Entzauberung einer Ost-Kindheit

Glühende Zigaretten auf dem Handrücken

35:03 Minuten
Schwarzweiß Aufnahme eines Neubaugebietes — auf dem Weg vor den Häusern stehen ein Puppenwagen und ein kleiner Laster. Im Sand spielt ein Kind.
Eine Jugend im Plattenbaugebiet: In den Verstecken zwischen den Häusern ließ es sich gut heimlich rauchen. © picture alliance / dpa / Peer Grimm
Moderation: Caro Corneli · 26.02.2021
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Ruth Herzberg schaut zurück auf Berlin-Marzahn in den Neunzigern – mit brutalen Spielkameraden, militärischer Strenge in der Schule, flackernden Hakenkreuzen und Urinpfützen auf den Balkonen. Heute schreibt sie Bücher über toxische Beziehungen.
Caro Korneli hat für diese Folge von "Plus Eins" die Autorin Ruth Herzberg als Lieblingsgästin eingeladen: Die Geschichte der beiden ist eine des gegenseitigen Verpassens. Denn selbst beim ersten richtigen Treffen geht Ruth, kaum angekommen, schon wieder verloren: auf der Mission, ein Bier zu besorgen.
Dabei haben Caro Korneli und Ruth Herzberg viele Gemeinsamkeiten: die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit anderen Kindern in Berlin-Marzahn der Nachwendezeit zum Beispiel, Erfahrungen, die im krassen Gegensatz zur fröhlichen Hippie-Kinderwelt ihrer DDR-Künstlerelternhäuser standen. Beide rauchten außerdem heimlich Zigaretten in Verstecken, die nur die besondere Architektur der Marzahner Wohnungskomplexe möglich machte, beide fanden dann schließlich ihren ganz eigenen Weg. Sie sind sich sicher: Wären sie sich früher begegnet, wären sie dicke Freundinnen geworden.
Heute schreibt Ruth Herzberg Bücher, zuletzt eins über toxische Beziehungen. Sie weiß: Wenn in der Liebe auf die rosarote Phase größter Innigkeit ganz plötzlich Stille folgt, ist man möglicherweise auf dem besten Weg, mit dem Partner unglücklich zu werden. Und: "Wenn man anfängt, wegen einer Beziehung Ratgeber zu konsultieren, dann ist sie bereits vorbei."
Aber nicht nur Liebesbeziehungen, auch Freundschaften gehen auseinander – oder eben gerade nicht, selbst wenn einer der beiden sich ein Ende herbeisehnt. Freundschaftsforscherin Julia Hahmann erklärt in unserer Rubrik "Die Antwort", warum Funkstille natürlicher ist als ein Schlussmachgespräch und dass sich am Ende einer Freundschaft immer auch ein Blick darauf lohnt, was sie einem wert gewesen ist.
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