Erst geklaut, dann konfisziert

Von Verena Kemna · 18.04.2013
Die Zahl der Wohnungseinbrüche steigt, doch nicht einmal die Hälfte der Straftaten kann aufgeklärt werden. Jetzt ist der Berliner Polizei bei der Fahndung ein Volltreffer gelungen: In einer Wohnung fanden die Beamten 250 Kilogramm Diebesgut. Nun werden die Eigentümer des Gold- und Silberschmucks dringend gesucht.
Kriminalhauptkommissar Thomas Neuendorf sitzt an seinem Arbeitsplatz im Berliner Polizeipräsidium, erklärt die Bilder auf dem Monitor. Auf einem meterlangen Tisch liegen unzählige handtellergroße Plastiktüten. In den durchsichtigen Tüten sind Goldketten zu erkennen, Anhänger, Armbänder. Auf dem Tisch steht ein silbrig schimmernder Löwe, die Skulptur ist etwa so groß wie eine kiloschwere Hantel. Verschiedene Armbanduhren liegen auf einem Haufen daneben. Thomas Neuendorf deutet auf die beschrifteten Tüten.

"Wir müssen ja den Beschuldigten nachweisen, wo die Sachen bei ihnen gefunden wurden. Da gibt es einen Schlüssel, den man auf diese Sachen drauf schreibt, um genau zu identifizieren, welches Objekt es ist und wo es gefunden wurde. Also wenn man hier sieht, vorne eine Zwei, dann heißt das, das zweite Durchsuchungsobjekt im zwanzigsten Raum, der erste Gegenstand und das 75. Asservat."

Besitzer gesucht!

Allein, um die unzähligen Exponate zu fotografieren und zu katalogisieren, haben die Beamten tausende Arbeitsstunden investiert. Inzwischen sind die etwa 5000 Einzelobjekte im Internetdienst Securius des Bundeskriminalamtes für jeden einzusehen. Die Losung lautet: Besitzer gesucht. Die Hehlerware stammt aus Diebstählen und Einbrüchen in der Hauptstadt, in Deutschland und ganz Europa. Die Polizei vermutet, dass die Täter Schmuck, Bilder, Vasen und Uhren über einen Zeitraum von zehn Jahren angesammelt haben. Der Volltreffer gelingt den Beamten vor einem Jahr in einer gewöhnlichen Berliner Wohnung. Ein offener Koffer voller Ketten und Schmuck liegt auf dem Balkon. Auf Bett und Fußboden stapelt sich die Hehlerware.

"Hier oben sieht man Goldbarren, die noch in den Verpackungen waren. Das ist zum Teil zusammengefasst, aber eben nach unserer Systematik katalogisiert, damit wir vor Gericht genau nachweisen können, an welcher Örtlichkeit, in welchem Raum, in welchem Behältnis die Sachen gefunden wurden."

Der Hauptkommissar schätzt, dass das Diebesgut einige zehntausend Euro wert sein könnte und er vermutet, dass der Berliner Fund nur ein Teil dessen ist, was die Täter über Jahre hinweg bei Einbrüchen und Taschendiebstählen geklaut haben. Ein Hinweis der Polizei in Dänemark hat die Berliner Polizei auf die Spur gebracht. Dort hat die Polizei ein organisiertes Netzwerk zerschlagen. Monatelang wurden sogenannte "reisende Täter" observiert. Einer der Verdächtigen ist immer wieder nach Berlin gefahren, hat offensichtlich ohne Erfolg versucht, gestohlene Gegenstände auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Alles andere sind Vermutungen, meint Hauptkommissar Neuendorf.

"Wir müssen damit rechnen, dass ein Teil der anderen Beute bereits über andere Wege, vielleicht in anderen Städten in Deutschland, im angrenzenden Ausland verkauft wurde."

Der mutmaßliche Hehler sitzt in Untersuchungshaft. Nur, wenn sich die Besitzer der gestohlenen Gegenstände melden, kommt es zu einer Gerichtsverhandlung.

250 Kilo Schmuck auf dem Balkon

"Also die Annahme, wer hat hier 250 Kilo Schmuck in Taschen und Koffern auf dem Balkon, das muss ein Straftäter sein, reicht ja nicht. Wir müssen ganz konkret nachweisen, diese Uhr, diese Kette, dieses Armband stammt aus dem und dem Einbruch. Erst dann ist die Kette vollendet und wir können dem Täter die Hehlerei nachweisen."

Es kann Jahre dauern, um die Spuren der gestohlenen Gegenstände eindeutig nachzuweisen. Bisher sind Wohnungen in Berlin, Nordhorn und Schwäbisch-Hall als Tatorte identifiziert. Nur ein Berliner konnte sich als Besitzer einer Rolex-Uhr eindeutig ausweisen. Kriminalhauptkommissar Thomas Neuendorf setzt auf den Erfolg der Datenbank im Securius Portal des Bundeskriminalamtes.