sie in Natur und Technik auftauchen. Jedes Experiment ist einer von vier Kategorien zugeordnet: leicht, mittel, schwer, nur für Erwachsene unter Aufsicht von Kindern geeignet. Alle Experimente wurden von Kindern getestet. Hecker präsentiert seit Jahren in einer Hörfunksendung Physik-Experimente für Kinder.
Neben den Erklärungen gibt es auch einige Themen-Sonderseiten, die verblüffende Tricks zeigen, zum Nachmachen anregen und Bastelanleitungen bieten. Zum Ende des Gauß-Jahres (Carl Friedrich Gauß war auf dem 10-Mark-Schein!) eine schöne Geschichte vom Schüler Gauß: Der Lehrer wollte seine Ruhe haben und ließ die Klasse alle Zahlen von 1 bis 100 zusammenzählen. Was kommt raus? Der kleine Gauß hatte es binnen Sekunden: 100 + 1 ist 101, ebenso wie 99 + 2 und 98 + 3 und 97 + 4 usw. In den Zahlen von 1 bis 100 gibt es also 50 Paare, die 101 ergeben: Also kommt 5050 heraus. Ganz ohne 1+2+3+4+... zu rechnen. Gewusst wie!
Fazit: Kein Buch für den Nachttisch – denn beim Lesen zuckt es sofort in den Fingern, die Experimente nachzumachen. Eher ein Buch für die Küche, die flugs zum Labor wird. Schlimmstenfalls muss man nach der Lektüre samt Experiment-Marathon die Küche renovieren – aber dann hat man unglaublich viel gelernt, gestaunt und sich bestens amüsiert. Ein Buch gegen den Pisa-Frust!
"Kinderbrockhaus Experimente – Den Naturwissenschaften auf der Spur"
von Joachim Hecker
192 Seiten, 400 Abbildungen
Brockhaus-Verlag 2005, ISBN 3-7653-2401-9, 14,95 €
Mit simplen Mitteln, die fast jeder im Haus hat oder problemlos besorgen kann, geht es auf physikalische Entdeckungsreise. Man fülle ein Tütchen Backpulver in einen Luftballon. Diesen Ballon stülpe man dann über den Hals einer Flasche, in die man vorher ein wenig Essig gefüllt hat. Jetzt den schlaffen Ballon so anheben, dass das Backpulver in die Flasche fällt. Es brodelt herrlich – das entweichende Gas füllt den Ballon, der im Nu wunderbar prall ist. Backpulver ist ein Salz, das mit dem Essig reagiert und dabei große Mengen Kohlendioxid freisetzt. Beim Kuchenbacken entsteht das Gas durch die Backhitze. Das Kohlendioxid zieht den Kuchen mit – er geht auf.
Noch mehr Brodeln? Eine leere Flasche zur Hälfte mit Wasser füllen und zu einem Viertel mit Essig. Dann einen kräftigen Spritzer Spülmittel hinein – und wieder ein Tütchen Backpulver. Es brodelt und schäumt wunderbar: Dieses Mal so heftig, dass der Schaum durch den verengten Flaschenhals geradezu herausschießt. Fertig ist der Küchenvulkan! Denn genau so funktionieren Vulkane: Im Erdinnern gibt es Überdruck. Die Lava will entweichen, findet eine Öffnung und wird von den nachdrückenden Massen geradezu herausgepresst.
Wunderwelt der Kräfte: Haben Sie einen Kugelschreiber mit Clip? Legen Sie einen Gürtel doppelt und befestigen Sie den Kugelschreiber mit dem Clip genau im Knick. Jetzt legen Sie den Kugelschreiber mit der oberen Spitze auf die Fingerkuppe. Fallen Kuli und Gürtel herunter? Nein! Der schräg vom Finger weg ragende Kugelschreiber bleibt hängen - Sie können problemlos balancieren. Der Schwerpunkt von Kugelschreiber und Gürtel liegt so, dass das Gespann in Richtung Hand fällt, also einfach in den Finger gedrückt wird. Dieses Prinzip nutzt jeder Drahtseilartist. Ist die Balancierstange nur lang genug, kann der Artist gar nicht vom Seil fallen, weil er immer auf das Seil gedrückt wird.
Hat Luft eine Kraft? Gut, beim Sturm. Aber sonst? Hier kommt der Beweis: Eine Plastikflasche über einen Trichter zu einem Drittel mit kochendem Wasser füllen. Falsche zudrehen und einige Male kräftig schütteln (Topflappen oder Ofenhandschuhe nicht vergessen!). Flasche öffnen, heißes Wasser ausgießen und Flasche sofort wieder fest verschließen. Was passiert? Nach einer Minute fängt die Flasche an zu knacken. Eine unsichtbare Hand zerdrückt sie – schließlich ist selbst eine feste Plastikflasche völlig zerbeult und flach gedrückt.
Die Luft in der Flasche kühlt sich ab und zieht sich dabei zusammen. Der Luftdruck in der Flasche nimmt also ab – entsprechend gewinnt der Luftdruck draußen. Auch auf uns Menschen lastet dieser Druck. Aber wir haben uns daran gewöhnt – und in den Knochen gibt es z.B. Luftkammern, die dem Druck entgegenwirken. Auch Saugnäpfe funktionieren so: Im Innern ist der Druck geringer als von außen – so hält der Haken an der Wand.
Joachim Hecker zeigt nicht nur die Effekte. Auf einer Doppelseite pro Experiment erklärt er sie anschaulich und gibt gleich Beispiele, wo sie in Natur und Technik auftauchen. Jedes Experiment ist einer von vier Kategorien zugeordnet: leicht, mittel, schwer, nur für Erwachsene unter Aufsicht von Kindern geeignet. Alle Experimente wurden von Kindern getestet. Hecker präsentiert seit Jahren in einer Hörfunksendung Physik-Experimente für Kinder.
Neben den Erklärungen gibt es auch einige Themen-Sonderseiten, die verblüffende Tricks zeigen, zum Nachmachen anregen und Bastelanleitungen bieten. Zum Ende des Gauß-Jahres (Carl Friedrich Gauß war auf dem 10-Mark-Schein!) eine schöne Geschichte vom Schüler Gauß: Der Lehrer wollte seine Ruhe haben und ließ die Klasse alle Zahlen von 1 bis 100 zusammenzählen. Was kommt raus? Der kleine Gauß hatte es binnen Sekunden: 100 + 1 ist 101, ebenso wie 99 + 2 und 98 + 3 und 97 + 4 usw. In den Zahlen von 1 bis 100 gibt es also 50 Paare, die 101 ergeben: Also kommt 5050 heraus. Ganz ohne 1+2+3+4+... zu rechnen. Gewusst wie!
Fazit: Kein Buch für den Nachttisch – denn beim Lesen zuckt es sofort in den Fingern, die Experimente nachzumachen. Eher ein Buch für die Küche, die flugs zum Labor wird. Schlimmstenfalls muss man nach der Lektüre samt Experiment-Marathon die Küche renovieren – aber dann hat man unglaublich viel gelernt, gestaunt und sich bestens amüsiert. Ein Buch gegen den Pisa-Frust!
"Kinderbrockhaus Experimente – Den Naturwissenschaften auf der Spur"
von Joachim Hecker
192 Seiten, 400 Abbildungen
Brockhaus-Verlag 2005, ISBN 3-7653-2401-9, 14,95 €