Eric-Clapton-Dokumentation "Life in 12 Bars"

Musik als Lebenstherapie

Der Gitarrist, Sänger und Musiker Eric Clapton bei einem Konzert am 02. Juli 2018 in der Lanxess Arena in Köln.
Eric Clapton ist mittlerweile 73 Jahre alt. Für die Dokumentation hat er auch seine privaten Archive geöffnet. © imago/Manngold
Von Vincent Neumann · 03.07.2018
Drogen, Schicksalsschläge und musikalische Erfolge: Eric Claptons Leben hatte viele Höhen und Tiefen. Die Dokumentation "Life in 12 Bars" zeichnet das pralle Leben der Gitarren-Legende nach und zeigt, wie er den Kampf gegen die eigenen Dämonen gewann.
Es war Pattie Boyd, die Frau seines besten Freundes George Harrison, durch die Eric Clapton zu einem seiner größten musikalischen Momente inspiriert wurde: Das Album "Layla and Other Assorted Lovesongs" war 1970 das Resultat seiner unerwiderten Liebe – ein verzweifelter Versuch, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen und so vielleicht doch noch ihr Herz zu erobern. Doch umsonst.
Erst viele Jahre später, nach der Trennung vom Ex-Beatle, sollte Pattie Boyd ihren langjährigen Bewunderer erhören – doch auch die Ehe stand letztendlich unter keinem guten Stern.
Es sind Tagebucheinträge, Briefe, Fotos und Heimvideos, anhand derer die Regisseurin Lili Fini Zanuck das Leben von Eric Clapton nachzeichnet. Und es ist ihr vielleicht größter Verdienst, dass sie es schafft, die zahlreichen persönlichen Schicksalsschläge direkt mit seiner Musik, seinen Songs in Verbindung zu setzten: Das von der Mutter verstoßene Kind, das sich in den Blues flüchtet, der verschmähte Liebhaber und der verzweifelte Vater, der seinen vierjährigen Sohn durch einen tragischen Unfall verliert und sich dieses Mal statt in Drogen und Alkohol in die Musik flüchtet – ein Art musikalische Selbsttherapie.

Vom Heroin zum Alkohol

Nach "Tears in Heaven" und Claptons legendären "Unplugged"-Auftritt von 1992 hat der Film "Life in 12 Bars" die Zwei-Stunden-Marke bereits überschritten, die restlichen 25 Jahre werden als eher hastiges Happy End in wenigen Minuten zusammengefasst.
Schon allein die Gesamtlänge ist für eine Dokumentation ungewöhnlich und zeugt von der Schwierigkeit, ein solch pralles Musikerleben in ein überschaubares Format zu pressen. Insbesondere die fast schon klischeehaften Drogen- und Alkohol-Exzesse der 70er- und 80er-Jahre – eigentlich schon zur Genüge bekannt – hätte man mit diesem einen Satz von Eric Clapton selbst zusammenfassen können:
"I managed to come off heroin, but I just went from one addiction to another."
Vom Heroin zur Alkohol-Sucht, sozusagen vom Regen in die Traufe sei er gekommen, reflektiert Eric Clapton, während ihn die Bilder benebelt über eine Bühne torkelnd zeigen. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Das ist die wirklich interessante Frage, die in der faszinierenden ersten Hälfte des Films aufgearbeitet wird – angefangen von seiner ersten Begegnung mit dem Blues im Kinderradio.

Muddy Waters spendete dem kleinen Eric Trost und führte ihn ein in die Welt des Blues; mit den "Yardbirds" sammelte er erste Bühnenerfahrung und in John Mayall fand er seinen ersten großen Mentor. Eric Clapton – das 20-jährige Gitarren-Talent, das selbst einen Bob Dylan in der Garderobe staunen ließ.

Von der Supergroup und modischen Verfehlungen

Aber es sind nicht nur Momente wie dieser, die "Life in 12 Bars" zu einer sehenswerten Dokumentation machen. Es ist vor allem die Intensität, mit der sich Eric Clapton in die Musik stürzt, die sich auch auf den Film überträgt: seine bedingungslose Verehrung für Jimi Hendrix, seine klanglichen und stilistischen Experimente mit "Cream" – dieser kurzlebigen, aber einflussreichen "Supergroup" mit Jack Bruce und Ginger Baker, der im Film zu Recht viel Platz eingeräumt wird.
Und so sieht man am Ende großzügig darüber hinweg, dass "Life in 12 Bars" in der zweiten Hälfte seine Längen hat, dass die aus dem Off vorgetragenen Kommentare, Briefwechsel und Tagebucheinträge zum Teil arg zusammengebastelt klingen. Man freut sich eher über die kleinen, die besonderen Momente im Film, wie Eric Claptons Frisuren-Parade vom Beatles-Bop bis zur Hippie-Mähne oder andere modische Verfehlungen, über die sich nicht zuletzt Aretha Franklin köstlich amüsierte, wie sein damaliger Label-Chef Ahmet Ertegun zu berichten weiß.
Am Ende hat Eric Clapton es allen gezeigt – auch sich selbst, in der Musik, wie auch im Privatleben. Mit dieser beruhigenden Erkenntnis wird man dann auch aus dem Film entlassen. Ein Mann, der der Kampf gegen seine Dämonen am Ende doch noch gewonnen hat. Oder wie es sein langjähriger Freund B.B. King ausdrückt:
"I have never met a better man, a more gracious man than my friend – I like to call him my friend: Eric Clapton."
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