Erbe der Aufklärung durch aktuelle Kriege in Gefahr

Immanuel Kant hat wie kein anderer die europäische Geistesgeschichte geprägt. Er gilt als der wichtigste deutsche Philosoph der Aufklärung. In seinen Schriften stellt er den Menschen in den Mittelpunkt und betont dabei seine Autonomie. Angesichts der globalen Herausforderungen, vor denen auch Europa steht, hat Kants Werk an Relevanz gewonnen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht angesichts der aktuellen Kriege in der Welt sein Erbe in Gefahr. Es dürfe nach Kant keinen ungerechten Frieden geben, der den Keim eines neuen Krieges in sich trage. Zugleich dürfe die Perspektive auf den Frieden nie verloren werden, sagte der Politiker anlässlich einer Ausstellungs-Eröffnung im Schloss Bellevue. Dort ist bis zum Sommer Kants Schrift "Zum ewigen Frieden" in handschriftlichen Auszügen zu sehen. In seinem wegweisenden Werk habe sich der Philosoph keine Illusionen über die Friedfertigkeit der Menschen gemacht, erklärte Steinmeier. Er habe vielmehr eine Antwort auf die Frage gesucht, wie eine kriegerische Welt befriedet und Frieden rechtlich abgesichert werden könne. Essenziell seien für den Philosophen ein weltweiter Völkerbund samt gemeinsamer Rechtsordnung, aber auch das Selbstbestimmungsrecht der Völker und das Recht zur Verteidigung gegen Angriffe gewesen. "Die Welt erlebt nun, wie das Erbe der Aufklärung – die universellen Menschenrechte und das Völkerrecht – von verschiedenen Seiten zugleich angegriffen und bedroht wird", sagte Steinmeier. Als Beispiele nannte er unter anderem Russlands Angriff auf die Ukraine und den Terroranschlag der Hamas auf Israel.