Erneuerbare Energie

Forscher machen fürs Klima mobil

Kühe auf einer Wiese zwischen modernen Windrädern
Staaten, die dem international koordinierten Forschungsprogramm beitreten wollen, müssen sich verpflichten, zehn Jahre lang 0,02 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts einzuzahlen. © Imago / CHROMORANGE
Von Jochen Spengler, Deutschlandradio-Korrespondent London · 02.06.2015
Britische Wissenschaftler haben in London das sogenannte "Apollo"-Projekt gestartet. Sie wollen Strom aus Sonnen- und Windkraft preisgünstiger machen, um so den Klimawandel aufzuhalten - und erhoffen sich eine Initialzündung ähnlich wie beim Mondprogramm der NASA.
Es klingt ein wenig so, als habe die in den Räumen der ehrwürdigen Royal Society versammelte Intelligenz den Stein der Weisen entdeckt. Sir David King, Ex-wissenschaftlicher Chefberater der britischen Regierung, ist jedenfalls überzeugt, dass die sich abzeichnende Katastrophe noch vermieden werden kann.
Sir David und seine Kollegen glauben, dass die Welt die Zwei-Grad-Erwärmungsgrenze nur durch erneuerbare Energien wird einhalten können, nicht aber indem man von Klimasündern wie China Wachstumsverzicht verlangt.
"Kein Entwicklungs- oder Schwellenland wird einen Weg einschlagen, der es Wachstum kostet. Deswegen müssen wir den Hunger nach Wachstum in Asien berücksichtigen und ihn umlenken auf erneuerbare Energien. Das ist der Kern unseres Programms."
Allein die Sonne stelle auf der Erdoberfläche 5000 Mal mehr Energie bereit, als die Menschheit benötige. Es komme nur darauf an, sie zu nutzen, indem man sie preiswert mache. Deutschland sei dabei weltweit Vorreiter gewesen mit seinen subventionierten Einspeisetarifen. Inzwischen lägen etwa die Preise für Photovoltaik-Module 15 Mal niedriger als noch vor 23 Jahren.
Kohle muss teurer, Erneuerbare billiger werden
"Die Hürde die wir uns gesetzt haben, ist es den Strom aus erneuerbarer Energie billiger zu machen als die konventionellen Kosten für Kohle; ein anspruchsvolles Ziel, denn Kohle kostet nur 50 Dollar pro Tonne."
Erklärt der Klimafolgenforscher Lord Nicholas Stern und meint, dass es natürlich fair wäre und helfen würde, wenn man den Kohlepreis wegen der Umweltschäden endlich verdoppeln oder vervierfachen könnte.
"Aber wir sagen: Lasst uns die Preise für Erneuerbare unter die von Kohle bringen, selbst wenn die derzeit nur 50 Dollar kostet."
Bis zum Jahre 2025, also innerhalb von zehn Jahren, könne es gelingen, so sagt Sir David King, preisgünstigen Strom aus Sonnen- und Windkraft zu erzeugen, zu speichern und in intelligente Netze einzuspeisen.
"Dafür brauchen wir eine sehr viel größere Konzentration von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Unternehmern auf diese Aufgabe. Und das gelingt uns mit einem globalen Apollo-Programm."
Die Wissenschaftler nehmen sich die US-amerikanische Mondlandeplanung, die in den 60er-Jahren eine Generation inspiriert habe, zum Vorbild, denn, so erläutert Lord Martin Rees, königlicher Astronom:
"Das NASA-Apollo-Programm hat gezeigt, wie ein enormes Ziel erstaunlich schnell erreicht werden kann, wenn die Kräfte gebündelt werden und Wille und Mittel vorhanden sind."
Sein Kollege, der Nationalökonom Lord Richard Layard ergänzt:
"Natürlich ist die Herausforderung mindestens so groß wie die, einen Menschen zum Mond zu bringen. Das Apollo-Mond-Programm kostete auf heutige Preise umgerechnet 20 Milliarden Euro pro Jahr – und das zehn Jahre lang. Und soviel brauchen wir auch für unser Globales Apollo Programm gegen den Klimawandel. Das sind nur vier Prozent der weltweiten öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung, um unser wichtigstes Problem zu lösen, aber es ist erschreckenderweise das Doppelte dessen, was wir derzeit dafür ausgeben."
Staaten, die dem international koordinierten Forschungsprogramm beitreten wollen, müssen sich verpflichten, zehn Jahre lang 0,02 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts einzuzahlen. Eine Kommission mit Sitz in Paris nahe der Internationalen Energie-Agentur soll die weltweiten Anstrengungen auf dem Weg der Kostenreduzierung koordinieren, so wie es über Dekaden bei der Entwicklung von elektronischen Halbleitern gelungen ist. Positive Signale kommen bereits aus den EU-Staaten, aus den USA, Japan, Korea, Indien und China.
Den Naturforscher und Dokumentarfilmer Sir David Attenborough begeistert vor allem ein Umstand:
"Fast jeder Bericht, den man liest, ist ein Prophet von Untergang und Düsternis und sagt: Tu das nicht, tu jenes nicht, stopp Fracking, stopp Kohleverbrennung! Das Tolle jetzt, ist dass es ein positiver Bericht ist, der sagt: Tu das, verbessere es, es ist möglich! Das begeistert mich, wenn ich ihn lese, dass endlich mal jemand sagt: Hier ist ein Weg, den wir gehen können!"
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