Ernst-von-Siemens-Musikpreis

Bratschistin Tabea Zimmermann ausgezeichnet

07:02 Minuten
Von links: James Ehnes, Leif Ove Andsnes, Tabea Zimmermann und Clemens Hagen spielen Brahm's Klavierquartett in der Carnegie Hall, New York City. 9. April 2016.
Tabea Zimmermann mit Quartett in der Carnegie Hall © Getty/Hulton Archive/Hiroyuki Ito
Rainer Pöllmann im Gespräch mit Vladimir Balzer · 22.01.2020
Audio herunterladen
Der mit 250.000 Euro dotierte "Ernst von Siemens Musikpreis" geht in diesem Jahr an Tabea Zimmermann. Die 53-Jährige gilt als eine der weltweit führenden Bratschistinnen. Sie freue sich ungemein über die Auszeichnung, die sie sehr überrascht habe, sagt sie.
Frau und Bratschistin: Mit der Wahl von Tabea Zimmermann traf die Jury des "Ernst von Siemens Musikpreises" in diesem Jahr eine auf den ersten Blick überraschende Entscheidung. Auch für die Preisträgerin selbst:
"Ich habe eine solche Hoffnung nicht gehegt", sagt Tabea Zimmermann. "Ich habe mich dafür auch nicht wirklich als Kandidatin gesehen, aber ich freue mich ungemein."

Das gesamte Interview mit Tabea Zimmermann können Sie in unserer Sendung "Tonart" vom 23. Januar ab 11:05 Uhr hören.

Für unseren Musikredakteur Rainer Pöllmann ist die Auszeichnung der 53-jährigen Zimmermann eine hervorragende Wahl. "Man hätte sich nichts Besseres wünschen können", betont er. "Weil Tabea Zimmermann eine wunderbare Musikerin ist, über Jahrzehnte schon gleichbleibende überragende interpretatorische Qualität liefert."

Aus der Bratsche ein Leuchten hervorgezaubert

Zimmermann gelinge es, aus dem dunklen Klang der Bratsche ein Leuchten hervorzuzaubern, "wie das sonst kein Bratschist, keine Bratschistin weltweit machen kann", so unser Redakteur mit Blick auf das als schwierig geltende Instrument Bratsche: "Sie ist in der Mittellage verborgen, manchmal auch versteckt. Sie ist keins der Instrumente, mit denen man per se brillieren kann oder für das Komponisten automatisch schreiben, um damit abzuräumen beim Publikum."
Für Tabea Zimmermann allerdings hätten mit György Ligeti und György Kurtág zwei herausragende Komponisten der zeitgenössischen Musik geschrieben. "Und da nun wirklich das Letzte auch herausgeholt, was rein technisch auf diesem Instrument möglich ist oder bis dahin als unmöglich galt. Auch all dem hat sich Tabea Zimmermann immer mutig gestellt und hat damit auch Musikgeschichte geschrieben."
Sie finde es wahnsinnig reizvoll, das Repertoire zu erweitern, begründet Zimmermann selbst ihre Beschäftigung mit zeitgenössischer Musik. "Mir ist ganz wichtig, niemals stehenzubleiben, weiterzugehen, Neues auszuprobieren, und ich habe viele Anregungen gerne angenommen und klangliche Möglichkeiten ausprobiert, die Bratsche in verschiedenen Klangverbindungen mit anderen Instrumenten auch neu zu definieren gewissermaßen."
Die Bratschistin Tabea Zimmermann
Die Bratschistin Tabea Zimmermann© dpa / picture alliance / Hermann Wöstmann
Dass die Bratschistin jetzt den mit 250.000 Euro sehr hochdotierten und renommierten Musikpreis erhält, sieht Redakteur Rainer Pöllmann als Zeichen für ein neues Denken der "Ernst von Siemens Musikstiftung": Denn in den letzten zehn Jahren sei diese der Kritik ausgesetzt gewesen, doch wenig mutige Entscheidungen zu treffen. Beispielsweise erhielt erst 2009 mit Anne-Sophie Mutter eine Frau diesen Preis.
"Und natürlich war es eine politisch auch sehr kluge Entscheidung nach endlich der ersten Komponistin im letzten Jahr mit Rebecca Saunders, in diesem Jahr nicht zu sagen, so, damit haben wir der Gendergerechtigkeit für die nächsten 20 Jahre Genüge getan, sondern jetzt gleich noch mal eine Frau auszuzeichnen, die über jeden Verdacht, sie sei jetzt nur als Frau ausgewählt worden, wirklich vollkommen erhaben ist."
(uko)
Mehr zum Thema