Erst wuchtig, dann lächerlich
In einer verrosteten, vom Krieg verwüsteten Welt hausen die Trojaner. Nach zehn Jahren Verteidigung gegen die Griechen sind sie zermürbt und freuen sich über den Abzug der Feinde, die ihnen ein wunderschönes Holzpferd als Geschenk zurückgelassen haben.
Ausgelassen tanzen sie über die weit offene Bühne der Deutschen Oper in David Pountneys Inszenierung der "Trojaner" an der Deutschen Oper Berlin. Wenig später erscheint Andromache mit ihrem Sohn Astyanax, um an ihren gefallenen Mann Hector zu erinnern.
Diese Pantomime zu einem grandios gespielten Klarinettensolo gehört zu den wenigen berührenden Szenen des langen Abends. Mit dem Mythos von den übermütigen und törichten Trojanern, die nicht auf die Weissagungen ihrer Seherin Kassandra hören wollen, bestreitet der Komponist Hector Berlioz die ersten beiden Akte seiner ausufernden Oper "Die Trojaner". Die restlichen drei Akte inklusive Ballett erzählen die Liebesgeschichte der Karthagerkönigin Dido und des Helden Aeneas, der auf seiner Flucht aus Troja Zwischenstation in Nordafrika macht, bevor er nach Italien weiterzieht und Rom zur Ewigen Stadt macht.
Sowohl Kassandra als auch Dido bleiben auf der Strecke bei so viel männlichem Eroberungsdrang und Schlachtengetümmel, beide töten sich selber, sobald sie erkennen, dass sie in der kriegerischen Männerwelt nichts mehr ausrichten können. Pountney lässt Dido in den Armen Kassandras sterben, will so verdeutlichen, dass beide Schwestern im Geiste sind, Opfer einer chauvinistischen Kultur, die buchstäblich über Leichen geht. In den ersten beiden Akten nimmt er die großflächige Struktur der Oper ernst, führt den grandios singenden Chor konzentriert über die weite Bühne und versucht erst gar nicht, die langen Szenen mit hektischem Aktionismus künstlich zu füllen.
So entfaltet sich die tragische Geschichte mit großer Wucht, zumal Petra Lang sich die Rolle der Kassandra in den letzten Jahren zu eigen gemacht hat wie kaum eine andere Sängerin. Die Probleme des Heldentenors Ian Storey mit der Rolle des Aeneas zeigen sich jedoch schon hier: eine imposante Höhe, die nur unter hohem Druck anspricht, in der Mittellage eine unattraktiv stumpfe Tongebung und nicht der Hauch eines Legatobogens. Das könnte er vom Bariton Markus Brück lernen, der als Choroebus erneut alle anderen durch geschmackvoll schlichten Gesang in den Schatten stellt.
Während die ersten beiden Akte als konventionelle Inszenierung mit Steigerungspotenzial durchgegangen wären, bricht nach der ersten Pause die Langeweile um sich. Bühnenbildner Johan Engels hat den Raum akustisch ungünstig mit weißem Stoff ausschlagen lassen, in dem abwechselnd dekorativ herumgestanden wird oder das "Opernballett der Deutschen Oper Berlin" Gymnastikproben abgibt. Das Pariser Publikum wollte im 19. Jahrhundert unbedingt das weltbeste Ballett in der Mitte jeder Oper sehen, und so fügte auch Berlioz eine ausgedehnte Tanzszene in sein Antikenepos ein.
Das wäre eigentlich ein Fall für die Solisten des Staatsballetts, wenn eine Theaterleitung tatsächlich nachvollziehbar machen möchte, worin der Reiz dieser Abschweifung bestehen kann. Die uninspirierte und asynchrone Herumhopserei des "Choreographen" Renato Zanella ist hingegen eine Frechheit. Wenn dann noch Dido und Aeneas zum ausgedehnten und kaum singbaren Liebesduett in fliegende Rhönräder steigen müssen und hilflos auf halber Höhe hin und her baumeln, ist die Grenze zur Lächerlichkeit längst überschritten.
Da kann auch Béatrice Uria-Monzon als Dido nur noch wenig retten mit ihrem zarten Tragödienton, der ihre Sterbeszene melancholisch umflort. Generalmusikdirektor Donald Runnicles setzt mit dem konzentriert spielenden Orchester auf einen pauschalen Wohlfühlton, statt die exzentrischen Orchestrierungskünste des großen Außenseiters Berlioz zu betonen. Damit trimmt er das spröde Meisterwerk zwar in Richtung Gesamtkunstwerk deutscher Prägung, macht es aber sicher nicht interessanter. Die zahlreichen Ensemblemitglieder der Deutschen Oper singen in den Nebenrollen so schwach wie schon lange nicht mehr, und so zieht sich das unvermeidliche Sterben der antiken Heldinnen beträchtlich in die Länge, bevor ein ermattetes Publikum nach fünf Stunden das Opernhaus verlassen darf.
Diese Pantomime zu einem grandios gespielten Klarinettensolo gehört zu den wenigen berührenden Szenen des langen Abends. Mit dem Mythos von den übermütigen und törichten Trojanern, die nicht auf die Weissagungen ihrer Seherin Kassandra hören wollen, bestreitet der Komponist Hector Berlioz die ersten beiden Akte seiner ausufernden Oper "Die Trojaner". Die restlichen drei Akte inklusive Ballett erzählen die Liebesgeschichte der Karthagerkönigin Dido und des Helden Aeneas, der auf seiner Flucht aus Troja Zwischenstation in Nordafrika macht, bevor er nach Italien weiterzieht und Rom zur Ewigen Stadt macht.
Sowohl Kassandra als auch Dido bleiben auf der Strecke bei so viel männlichem Eroberungsdrang und Schlachtengetümmel, beide töten sich selber, sobald sie erkennen, dass sie in der kriegerischen Männerwelt nichts mehr ausrichten können. Pountney lässt Dido in den Armen Kassandras sterben, will so verdeutlichen, dass beide Schwestern im Geiste sind, Opfer einer chauvinistischen Kultur, die buchstäblich über Leichen geht. In den ersten beiden Akten nimmt er die großflächige Struktur der Oper ernst, führt den grandios singenden Chor konzentriert über die weite Bühne und versucht erst gar nicht, die langen Szenen mit hektischem Aktionismus künstlich zu füllen.
So entfaltet sich die tragische Geschichte mit großer Wucht, zumal Petra Lang sich die Rolle der Kassandra in den letzten Jahren zu eigen gemacht hat wie kaum eine andere Sängerin. Die Probleme des Heldentenors Ian Storey mit der Rolle des Aeneas zeigen sich jedoch schon hier: eine imposante Höhe, die nur unter hohem Druck anspricht, in der Mittellage eine unattraktiv stumpfe Tongebung und nicht der Hauch eines Legatobogens. Das könnte er vom Bariton Markus Brück lernen, der als Choroebus erneut alle anderen durch geschmackvoll schlichten Gesang in den Schatten stellt.
Während die ersten beiden Akte als konventionelle Inszenierung mit Steigerungspotenzial durchgegangen wären, bricht nach der ersten Pause die Langeweile um sich. Bühnenbildner Johan Engels hat den Raum akustisch ungünstig mit weißem Stoff ausschlagen lassen, in dem abwechselnd dekorativ herumgestanden wird oder das "Opernballett der Deutschen Oper Berlin" Gymnastikproben abgibt. Das Pariser Publikum wollte im 19. Jahrhundert unbedingt das weltbeste Ballett in der Mitte jeder Oper sehen, und so fügte auch Berlioz eine ausgedehnte Tanzszene in sein Antikenepos ein.
Das wäre eigentlich ein Fall für die Solisten des Staatsballetts, wenn eine Theaterleitung tatsächlich nachvollziehbar machen möchte, worin der Reiz dieser Abschweifung bestehen kann. Die uninspirierte und asynchrone Herumhopserei des "Choreographen" Renato Zanella ist hingegen eine Frechheit. Wenn dann noch Dido und Aeneas zum ausgedehnten und kaum singbaren Liebesduett in fliegende Rhönräder steigen müssen und hilflos auf halber Höhe hin und her baumeln, ist die Grenze zur Lächerlichkeit längst überschritten.
Da kann auch Béatrice Uria-Monzon als Dido nur noch wenig retten mit ihrem zarten Tragödienton, der ihre Sterbeszene melancholisch umflort. Generalmusikdirektor Donald Runnicles setzt mit dem konzentriert spielenden Orchester auf einen pauschalen Wohlfühlton, statt die exzentrischen Orchestrierungskünste des großen Außenseiters Berlioz zu betonen. Damit trimmt er das spröde Meisterwerk zwar in Richtung Gesamtkunstwerk deutscher Prägung, macht es aber sicher nicht interessanter. Die zahlreichen Ensemblemitglieder der Deutschen Oper singen in den Nebenrollen so schwach wie schon lange nicht mehr, und so zieht sich das unvermeidliche Sterben der antiken Heldinnen beträchtlich in die Länge, bevor ein ermattetes Publikum nach fünf Stunden das Opernhaus verlassen darf.