Erfahrungen in der Schweiz

Wie man mit Rechtspopulisten im Parlament umgeht

Hat nichts zu lachen: der rechtsnationale SVP-Abgeordnete und Journalist Roger Koeppel.
Hat nichts zu lachen: der rechtsnationale SVP-Abgeordnete und Journalist Roger Koeppel. © dpa / picture alliance / Ennio Leanza
Von Dietrich Karl Mäurer · 25.09.2017
Die Schweizer haben bereits reichlich Erfahrungen mit Rechtspopulisten gesammelt, seit Jahren sitzt dort die Schweizerische Volkspartei (SVP) im Parlament. Und dort zeigt sich, wo die Zusammenarbeit funktioniert und wo nicht.
Den Bau von Minaretten verbieten, Masseneinwanderung stoppen, kriminelle Ausländer abschieben - ihre Ziele formuliert die SVP kernig-provokant - vor Volksabstimmungen und Wahlen genauso wie im Parlament, wo die SVP die größte Fraktion stellt. Die Partei redet Klartext, sagt Adrian Amstutz, der Fraktionschef der SVP:
"Es gehört zum politischen Alltag, dass man zum Teil zugespitzt argumentiert. Damit man a) wahrgenommen wird und b) ist es manchmal nötig, dass man den Speer ein bisschen weiter schießt, als dass man das Ziel erreichen will, um dann eben auch Wirkung zu erzielen."

Zusammenarbeit mit der SVP schwierig

In der grundsätzlich auf Konsens ausgerichteten Schweizer Politik wird diese Haltung durchaus als aggressiv wahrgenommen. Für den Parlamentarier Cédric Wermuth vom linken Flügel der Sozialdemokraten gestaltet sich eine Zusammenarbeit mit der SVP schwierig:
"Ich bin selber in einem Ausschuss tätig, in dem die Zusammenarbeit unmöglich ist. Das ist die sogenannte staatspolitische Kommission. Da geht es insbesondere auch um Migration und Asylfragen, und da sind die Fronten total verhärtet. Da ist die Partei auf einer absoluten Rechts-Außen-Linie ohne die geringste Bereitschaft, von ihrer Linie abzuweichen."
Doch mit den Nationalkonservativen wird im Parlament auch zusammengearbeitet, berichtet etwa Regula Rytz, die Parteichefin der Schweizer Grünen:
"Wir haben natürlich sehr, sehr viele Differenzen in unserem Programm, aber wir haben auch Gemeinsamkeiten. Ich arbeite z.B. in der Verkehrskommission, ich bin die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, und da arbeite ich auch mit den SVP-Leuten zusammen. Es hat einen großen Transportunternehmer, der mit mir zusammen auch für die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene kämpft."

Legen Wert auf Abgrenzung

Das wirke sich mitunter positiv aus in ideologischen Debatten über Themen, wo Grüne und SVP konträre Positionen vertreten. Wesentlich mehr inhaltliche Überschneidungen gibt es zwischen der SVP und der rechtsliberalen FDP, dennoch legt die Liberale Doris Fiala Wert auf eine Abgrenzung:
"Wir sind beiden Parteien rechts der Mitte. Der große Unterschied ist: Die FDP ist in der Schweiz die einzige Partei mit einem liberalen Geist rechts der Mitte. Demgegenüber ist die SVP eine wertekonservative Partei, und da haben wir die großen Differenzen, die großen Diskussionen."
Mit großer Aufmerksamkeit hat man auch in der Schweiz den Einzug der AfD in den Bundestag beobachtet. Was ist die richtige Reaktion darauf? Abgeleitet von ihren Erfahrungen mit der SVP haben die Berner Parlamentarier Tipps für die Deutsche Politik. Sozialdemokrat Cédric Wermuth etwa warnt:
"Falls sich die AfD ähnlich entwickeln sollte wie die Situation mit der SVP, dann ist, glaube ich, wirklich das Wichtigste, dass man nicht den Fehler machen darf und glauben darf, man kann den Rechtspopulismus damit bekämpfen, in dem man selber rechte Positionen Rechtspositionen in ihren Kernthemen einnimmt."

Auf Augenhöhe mit den Wählern

Und die Liberale Doris Fiala rät zu mehr Kontakt zwischen Politikern und Wählern:
"Das allerwichtigste ist, dass wir Politiker nicht eine andere Flughöhe bekommen als vielleicht unsere Bürgerinnen und Bürger."
Keiner der befragten Schweizer Politiker will SVP und AfD direkt miteinander vergleichen, obwohl sich inhaltlich bei beiden rechten Parteien durchaus Parallelen aufdrängen.

Dr. Wolfgang Gründinger ist Autor des Buches "Alte Säcke Politik", im Vorstand der Stiftung Generationengerechtigkeit und Referent Digitale Transformation beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und SPD-Mitglied.

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